Koffer schon gepackt? Kommt mit auf meinen Roadtrip durch die Auvergne!

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Der Flieger hebt ab. Ich lehne mich entspannt in den Sitz zurück. Vor mir liegen fünf spannende Tage in der Auvergne: Ganz alleine auf einem Roadtrip durch unbekannte Welten und vor allem, ohne der französischen Sprache mächtig zu sein. Hätte mir jemand vor drei Jahren gesagt, dass ich Urlaub in Frankreich ohne Französischkenntnisse ganz alleine mache, dem hätte ich den Vogel gezeigt. Dann war ich das erste Mal seit langen Jahren wieder einmal in Frankreich und bin verzaubert von dem Land, überrascht von den vielfältigen Landschaften, begeistert von den Menschen, die ich kennenlernen durfte. Das Elsass, die Normandie, die Bretagne – alles waren phantastische Reisen! Inzwischen bin ich zum Frankreichreisefan geworden und immer wieder gespannt, Neues zu entdecken. Dieses Mal nehme ich Euch mit auf mein persönliches Abenteuer: Alleine auf einen Roadtrip durch die Auvergne!

Auvergne, Roadtrip

5 Tage Roadtrip durch die Auvergne – 1. Etappe

Kennt Ihr die Bilder der Bergwelten auf den Volvic-Flaschen? Das war das erste Mal, dass ich die berühmten Vulkankrater wahrgenommen habe. Da stand für mich fest, irgendwann im Leben möchte ich das selbst einmal sehen und erleben. Warum trotz meiner Auvergnereise ich genau dieses „Wunsch-Highlight“ auf ein nächstes Mal verschieben musste, ist eine andere Geschichte und erfahrt Ihr in einem weiteren Blogartikel.
Womit ich bei meiner Reise nicht gerechnet hatte: Die Auvergne ist nicht nur unsagbar grün, sondern so vielschichtig wie selten ein Landstrich. Ich hatte das Gefühl, alle 30 Kilometer in einer anderen Welt zu sein: Von grünen Wiesen und Feldern über steile Bergketten und Bergdörfern bis zu idyllischen sanften Hügelwelten wie in der Toskana. Mein Roadtrip wird eine Artikelserie in diesem Blog und entführt Euch jedes Mal in eine andere Auvergne-Welt.

Start meines Roadtrips in die Auvergne: Erste Etappen von Lyon über Thiers nach Ambert.

Überlegungen zur Anreise

Die Auvergne ist ein Paradies für Individualreisende. Eine Anreise per Bahn ist machbar, aber nicht meins. Wenn Ihr mit der Bahn anreisen möchtet, richtet Euch eher auf eine lange Fahrt mit vielen Umsteigestopps ein. Möchtet Ihr in Eurem Auvergneurlaub mehrere Orte erleben, so geht ohne Auto vor Ort nichts. Das Bahnnetz ist nicht großflächig ausgebaut. Viele Orte sind mit der Bahn nicht oder nur rudimentär erreichbar.
Rund 900 Kilometer liegen zwischen meinem Heimatort und der Auvergne. Für mich eigentlich eine Distanz, die ich gern mit dem eigenen Auto unternehme. Ich entscheide mich für eine Anreise mit dem Flieger, zumal ich überlegt habe, ob ich meinen heiß geliebten „Dudu“ durch einen neuen Wagen ersetzen möchte. Rund 3,5 Jahre ist Dudu jetzt alt und hat schon 110.000 km Strecke hinter sich. Ich habe mich inzwischen übrigens für Dudu entschieden und bevorzuge bei weiteren Auslandsreisen nun Flug und Leihwagen.

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In 1,5 Flugstunden ist man in Lyon für 150 Euro Hin- und Rückflug – von da ist die Auvergne nicht weit

Die Hauptstadt der Auvergne ist Clermont-Ferrand. Der Flughafen in Clermont-Ferrand kann ab Düsseldorf leider nicht direkt und nur mit Umstieg in Paris angeflogen werden. Dafür gibt es direkte Nonstop-Flüge ab Düsseldorf nach Lyon. Das ist zwar nicht direkt Auvergne, aber nahe dran. Je nachdem wann und welchen Zeitraum Ihr bucht, gibt es mit Eurowings den Hin- und Rückflug schon ab 150 Euro.

