Geheimnisse der apulischen Küche: Interview mit Koch Andrea Tarqulio (Rezepte inklusive)

Die Luft ist erfüllt von Knoblauch und Basilikum, während das rhythmische Klackern der Messer auf den Holzbrettern eine Melodie erzeugt, die so alt ist wie die Traditionen Apuliens selbst. Die Sonne scheint durch das Fenster und taucht die Küche in ein warmes, goldenes Licht. Das Lachen von Andreas Tarquilio und unserem Gebeco-Reiseguide Claudio hallt durch den Raum, während sie mit rasender Geschwindigkeit Teig zu kunstvollen Orecchiette formen. „So einfach geht echte apulische Pasta!“, zeigen mir die beiden Italiener lachend mit geübten, flotten Handgriffen. Gelernt ist gelernt! „Das hat uns die Nonna – also die Oma, wie sie in Italien liebevoll genannt wird – schon in Kindertagen beigebracht“, berichtet Claudio.

In der Küche von Chefkoch Andreas Tarquilio im Hotel La Chiusa di Chietri tauche ich ein in die Welt der apulischen Pasta-Kultur. Zwischen Showcooking und Kochkurs lerne ich mit Andreas und Claudio die Geheimnisse der Orecchiette, der köstlichen Öhrchen-Nudeln, kennen und erfahre, was die apulische Küche so einzigartig macht. Dazu verrät Andrea mir seine traditionellen Familienrezepte.

Apulien auf dem Teller: Kulinarische Reise mit Koch Andrea Tarqulio

Andrea, wie hat Deine Leidenschaft fürs Kochen angefangen?

Andrea Tarqulio: Meine Leidenschaft fürs Essen kam zuerst. Ich mochte es, die verschiedenen Aromen und Geschmäcker zu erleben. Erst später hat sich daraus die Leidenschaft fürs Kochen entwickelt. Schon als Kind habe ich es genossen, zu essen und die Gerüche in der Küche zu erleben, besonders sonntags bei meiner Nonna. Dort wurde die Soße schon am Morgen gekocht, und es war immer ein großes Ereignis, zusammen mit der Familie zu essen. Das hat mich total begeistert und vielleicht auch meine Leidenschaft für das Kochen geweckt.

Wie bist du schließlich professioneller Koch geworden?

Andrea Tarqulio: Nach meiner Ausbildung an einer Hotelfachschule zog es mich ins Ausland. Zwei Jahre in Wales und einige Monate in Schottland haben mich gelehrt, auch unter Druck den Überblick zu behalten. Zurück in Italien habe ich in interessanten Hotelküchen gearbeitet und damit den Grundstein für meine Karriere gelegt.

Zu guter Pasta gehört auch ein guter Wein.

Gab es besondere Mentoren, die Dich geprägt haben?

Andrea Tarqulio: Sehr viele! Pierluca Ardito, Executive Chef im Ristorante Nobis und im Grand Hotel La Chiusa di Chietri und Teamleiter NIC Wettbewerbe Nazionale Italiana Cuochi (Nationalmannschaft der italienischen Köche), ist seit fast zehn Jahren mein Kollege und über 20 Jahren mein Freund. Er inspiriert mich. Ebenso prägend war mein ehemaliger Lehrer Domenico Maggi, der heute für die World Chef Association in Südeuropa arbeitet. Bis heute bereichert begeistert er mich mit seinem Wissen und seiner Leidenschaft.

Was ist Dein absolutes Lieblingsessen? Sowohl zum Kochen als auch zum Genießen?

Andrea Tarqulio: Ich liebe die Einfachheit und Natürlichkeit der italienischen Küche. Ein Teller Spaghetti mit frischer Tomatensauce, bei der die Tomaten nur kurz angebraten werden, um ihre Süße und Frische zu bewahren, ist für mich der Inbegriff von Genuss.

Worin liegt für Dich der größte Unterschied zwischen der apulischen und der klassischen italienischen Küche?

Andrea Tarqulio: Die apulische Küche ist sehr bodenständig und verwendet die Produkte, die hier wachsen. Während sich die klassische italienische Küche mehr auf Fleisch- und Fischgerichte konzentriert, dreht sich in Apulien alles um Gemüse und Pasta. Vor allem: Es ist eine einfache, aber unglaublich geschmackvolle Küche, die die natürlichen Aromen der Zutaten zelebriert.

Einfach, aber raffiniert: Apuliens Küche zelebriert die natürlichen Aromen frischer Zutaten und handgemachter Pasta.

