Kermeters Wilder Weg: Wandern in der Natur für alle

Kermeter, Wilder Weg, barrierefrei wandern, Eifel, NRW

Wenn mir ein Wanderweg empfohlen wird, bedanke ich mich artig und lächle nett. Innerlich schaltet mein Kopf auf Durchzug. Es mag wunderbare, ganz tolle Wanderungen geben und auch die Natur begeistert mich. Aber ich bin nicht der Typ Wandersfrau. Konditionell ist das eine Thema, aber schon als Kind waren Wanderungen mir ein Graus. Kermeter Wilder Weg  heißt dieser tolle Wanderweg im Eifler Naturschutzgebiet, wird mir weiter mit Begeisterung erzählt. Bei dem Namen Wilder Weg fallen mir gleich die Berge in der Eifel ein und die damit verbundenen Höhenmeter. Ich lächle und parke diesen Tipp mal ganz weit hinten auf meiner imaginären Ausflugsliste. Dann fielen die Worte kurz, keine Steigungen und barrierefrei. Mein Interesse war geweckt. Das hört sich eher nach einem Wanderausflug für mich an. Im Internet recherchiert, festigte sich der Entschluss zum Ausflug zum Kermeterberg.

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Auf dem Weg zum Kermeterberg in der Nordeifel

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Natur für alle: Barrierefreier Natur-Erlebnisraum

2004 wurde der Nationalpark Eifel gegründet und umfasst ungefähr eine Fläche so groß wie die Insel Sylt. Hier soll Natur noch Natur sein und Bäume und Pflanzen sollen wachsen ohne das der Mensch eingreift. Mitten im Naturpark Eifel liegt der Kermeter. Mit knapp 530 Meter und mit einer Fläche von 33 km² Wald ist dieses Gebiet eines der größten geschlossenen Laubwaldareale des Rheinlandes. Zwischen Schleiden-Gemünd/-Wolfgarten liegt das Gebiet, welches Natur für alle erlebbar macht. Zwei Wanderwege, die auch miteinander kombinierbar sind, kann man einzigartige Natur bewundern, ohne großartig ein Wanderer zu sein. Die Wege sind barrierefrei und auch kinderwagentauglich.

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Gut begehbare Wege auf dem Kermeter – auch für Rollstuhl und Kinderwagen geeignet

Es sind über 30 Grad und trotz offenem Verdeck und Wind ist es heiß. Da habe ich Wandersfrau mir den passendsten aller Tage in unserem sonst so kühlem Sommer ausgesucht. Ich bin auf dem Weg zum NaturPurHotel in der Vulkaneifel und kombiniere die Anfahrt mit einer Cabriotour und einem Besuch des Wilden Wegs.
Ich komme erst am Nachmittag an und wundere mich, dass für einen Sonntag hier nicht mehr los ist. Ich weiß nicht, ob das eine Ausnahme ist oder der Wilde Weg noch zu unbekannt ist. An der Kreuzung biege ich ab und finde problemlos einen Parkplatz (Eine Bushaltestelle gibt es übrigens auch). Nett mit Holzschildchen sind Parkplätze für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen gesondert markiert. Ich laufe zum Sammelplatz und stelle erleichtert fest, dass es Toiletten gibt.

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Auf dem Sammelplatz gibt es ausreichend Bänke und einen Unterstand, sollte das Wetter mal nicht so gnädig sein. Zahlreiche Infotafeln und Hörstationen klären über den Wandweg und Besonderheiten auf. An einer Ecke des Platzes thront über allem ein hölzerner Rangerhut. Der Treffpunkt für die sonntäglichen Führungen. Kostenfrei und ohne Anmeldung gibt es drei Stunden um 13 Uhr eine Führung unter fachkundiger Anleitung.