FLughafen Lyon

Der Flughafen in Lyon ist übersichtlich und relativ klein

Erste französische Missverständnisse

Ihr kennt das: Kaum gelandet bahne ich mir den Weg zur Toilette. Mit Entsetzen stelle ich fest, dass die Toilette von einer Reinigungsfee mit ihrem Putzmittelwagen versperrt ist. Mit mitleidigem Blick versuche ich auf englisch, mir doch Einlass zu gewähren. Aber sie schüttelt den Kopf, erzählt mir auf französisch etwas, was ich nicht verstehe und deutet mir den Weg in die andere Richtung. Da entdecke ich die Männertoilette, zeige dorthin und frage auf englisch noch einmal nach, ob sie wirklich meint, ich solle da einkehren? „Oui, oui!“, nickt sie mir lächelnd entgegen. Etwas komisch sind die Franzosen ja, denke ich mir und trete mutig in die besondere Männerwelt. In langer Reihe stehen sie aufgereiht da. Manch einer schaut mich verdutzt an. Ich werfe die Schultern zurück, versuche gelassen mit einem „Bonjour!“ zu grüßen. Freundlichkeit kommt schließlich immer weiter. Meine Begrüßungsrunde beschert mir jedoch noch mehr Aufmerksamkeit und verwunderte Männergesichter. Schnell eile ich zu den Toiletten und verschließe die Türe.
Erleichtert vor dem Herren-WC stehend schmunzle ich über den Vorfall und schaue mich nach der Mietwagenstation um, halte dann geschockt inne. Keine zwei Meter der Männertoilette entfernt hängt ein großes Schild zu einem weiteren Damen-WC. Das hatte ich total übersehen und stelle fest, dass die Reinigungsfee wohl eher diese Tür gemeint haben musste! Wieder einmal typisch für mich! Nicht das erste Mal nehme ich mir vor, noch im fortgeschrittenen Alter vielleicht doch noch mal französisch zu lernen… Oder kennt jemand eine gute Sprach-App für mich?

Mietwagenübernahme leicht gemacht

Der Flughafen in Lyon ist angenehm klein und übersichtlich. An der Information erfahre ich, wie einfach und perfekt die Mietwagenübernahme funktioniert: Mit einem kostenfreien Shuttlebus fahre ich zur Mietwagenarea. Diese verteilen sich auf zwei Haltestellen. Man kann sie nicht verfehlen. In einem Boxenbüro gehen die Formalitäten schnell – und auf englisch. Wir kommen ins Plaudern und ich berichte aufgeregt, was mich die nächsten Tage erwarten wird. Freundlich erhalte ich Tipps zu meiner Reise und on top sogar ein Autoupgrade. Größer ist der S-Max als die gebuchte Kategorie. Angenehmer zum Fahren, aber auch breiter für so manche Straßen in der Auvergne. Letzteres wird mir noch eine weitere Reisegeschichte bescheren, aber dazu ein anderes mal mehr. Glücklich verstaue ich all meine Sachen in den S-Max und starte Richtung Auvergne. Um mich ans Auto und den ländlichen Gepflogenheiten zu gewöhnen, lenke ich den Wagen für die ersten Kilometer auf die Autobahn.

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Mit dem geliehenem S-Max geht es für mich jetzt 5 Tage lang durch die Auvergne