Du verbindest traditionelle Rezepte mit modernen Techniken. Wie sieht das in der Praxis aus?

Andrea Tarqulio: Meine Leidenschaft ist es, aus rohen Zutaten ein harmonisches Gericht zu kreieren. Auch einfache Gerichte können komplex sein, denn die Ausgewogenheit der Aromen ist entscheidend. Ich kombiniere gerne traditionelle Rezepte mit modernen Techniken, indem ich zum Beispiel Gemüse wie in der asiatischen Küche nur kurz anbrate, um den Geschmack zu intensivieren, und dann mediterrane Gewürze hinzufüge, um den typisch apulischen Charakter zu unterstreichen.

Und was bedeutet Kochen für Dich persönlich?

Andrea Tarqulio: Kochen ist für mich viel mehr als nur die Zubereitung von Speisen. Es geht darum, Erlebnisse zu schaffen, Freude zu bereiten und Menschen zusammenzubringen. Essen ist ein soziales Ereignis, das Gemeinschaft schafft und ein wichtiger Teil unserer Kultur ist.

Die fast philosophischen Worte von Andreas, die das Wesen der italienischen Kultur einfangen, lassen mich wieder verstehen, was ich an diesem Land und seinen Menschen so liebe. Die Italiener wissen, wie man das Leben genießt.
Und genau diesen Genuss möchte ich mit euch teilen. Andrea hat mir exklusive Einblicke in die Rezepte seiner Heimatküche gewährt, die ich euch nicht vorenthalten möchte. So viel sei schon mal verraten: Nachkochen lohnt sich! Die Gerichte sind nicht nur köstlich, sondern wecken garantiert die Sehnsucht nach Apulien.

Andrea Tarqulio mit seiner Kollegin Elisabetta Borghese. Hier gehört Freude immer zum Kochen!

Das perfekte Duo: Hartweizengrieß und Wasser werden zu einem geschmeidigen Teig verarbeitet, der die Grundlage für die traditionellen Orecchiette bildet.

Traditionelles Rezept zur Herstellung von Orecchiette

Gericht Hauptgericht
Küche Italienisch
Zutaten
  
  • 400 g Hartweizengrieß
  • 200 ml Wasser
  • 1 Prise Salz
Zubereitung
 
Teig zubereiten:
  • Das Hartweizengrieß auf eine saubere Arbeitsfläche häufen und in der Mitte eine Mulde formen.
  • Das Salz in das Wasser einrühren und das Wasser langsam in die Mulde gießen.
  • Mit den Händen das Grieß und das Wasser von außen nach innen vermengen, bis ein grober Teig entsteht.
  • Den Teig etwa 10 Minuten kräftig durchkneten, bis er glatt und elastisch ist. Falls der Teig zu trocken ist, kann ein wenig Wasser hinzugefügt werden. Ist er zu klebrig, einfach etwas mehr Grieß einarbeiten.
  • Den Teig in Frischhaltefolie wickeln und mindestens 30 Minuten ruhen lassen.
Formen der Orecchiette:
  • Den Teig in etwa 1 cm dicke Stränge rollen.
  • Ein kleines Stück Teig (etwa haselnussgroß) vom Strang abschneiden.
  • Mit dem Daumen oder der Seite eines Messers das Teigstück über die Arbeitsfläche ziehen, um eine Vertiefung zu formen. Dabei sollte sich der Teig leicht einrollen.
  • Die entstandene Vertiefung umstülpen, sodass eine muschelförmige Pasta entsteht. Die typische Orecchiette-Form ist wie ein kleiner Ohrmuschel (daher der Name, „Öhrchen“).
Kochen der Orecchiette:
  • Einen großen Topf mit Wasser zum Kochen bringen und großzügig salzen. Die Orecchiette in das kochende Wasser geben und etwa 8-10 Minuten kochen, bis sie al dente sind. Abgießen und nach Belieben mit einer Sauce Ihrer Wahl servieren.
Notizen
Orecchiette passen besonders gut zu herzhaften Saucen wie Brokkoli-Rabe (Cime di Rapa) oder einer einfachen Tomatensauce mit Pecorino-Käse.

Teigstränge formen: Der Teig wird zu etwa 1 cm dicken Strängen gerollt und für die Orecchiette vorbereitet.

Frische Zutaten: Klein geschnittene Tomaten werden mit Olivenöl, Basilikum und Salz mariniert – die Grundlage für ein köstliches Sommergericht.

Familientradition: Die sonntäglichen Mahlzeiten bei seiner Nonna legten den Grundstein für Andreas kulinarische Leidenschaft.

