Teemuseum in Norden: Von ostfriesischer Teekultur und dreimaligem Ostfriesenrecht

Teemuseum Norden Ostfriesentee

Abwarten und Teetrinken, heißt es so schön. Haben daher die Ostfriesen ihre Gelassenheit? Beim Teetrinken bleibt die Zeit stehen. Und genauso fühle ich, als ich das historische Rathaus in Norden betrete. Hier befindet sich das Teemuseum und gibt besondere Einblicke in die ostfriesische Teekultur und die Möglichkeit, einmal wie ein waschechter Ostfriese seinen Tee zu genießen.

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Warum trinken eigentlich so viele Ostfriesen Tee?

Ursprünglich schmeckte das Wasser aus den nahegelegenen Moorgebieten brackig und konnte durchaus eine geschmackliche Aufbesserung vertragen. Vor der Einführung des Tees wurde in Ostfriesland vor allem Bier getrunken. Aber das stark verschmutze Wasser war unbehandelt kaum genießbar. So wurde das Wasser abgekocht und mit Tee geschmacklich bereichert. Anders als in England trinkt der Ostfriese schon gern seinen Tee nach dem Aufstehen und genießt rund um die Uhr seine Teezeremonie.
All dies und mehr Wissenswertes aus der Welt des Tees erfahrt Ihr im Teemuseum in Norden. Im historischem Rathaus gibt es Einblicke in die Welt des Tees und natürlich ganz viel Heimatgeschichte zur ostfriesischen Teekultur. Das Museum ist eine Mischung von Kunst, Moderne und Tradition. Prominent zum Start des Besuchs ist eine große Teetafel aufgebaut, die mit ihren Exponaten lebendig wirkt: Hier fließt Tee in Tassen, werden Kluntjes in die Schale gefüllt – und doch ist alles ein Stillstand und eine Momentaufnahme.

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Ostfriesische Teezubereitung mit dreimaligen Ostfriesenrecht

Ich trete näher und betrachte neugierig die kunstvolle Umsetzung gepaart mit den einzelnen Schritten der ostfriesischen Teezubereitung:

  1. keinen Stress, keine Hektik, Ruhe bestimmt den Teegenuss
  2. Wasser kochen, Teekanne mit heißem Wasser vorwärmen,
  3. 1 TL Ostfriensentee jeweils für 1 Tasse in die Kanne geben + 1 TL zusätzlich für die Kanne,
  4. sprudelndes Wasser in die Kanne über den Tee gießen,
  5. Kluntje in die Tasse legen (nur weißen Kandis, brauner Kandis enthält Malz und verfälscht den Geschmack),
  6. Tee aufgießen (nur halb oder dreiviertel voll, nie die ganze Tasse befüllen),
  7. Sahne mit dem „Rohmlepel“ auflegen (keine Milch, erst recht keine Kondensmilch und: nicht rühren!),
  8. genießen… – und das drei mal wiederholen. => „Dreimal ist Ostfriesenrecht“, lautet das ostfriesische Sprichwort

Der Griff zum Teelöffel, der sich auf der Untertasse befindet, ist verboten! Der Teelöffel ist nicht zum Umrühren gedacht, denn Tee trinkt ein echter Ostfriese ungerührt. Wenn man – nach alter Sitte – frühestens nach der dritten Tasse keinen Tee mehr nachgeschenkt bekommen mag, kommt der Teelöffel zum Einsatz. Der Teelöffel dient ausschließlich dazu, ihn in die leere Teetasse zu legen. Dies ist das Zeichen für den Gastgeber, dass man keinen Tee mehr trinken möchte.

Teemuseum Norden Ostfriesentee

Teemuseum Norden Ostfriesentee

Internationale Teegeschichte

Aber nicht nur die heimische Teekultur wird im Museum zelebriert. Das Haus beherbergt faszinierende Einblicke in verschiedene Anbaugebiete, Verarbeitung und Herstellung des Tees bis hin zu Dekoren des ostfriesischen Teegeschirrs. Das Teemuseum bietet eine Reise in die Teewelt aller Kontinente und spannt den Bogen bis zu den heutigen spezifischen Teegebräuchen weltweit.