Die Sache mit der Maut

Was kaum einer weiß: Seit 2012 sollte in Frankreich jeder Fahrer einen Alkoholtest mit sich führen. Hat man ihn nicht dabei, wird man – Stand heute – jedoch noch nicht bestraft. Welche Verkehrsbestimmung in Frankreich noch gelten, hat Atout France übersichtlich zusammengetragen.
Die Sache mit der Maut habe ich bei meiner ersten Reise nach Frankreich in die Normandie als Beifahrerin nicht so recht verstanden. Vor Abflug in die Auvergne fällt mir siedend heiß ein: Eine Kreditkarte mit Pin ist bei den Mautstationen sehr hilfreich, manchmal auch die einzige Art zu bezahlen, wie ich es im Gedächtnis hatte. Blöd nur, dass meine Kreditkarte keinen Pin hatte und mein Flieger in drei Tagen ging. Natürlich traf die angeforderte Pin nicht rechtzeitig ein. Etwas nervös fahre ich daher an meine erste Mautstation heran. Mit Blick in den Rückspiegel bedaure ich, dass sich hinter mir gleich mehrere Autos einreihen. Was ist, wenn ich in der Reihe nur für Fahrer mit Dauernutzerkarte stehe? Was ist, wenn ich nur mit Karte und Pin zahlen kann? Viele Fragen quälen meine Anfahrt. Unbegründet, stelle ich fest, als ich bremse. Ich fische zwei Euro aus meinem Portemonnaie, werfe sie in den Automaten und die Schranke öffnet sich. Dann heißt es, sich geschickt einzufädeln. Viele Autos starten von den rund 10 Mautstationen nach vorne auf die zweispurige Autobahn. Das wird in Frankreich nicht geregelt, das findet sich – und das erstaunlich gut.
Ich hab gelernt: Ein „t“ auf dem Schild weist auf Einfahrt der Mautstelle für Abonnenten hin. Hier sollte man eher nicht einfahren. „CB“ (carte bancaire) bedeutet Kartenzahlung (mit Pin) und das Eurozeichen steht für Bargeldzahlung. Bei kleinen Mautstationen kann auch schon mal alles an einer Stelle möglich sein. Insgesamt sehen die Franzosen das aber locker. Neben mir mussten einmal alle zurückfahren, weil der erste Fahrer falsch stand. Keiner hupte oder schimpfte, man nahm das gelassen hin.

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Für mich Neuland: Französische Mautstationen

In der Auvergne gibt es sehr wenig Mautstraßen. Wer seine Strecke mautfrei planen möchte, findet auf hier einen Mautplaner. Es gibt zahlreiche mautfreien Strecken. Ausführliche Informationen zu Mautgebühren in Frankreich findet Ihr außerdem auf der Website von rendezvousenfrance.com.

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Thiers – die französische Antwort auf Solingen

Ich hab mich inzwischen eingefahren, verlasse die Autobahn und steuere über Landstraße mein erstes Ziel für heute an: Über Saint-Just-en-Chevalet, Chabreloche und La Monnerie-le-Montel geht es nach Thiers. Thiers war früher einer der größten Städte der Auvergne. Im Tal der Durolle gelegen, werden seit über 500 Jahren Messer geschmiedet und geschliffen. Wie in Solingen sind heute die goldenen Zeiten der Messerherstellung vorbei.

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Enge, steile Gassen sind typisch für die Messerstadt Thiers

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Bunte, ganz unterschiedliche Häuser prägen das Stadtbild von Thiers

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Oberhalb des Durolles erstreckt sich auf dem Hügel die einstige reiche Stadt

Ich parke unterhalb der Stadt. Nach der Autofahrt plane ich, in die Stadt hochzulaufen – soweit die Theorie. Ich merke schnell, dass man in Thiers (wie übrigens häufig in der Auvergne) stramme Waden haben muss. Ganz schön steil gehen verschlungene, kleine Gassen bergauf. Nach drei Biegungen schnaufe ich und sehe, dass die Stadt noch weit über mir thront. Ich trete den Rückweg an und erkunde mit dem Wagen den Ort. Seltsam ruhig ist es hier. Alles wirkt verlassen. Keine Menschen sind auf den Straßen. Thiers wirkt für mich wie eine Mischung aus morbiden Verfall und Traumfachwerk. Ich entdecke viel historische Bausubstanz, die zur Renovierung lockt und dann sicherlich phantastisch aussehen würde. Man spürt, dass die Stadt schon einmal reichere Zeiten erlebt hat. 

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Heute ist die Stadt ganz verlassen

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Das Tourismusbüro von Thiers ist in einem schönem alten Fachwerkhaus untergebracht

Ich stehe vor dem verschlossenen Office de Tourisme, bewundere das außergewöhnliche Haus aus dem Jahre 1410. Das ist so groß und verschachtelt gebaut, dass es kaum zu fotografieren ist. Von hier aus geht es bergab auf der Rue de la Coutellerie mit vielen alten Holzhäusern und Museen zur Messerfertigung. Mir bleiben aber heute alle Türen verschlossen. Zum einen sollte man in der Auvergne Entfernungen und Strecken anders als bei uns planen: Es dauert immer länger. Zum anderen erfahre ich, dass der 8. Mai ein Feiertag in Frankreich ist. Das erklärt die Leere der Stadt. Zu schade, auch bei der Fabrik am Fuße der Stadt stehe ich vor verschlossenen Türen.