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Wo Natur Natur sein darf

Das Wegenetz

Insgesamt gibt es rund 6 km Wegstrecke auf zwei Wegen: Der Wilde Kermeter und der Wilde Weg. Die Wege sind leicht geschottert. Auf dem neueren Wilden Weg läuft man die ersten 250 Meter auf Holztrassen durch den Wald. Es gibt ausreichend Hinweistafeln auf den Wegen und vorab über Steigungen (zwischen 6% und 8%). Alle 250 Meter steht eine Bank zum Ausruhen oder einfach zum Natur genießen. An manchen Stellen gibt es sogar Sinnesliegen für den besonderen Naturgenuss.

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Es wird langsam Abend aber nicht kühler. Nach einer kurzen Strecke auf dem Wilden Kermeter entscheide ich mich nicht für den Rundweg, sondern Umkehr und flüchte in den schattigen Wald auf die Strecke des Wilden Weges, auch wenn dieser Weg weniger Aussichtspunkte hat. Hier reizt mich nicht nur die Kühle für einen Spaziergang, auch mein Spieltrieb wird geweckt. Alle paar Meter finden sich neue Sachen, die es zu entdecken gilt. Wie arbeitet und wohnt der Specht? Wie sieht ein Baum von innen aus und welche Bewohner finden sich hier? Das mag sich wie mit die Sendung mit der Maus anhören, aber mich reizen solche Naturentdeckungen auf dem Weg. Dazu ist man hier gleich in der Praxis und inmitten der Natur. 

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Ich wandle über die Pfade, entdecke umgefallene Bäume. Hier wird nichts weg geräumt, es ist und bleibt wie es ist, wie die Natur sich selber regelt. Normalerweise sind solche naturbelassenen Landschaften schwer zu begehen. Auf dem Wilden Weg kann jeder dieses Schauspiel bewundern. Alle Wege sind für Rollstühle und Kinderwagen geeignet. Fast fühle ich mich wie eine Abenteurerin. Die verschlungenen Holzpfadwege haben für mich einen besonderen Charme und Flair.

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Es riecht nach Wald, die Vögel zwitschern. Hinten an der Lichtung kurz vor den Bäumen hat es geraschelt. Ich bleibe stehen und verharre gespannt. Wieder Ruhe. Ich laufe weiter und höre noch deutlicher ein Rascheln und Abknicken von Ästen. Ich halte inne, blicke nach vorne, schaue hinter mich. Nichts. Die Dämmerung wird bald einsetzen und vielleicht ist es keine ganz so gute Idee alleine weiter zu laufen. Ich lehne mich an die Brüstung und spähe in die Richtung woher vorhin die Geräusche kamen. Da ist doch was, denke ich mir und bewege mich langsam tiefer in den Wald.

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Starr und ohne mit der Wimper zu zucken, schaut mich ein Reh an. Ähnlich wie das Tier verfalle ich in eine Schockstarre. Nicht bewegen. Wie schauen uns an, gefühlt eine Ewigkeit. Wobei ich nicht genau weiß, wer hier wen beobachtet. Ob es echt ist, frage ich mich? Genau, vielleicht hat man hier im Wald für so Städter wie mich mit Kamera im Anschlag ein Plastik-Reh positioniert, damit wir mit ausgefallenen Bildern nach Hause kehren. So wird es sein! Das Reh und ich bewegen uns immer noch nicht. Angenommen es ist ein echtes Reh, dann werde ich wohl kaum die Chance haben, mein Objektiv der Kamera auf Tele zu wechseln? Ganz vorsichtig, in Zeitlupentempo setze ich Kameratasche ab und begebe mich an den Objektivtausch, stets das Reh im Blick. Plötzlich bewegt es den Kopf, zwinkert mit den Augen. Ich schau mich um, am liebsten hätte ich vor Freude wild gestikulierend einem anderen Waldbesucher zugerufen „Schaut her, hier ist ein echtes Reh!“, aber ich war alleine, nur die Natur mein Zeuge.

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Wilma – so habe ich das Reh getauft, denn nach so langer Beobachtungszeit in Regungslosigkeit, darf man sich ruhig mit Namen ansprechen denke ich. Wilma ist ein geborenes Model. Sie hat keine Angst vom knackendes Geräusch, als ich mein Tele auf die Kamera setze. Im Gegenteil, ich werde mutiger und laufe vorsichtig zu einem fotogünstigeren Platz. Wilma lässt mich nicht aus den Augen, läuft aber nicht weg und lässt sich in aller Ruhe ablichten. Als ich mit meinen Shooting fertig bin, stehen Wilma und ich noch eine Weile zusammen, genießen die Waldluft und die schöne Natur, bis ich mich langsam verabschiede, um meine Weiterfahrt anzutreten.