Genuss pur

Außerordentlich einladend finde ich die Teeküche im Museum. Der original alte Ofen ziert den Raum und mit den altertümlichen Möbeln ist der Teegenuss in dieser Stube besonders urig. Für Museumsbesucher steht hier immer ein Köppken bereit. Zu ausgesuchten Zeiten könnt Ihr an einer Teezeromonie teilnehmen. Ich gerate mit der Dame vom Museum ins Plauschen und mit der Tasse Tee in der Hand vergeht die Zeit wie im Fluge. Ich erfahre eine Menge persönlicher Dinge der sympathischen Ostfriesin, die schon weit die Heimat verließ, um dann doch wieder mit ihrem Mann zu ihren Wurzeln zurückzukehren. Als mir eine weitere Tasse Tee von ihr angeboten wird, bin ich fast dabei höflich zu verneinen, erinnere mich aber an das im Museum Gelernte und nicke dankbar der dritten Teetasse entgegen.

Teemuseum Norden Ostfriesentee

Teemuseum Norden Ostfriesentee

Echter Ostfriesentee darf nur in Ostfriesland gemischt werden. Aus mindestens 20 Schwarzteesorten besteht die Ostfriesenteemischung und davon gibt es nicht nur eine. Auf meiner Teereise durch Niedersachsen habe ich immer nachgefragt, welche Ostfriesenteemischung den Cafébesitzern am besten schmeckt. Mit einem Lächeln bekam ich jedes Mal eine andere Antwort. Die Lieblingsmischung ist oft in der Familientradition begründet. Mag der eine den eher milderen Büntingtee, so schwören andere auf den starken Onno Behrends.

Teemuseum Norden Ostfriesentee

Tee ist kein Durstlöscher

Tee wird in Ostfriesland nicht getrunken, um seinen Durst zu löschen. Teetied ist da, um eine besondere Atmosphäre zu schaffen. So sitze ich in der gemütlichen Museumsküche, vergesse fast die Zeit und genieße die Unterhaltung. Irgendwie ist der Genuss der Tasse Ostfriesentee in meinen Händen wie so oft das Leben: Sanft, bitter und am Ende zuckersüß.

Teemuseum Norden Ostfriesentee

Ostfriesische Teekultur ist nicht touristische Höflichkeit, sondern gelebtes Kulturgut. Das solltet Ihr Euch auf Eurem Ostfrieslandurlaub nicht entgehen lassen, ebenso einen Besuch des schönen Museums in Norden nicht.
Wer mit Kindern anreist: Es gibt auch Suchspiele mit der Teemaus im Museum und weitere kindgerechte Dinge, so dass der Museumsbesuch für alle ein entspanntes Erlebnis wird. Und wer wie ich nach schönem Teegenuss und Bummel durch die Exponate dringend ein Einkaufsrausch verspürt, der wird im Museumseingang glücklich. Selbstredend habe ich wieder eine schöne Tasse für die Urlaubserinnerung zu Hause erworben ;-)

[smarticon name=“fa fa-globe“]  Teemuseum in Norden

[smarticon name=“fa fa-home“] Adresse: Am Markt 36, 26506 Norden

[smarticon name=“fa fa-clock-o“]  Öffnungszeiten: Das Museum hat ganzjährig und auch am Montag geöffnet. Je nach Saison sind die Öffnungszeiten unterschiedlich und könnt Ihr hier nachlesen.

[smarticon name=“fa fa-eur“]  Erwachsene zahlen 6 Euro, Kinder 2 Euro, es gibt Ermäßigungen und Gruppen- und Familientarife.

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11 Kommentare

  1. Da muss ich mal vorbei schauen.
    Natürlich weiß ich als Norddeutsche über den Brauch mit dem Teetrinken Bescheid aber das es sogar ein Museum gibt,war mir nicht klar.
    Danke für den Tipp.

  2. Ist ja interessant, das mit dem Löffel. Und die Geschichte mit dem Wasser. Wobei ich nicht wissen möchte, wie der Tee damals schmeckte : ) Toller Ausflugstipp! Liebe Grüße, Jutta

  3. Charly1969

    Hallo Tanja..
    Da haben wir uns knapp verpasst.. 😉
    Wir sind über Karneval nach Ostfriesland geflüchtet.. Wir sind immer wieder gerne dort.. Diesesmal haben wir in Norden übernachtet, sonst in Greetsiel..
    Leider war diesmal kein richtigrs Cabriowetter, aber spazieren aufm Deich und in den Sielen einfach toll😊

  4. Oh, das ist nett! Ein Teemuseum! Ich wusste wirklich gar nichts über die Teekultur in Ostfriesland, da denke ich immer zuerst ans England. Ich MUSS wirklich öfter nach Deutschland reisen in kommenden Jahren!

    • Auf jeden Fall :-) Hier gibt es noch viel mehr schöne und oft unentdeckte Dinge :-)
      Zu Ostfriesland folgt in den nächsten Wochen noch mehr…

      P.S. In Leer gibt es übrigens auch noch ein weiteres Teemuseum.

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