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Von außen wirkt die Pension Maison Conche unscheinbar. Nur der Joker ziert die Hauswand und lässt erahnen, wer hier über Jahrhunderte residiert hat.

Historisch übernachten: Das Maison Conche

Von außen wirkt das Haus Maison Conchette eher unscheinbar. Sobald sich die schweren Holztüren für mich öffnen, betrete ich eine Zeitreise in eine andere Welt. Von 1602 stammt das Haus. Über schwere Steintreppen schleppe ich meinen Koffer in den ersten Stock. Auf einen Roadtrip mit jeder Nacht wechselnden Unterkünften war ich so schlau, einen Riesenkoffer zu packen – so klug kann nur ich sein. Innerlich fluchend kämpfe ich mich Stufe um Stufe nach oben. Genieße dann die herrschaftliche Einrichtung.

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Das Haus atmet Geschichte. Über Generationen hat hier eine Familie gewohnt, die Kartenspiele hergestellt hat. Das erklärt den Joker auf der Hausmauer. Heute besitzt das Ehepaar Lycke das historische Haus. Sie sind Belgier und haben sich zum Ruhestand vor sieben Jahren einen Traum mit dieser Pension erfüllt. Fünf Zimmer bieten sie an, alle individuell eingerichtet.

Ich fühle mich wie zu Gast bei Freunden – alles ist so liebevoll. Hugo und Magda Lycke können deutsch und ich erfahre von ihnen viel über die Stadt und Region. Abendessen können Pensionsgäste im Maison Conchette dazu buchen. Beim heutigen Feiertag für mich ein Glücksfall, aber nicht nur deswegen. In traumhaft schöner alter Küche zaubert Magda ein himmlisch gutes Essen für mich. Sie haben sich auf italienische Gerichte spezialisiert, da es in näherer Umgebung so etwas nicht gibt. Das Carpaccio schmeckt erstklassig und das Ossobuco alla milanese habe ich so zart und schmackhaft noch nie gegessen. Hugo ist Weinfan und hat seit 40 Jahren einen Weinkeller mit mehr als 1.000 Flaschen, zumeist französische Weine. Mit einem Augenzwinkern öffnet er mir einen phantastisch schmeckenden Wein.

Auvergne, ein Land für Käseliebhaber

War mein Abendessen italienisch, so genieße ich zum Ausklang echte Spezialitäten aus der Auvergne. Über 360 Käsesorten soll es in Frankreich geben, davon sind 47 mit dem Qualitätssiegel AOC (Appellation d’Origine Contrôlée) versehen. Acht davon stammen aus der Auvergne. Ich mag Käse mit prägnant kräftiger Geschmacksrichtung. Damit ist Auvergne-Käse genau nach meinem Geschmack. Die verschiedenen Sorten werden aus Rohmilch und nicht pasteurisierter Milch hergestellt. Das sorgt für einen anderen Reifeprozess und außergewöhnlichen Geschmack. Zünftig auf einem Holzbrett hat Magda mir die heimischen Käsesorten angereicht. Mich kann man mit Wein, Brot und Käse glücklich machen. Der Hartkäse Cantal schmeckt umwerfend gut und ist zusammen mit dem Wein ein Gedicht. Den Saint-Nectaire erkennt man an der orangefarbenden Rinde und wird aus Dickmilch der Rasse Salers hergestellt, eine alte Rinderrasse aus dem französischen Zentralmassiv. Auch dieser Käse begeistert mich und ich nehme mir für meinen Kurztrip vor, die anderen Tage Auvergne-Käse ebenfalls zu verkosten.

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Die Auvergne bietet eine Menge guten, außergewöhnlichen Käse.