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Für Euch Naturburschen und -frauen mag solch ein Ereignis vielleicht normal sein. Für mich Städterin mit wenig Wanderlust im Blut, war es ein aufregendes Erlebnis, ein wildes Reh so nah zu erleben. Am Sammelplatz Nähe des Wilden Weges treffe ich auf ein Pärchen „echte Wanderer“, die an der Schautafel sich informieren und sich austauschen, ob zum Abend noch eine kleine Runde über den Wilden Weg lohnt. „Machen.“, sag ich den beiden im Vorbeigehen und kann mir mit einem stolzen Lächeln nicht verkneifen: „Ich hab gerade auch da noch ein echtes Reh gesehen!“ Als ich mich umdrehe, sehe ich die beiden gerade noch auf den Holzbrettern des Wilden Weges im Wald verschwinden. Dieser Weg hat ebenfalls Charme für Wander-Profis – Natur für alle halt!

Wichtiges für Euren Besuch

  • Adresse/Anreise: GPS-Koordinaten zum Parkplatz: N50° 36.975667 E6° 26.146167. Für das Navi: Kermeter-Hochstraße (L 15) zwischen Schleiden-Gemünd/-Wolfgarten und Heimbach-Schwammenauel. Das Ziel ist gut mit braunen Hinweisschildern auffindbar. Parkplätze sind ausreichend vorhanden.
  • Flyer (PDF) mit allen kompakten Informationen)
  • Es gibt ein paar Naturpark-Regeln: Die Wege sollten nicht verlassen und Hunde angeleint werden. Feuer und Rauchen ist natürlich verboten.

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14 Kommentare

  1. Auch wenn Deine Wilma eher ein Wilhelm war *grins*: Danke für diesen interessanten Bericht, über den ich gerade gestolpert bin; den Ausflug werde ich demnächst mal kopieren!
    LG Beate

  2. Liebe Tanja, beim Blogsofa hast du so begeistert vom Wanderweg erzählt, da musste ich den bei einem verlängerten Wochenende in der Rureifel direkt ausprobieren. Selten habe ich einen so schönen und liebevoll gemachten Wanderweg gesehen. Toll sind auch die Liegen, auf denen man auf halbem Weg entspannen kann und einen herrlichen Blick in die Baumkronen hat.
    Also Danke noch mal für den tollen Tipp :)

    • Liebe Eva, vielen Dank für Dein Feedback. Freue mich, wenn mein Tipp Dir gefallen hat! Das ist wirklich ein schön gemachter Weg – für alle :-) Gern den Tipp gegeben – dafür ist mein Blog ja da ;-)

  3. Liebe Tanja,

    was ein tolles Ausflugsziel. Das klingt nach einem gelungenen Ausflug in die Natur. Das setze ich gleich mal ganz oben auf meine Liste. Vielen Dank für den tollen Artikel.

    Viele Grüße,
    Tanja

  4. Das klingt genau nach meinem Geschmack. Das kommt auf jeden Fall auf meine ToDo-Liste. Und die Eifel steht da sowieso ganz oben.

    Vielen Dank für den bezaubernden Bericht.
    Liebe Grüße, Heike

  5. Boah Tanja, das Reh, das Reh…ich will auch ein Reh, am besten mit Julia, meiner Enkelin im Schlepptau ;-)
    Hach,..
    Öhm, ich finde da nichts konkretes zum Thema Hund, den möchte ich mitnehmen, weißt du da etwas? Das sieht so sauber aus, dass ich verstehen könnte, wenn sie nicht erlaubt sind.

    Liebe Grüße
    die wilde Elke (ich hab mich schlapp gelacht, bei Deinen anfänglichen Bedenken, Höhenmeter und Co :D

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