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Es klappert die Mühle… Zu Besuch in der Papiermühle Richard de Bas

Thiers erwacht zum Leben. Ich wäre gern noch geblieben, hätte die versäumten Sightseeingmöglichkeiten der Messerstadt nachgeholt. Der Nachteil einer geplanten Kurzreise: Es geht weiter. Ich verlasse Thiers und fahre ein Stück entlang des Durolles. Die Natur ist nicht so weit wie bei uns. Es ist Mitte Mai und hier ist nicht jeder Baum grün. Aber die Sonne lacht und Wiesen wirken saftig. Ich genieße die schöne kurvenreiche Strecke durch bewaldete Berge, fange fast ein wenig an zu träumen. Der Naturpark Livradois-Forez ist herrlich. Plötzlich, wie aus dem Nichts, rennt ein Reh von rechts auf die Straße. Egal wo Ihr in der Auvergne seid, überall ist Natur und man muss mit so etwas rechnen.


Ich habe mich ganz schön erschrocken und hatte Glück gehabt. Idyllisch liegt sechs Kilometer hinter dem Ort Ambert mein erstes Ausflugsziel für heute: Die Museum Richard de Bas. Im 15. Jahrhundert produzierten hier in der Region über 300 Mühlen Papier. Heute ist Richard de Bas die einzige Mühle vergangener Zeiten. Ich parke mein Auto unterhalb der Mühle und laufe den Berg hinauf. Dabei sehe ich das große Ausmaß der Anlage. Hier kann man sich gut und gern einen ganzen Tag aufhalten.

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Das Papiermühlmuseum liegt rund 6 Kilometer von Amber entfernt

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Das Museum Richard de Bas ist auf einer sehr weitläufigen Anlage

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Inmitten schöner Natur erstreckt sich das Areal Richard de Bas

In ganz Frankreich war das Papier aus Ambert sehr gefragt. Aus Hanf und Flachs wurde damals massenhaft Papier gefertigt. Heute werden immer noch 20 – 25 kg Papier pro Tag handgeschöpft produziert. Spezialität der Mühle ist das Papier Fleur, ein Papier mit eingearbeiteten Blumen aus den Gärten der Mühle.

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Seit über 500 Jahren wird hier Papier geschöpft

Während sich draußen ein sonnig warmer Tag ankündigt, stehe ich im kühlen Keller der Papiermühle. Mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und einer gummibeschichteten Schürze umgebunden steht ein Papierhandwerker der Mühle vor einem grossen hölzernen mit einer milchigen Brühe gefüllten Bottich. Ich konnte mich einer Führung anschließen. Auch wenn uns auf französisch das Handwerk erklärt wird, verstehe ich bei der praktischen Vorführung alles. Ähnlich wie bei meinem ersten Papiermühlenbesuch in Deutschland taucht der Papierhandwerker ein rechteckiges feinmaschiges Sieb in den Bottich, zieht es vorsichtig an die Oberfläche und lässt das überschüssige Wasser abtropfen. Wir kommen einen kurzen Film gezeigt. Mühsam war die Papiergewinnung. Unter 40 Tonnen wurde mit Manneskraft das Papier ausgepresst, danach einen Tag trocknen lassen. Bereits 1326 wurde nach diesem Verfahren so in Ambert Papier hergestellt, bis heute hat sich am Procedere nicht viel geändert. Das Museum ist lehrreich und schön zugleich. Ich setze mich auf das Mäuerchen vor der Mühle und genieße die Sonne auf meiner Haut, den Anblick der alten Mühle und den Ausblick ins Tal. 

Le M – kulinarischer Genuss in Ambert

Bevor ich heute Nachmittag zu einer außergewöhnlichen Cabriotour aufbreche, suche ich mir in Ambert eine Möglichkeit zum Mittagessen. Das Le M liegt zentral mit guter Parkplatzmöglichkeit. Als ich das Restaurant betrete, überlege ich, ob ich für einen Mittagssnack hier falsch bin. Alles sieht sehr edel und ansprechend aus. Wo ich schon mal da bin, suche ich mir einen Platz. War ich eben noch alleine, füllt sich das Restaurant schnell bis auf den letzten Platz. Franzosen lieben die Mittagszeit und Hektik beim Essen ist ihnen fremd. Ob mit Kollegen in der Pause oder mit Freunden, dass Le M ist bei meinem Besuch bunt gemischt.
Mir wird eine Tafel gereicht auf der viele Gerichte stehen – alles auf französisch. Ich lächle entschuldigend, frage, ob wir englisch sprechen können. Sie verneint und wir beginnen, die einzelnen Gerichte mit Händen und Geräuschen zu erklären. Irgendwie macht es uns beiden Spaß und lachen herzhaft, als sie für das Huhn die typischen Gackergeräusche nachmacht. Inzwischen war das ganze Lokal involviert und jeder half mit, die Gerichte zu erklären. Ein Gast eilte mit seinem Englisch beiseite. Völkerverständigung mal ganz anders. Ich entscheide mich für eine Käse-Kartoffelvorspeise mit leckerem Auvergnekäse, was meine Kellnerin anerkennend nicken lässt. Als Hauptgang wähle ich gegrillten Tintenfisch an Gemüsebeet und als Nachtisch irgendwas mit Schokolade, was sich später als Birne Helene herausstellte. Das gesamte Mittagsmenü schmeckte vorzüglich. Besonders interessant war der Tintenfisch mit leicht zitroniger Note und ohne Sahne sondern nur mit Saft der natürlichen Zutaten angemacht – ein Fest der Aromen und ein kulinarischer Genuss!

Phantastisch gestärkt fahre ich zum Marktplatz. Da bin ich mit Michel verabredet, der mir eine ganz besondere Überraschung bereitet: Durch die toskanische Auvergne geht es mit einem Oldtimer auf Cabriotour und Schlossbesichtigung. Dazu lest Ihr mehr in meinem zweiten Artikel zu meinem Auvergne Roadtrip.

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Nächste Etappe: Durch die Auvergne mit dem Oldtimer auf Cabriotour

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Reiseführertipp: Limosin & Auvergne – Zentralmassiv (Michael Möller Verlag)

Wer gern auf Individualreisen geht, kennt Bücher aus dem Michael Müller Verlag schon längst. ich persönlich habe in der Reihe immer gute Begleiter gefunden. Ich bevorzuge Printbücher bei der Planung, auf Reisen sind sie – dank gutem Papier und Qualität – etwas schwer, so dass ich mir wirklich für die nächste Reise überlege, ob ich einmal auf eBook umsteigen soll.
Der Reiseführer zur Auvergne befindet sich im MM Verlag gemeinsam mit der angrenzenden Region Limousin. Es gibt ausführliche Informationen zur Region und Geschichte. Das Autorenteam Severine Weber und Martin Müller haben das Wichtigste zu jeder Region heraus gearbeitet. Außerdem werden 10 Wanderungen und Touren beschrieben. Da ich nicht genügend Zeit für eine ausgiebige Erkundung in Thiers hatte, konnte ich mir auf den Wegen durch die Stadt mit dem Reiseführer durchaus selbst meinen eigenen Stadtführer machen und so nichts Sehenswertes verpassen. Auch das Kartenmaterial und Hinweise zu kulinarischem Genuss waren sehr hilfreich.

Offenlegung: Meine Reise wurde unterstützt von Auvergne Tourismus und Atout France. Herzlichen Dank dafür. Meine Meinung im Blogbericht bleibt davon unbeeinflusst. Für den Post wurde ich nicht bezahlt. Danke allen – auch vor Ort – für die Zeit und Unterstützung. Danke für die tolle Ausarbeitung der Tour! Es waren für mich phantastische und wunderbare Erlebnisse.

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21 Kommentare

  1. Hey! Wunderbarer Artikel zu Lion. Hat mir sehr weitergeholfen und tolle Denkanstöße gegeben, da ich in ein paar Wochen selber mit einer Freundin nach Lion fahre. Wie machst du das eigentlich mit dem Geld auf reisen? Arbeitest du online oder finanzierst du dich nur mit dem Blog?

    Liebe Grüße Christin

  2. Die Toilettengeschichte ist herrlich! Und wundert mich gar nicht, dass du mit deinem Englisch nicht weit gekommen bist, zumindest war es bei meinen Begegnungen mit Französinnen und Franzosen auch immer so. ;) LG

  3. martina

    Ganz tolle Reisebeschreibung, genau das, was ich gesucht habe. Wir fahren im August in die Auvergne…Mir fehlt nur dein Bericht von Puy-en-Veley nach Lyon zurück, oder habe ich da was übersehen…? Weißt du auch etwas über den Süden der Auvergne? Toll geschrieben und gute Tipps, danke und ciao, martina

  4. Hab deinen Artikel sehr genossen und freue mich jetzt noch mehr auf meinen Besuch in der Auvergne. Tolle Bilder!

  5. Oh, das sieht wieder mal so schön aus!
    Ich liebe Frankreich und die Gelassenheit der Franzosen! Leider kann ich auch nur ein bisschen Schulfranzösisch🙈 und dass obwohl ich hier nur 5 km von der Grenze weg wohne. Irgendwann werd ich es auch noch richtig lernen. Denn mit Englisch kommt man allenfalls in der Normandie klar.
    Da fällt mir grad ein lustiges Erlebnis beim Einkauf ein:
    Wir fahren oft rüber für so manche Leckereien. Einmal wollte ich an der Fleischtheke etwas kaufen und hab den Verkäufer gefragt, ob er Deutsch spricht. Er verneint, also hab ich meine Französischen Brocken aus dem hintersten Gehirnkämmerchen rausgesucht, mit Händen und Füßen und Lachen alles bestellt, was ich wollte. Und als er mir meine Tüte gibt, sagt er zu mir: “ geht doch“
    Und wir mussten beide so lachen 😄
    Bin nun schon gespannt auf deine weiteren Berichte 😊
    Liebe Grüße
    Silke

    • Ja, ich finde auch, dass Frankreich und Franzosen einen besonderen Flair haben… In gut einer Woche folgt der zweite Teil meines Auvergne-Roadtrips ;-)
      LG Tanja

  6. #hach Ganz wunderbar!
    Nächstes Mal dann unbedingt auch noch Lyon anschauen. Ist die entspannteste Großstadt, die ich kenne.
    Zur Anreise: es gibt eine Zug-Verbindung von DO/D/K/KO mit Umstieg nur in Mannheim und dann auf direktem Weg weiter nach Lyon. Allerdings geht da tatsächlich der erste Tag direkt für drauf.
    In Thiers kann ich noch die Crêperie „Le coin des hasards“ empfehlen. Herzhafte Galettes und süße Crêpes – perfekter Einstieg für Frankreich.

    Freue mich schon total auf die folgenden Auvergne-Artikel!!
    Ganz lieben Gruß aus – aktuell – der Auvergne! <3
    Kristine

    • Danke für Deine Tipps und Ergänzungen zur Anreise Crêperie <3
      Ich bin im November kurz noch mal in Lyon, versuche jetzt nach Deinen Tipp entsprechend ein Tag zu verlängern, um die Stadt mehr zu erkunden ;-)
      Freue mich sehr über Deine Auvergne Bilder in meiner Twittertimeline aktuell :-)
      Ganz liebe Grüße, Tanja

  7. Wow! So toll und lebensecht geschrieben, ich will unbedingt dahin! <3
    Und guck' dir mal die App Babbel an, am besten auf dem iPad, damit hab ich mal ein paar Wochen mein Spanisch aufgefrischt. Die find ich echt gut. Auch wenn dann leider nicht mehr solche Stories kommen 😁

    • Danke für den App-Tipp. Schaue ich mir gleich heute Abend mal an (denn der nächste Frankreich-Kurztrip steht vor der Türe ;-))
      Und zu den Stories: Mir passiert glaube ich immer etwas auf Reisen – ob mit oder ohne Sprachbarrieren ;-)

  8. Das sieht toll aus! Die Auvergne kannte ich bis jetzt gar nicht. Clermont-Ferrant war mir nur ein Begriff, weil es immer eine Etappe auf dem Weg in den Süden war.
    Ich würde sagen, da muss ich auch mal hin! Ich bin gespannt auf die weiteren Artikel. :-)
    Liebe Grüße!

    • Die (unbekannte) Schöne im Herzen von Frankreich. Viele kennen die Auvergne bei uns nicht als Urlaubsort. Das macht vielleicht auch den besonderen Flair aus? Ich war sicher nicht das letzte Mal dort – es ist einfach schön da :-D

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