Pasta alla crudaiola mit Orecchiette oder Strascinate

Gericht Hauptgericht, Salat
Küche Italienisch
Portionen 4 Personen
Zutaten
  
  • 400 g Pasta
  • 400 g Cocktailtomaten
  • 1 Bund Basilikum
  • 100 g Cacioricotta-Käse
  • 2 Knoblauchzehen wenn man mag
  • Olivenöl reichlich
  • Salz und Pfeffer
Zubereitung
 
  • Die Tomaten klein schneiden, gleich darauf mit Olivenöl die Tomaten marinieren, Basilikum und Salz dazu geben.
  • Pasta kochen. Sobald die Pasta fertig ist, die Pasta in einer Pfanne mit den Tomaten sautieren.
  • Auf dem Teller servieren und darüber frisch Cacioricotta-Käse reiben. Wer mag, kann noch geröstete Pinienkerne darüber geben. Das Sommergericht ist in Apulien sehr beliebt.

Mit Liebe gemacht!

Olivenöl? Daran sollte man nie sparen, ruft mir Andrea mit einem Augenzwinkern zu.

Andrea bringt uns in seinem Kochkurs bei, was wir beim Ausformen der Focaccia beachten sollten: Eine niedrige Auflaufform einfetten und den Teig mit den Händen ca. 1 cm dick ausbreiten, nicht rollen.

Focaccia Morbida

Gericht Beilage
Küche Italien
Zutaten
  
  • 500 g Mehl
  • 35 g Olivenoel
  • 350 ml Milch
  • 120 g mehlige Kartoffeln gekocht
  • 10 g Zucker
  • 15 g Salz
  • 15 g frische Hefe
  • etwas frischer Rosmarin oder ein anderes Gewürz oder Kräuter
Zubereitung
 
  • Die Hefe in der warmen Milch (max. 35°) auflösen, den Zucker dazugeben.
  • Das Mehl, das Olivenöl und die geriebenen Kartoffeln hinzufügen.
  • Den Teig kneten, von Zeit zu Zeit etwas Salz hinzufügen und weiterkneten, bis ein weicher, elastischer Teig entsteht. Den Teig eine Stunde gehen lassen.
  • Eine niedrige Auflaufform einfetten und den Teig mit den Händen ca. 1 cm dick ausformen (nicht den Teig rollen).
  • Die in Scheiben geschnittenen Tomaten mit der Hautseite nach oben auf den Teig legen. Rosmarin ebenfalls auf den Teig geben und mit gutem Olivenöl nicht geizen - großzügig auf den Focaccia-Teig geben. In Apulien werden traditionell meist nur drei Gewürze verwendet: Salz, Pfeffer und ein weiteres Gewürz oder Kräuter. In Apulien mag man es etwas reduzierter und verwendet normalerweise keine Gewürzmischungen oder viele Kräuter in einem Gericht.
  • Alles an einem warmen Ort (max. 35°) gehen lassen, bis sich das Volumen verdoppelt hat.
  • Dann im vorgeheizten Ofen bei 200° ca. 15 Minuten backen oder bis die Oberfläche goldbraun ist.

Elisabetta Borghese zeigt uns mit Andrea die richtige Technik für Pettole.

Die frittierten Pettole mit Feigensirup beträufeln und mit Zucker bestreuen. Optional kann eine Prise Zimt hinzugefügt werden, um das beliebte apulische Streetfood zu veredeln.

Pettole mit Feigensirup

Pettole gehören zum beliebtesten Streetfood in Apulien
Gericht Dessert, Gebäck
Küche Italienisch
Zutaten
  
  • 250 g Mehl
  • 125 g gekochte Kartoffeln
  • 15 g Hefe
  • 175 g Milch
  • 8 g Salz
  • 75 ml Olivenöl
  • 150 g Zucker
Zubereitung
 
  • Mehl und Kartoffeln zusammen verarbeiten, gleich darauf die Hefe dazu geben, weiter verarbeiten.
  • Milch, Salz und Öl dazu und verarbeiten alles bis der Teig elastisch und glatt geworden ist. Lasse den Teig bis ca. 90 Minuten warm ruhen.
  • Darauf den Teig in Kugeln formen und ins heißes Olivenöl frittieren bis die Oberfläche braun gebraten ist.
  • Feigensirup darüber geben und Zucker drüber geben.
  • Nach Bedarf kann man ein bisschen Zimt dazu geben.

Italiener können Desserts! Die Pettole mit Feigensirup sind eine süße Sünde aber frisch gemacht auch unfassbar lecker.

Weitere Fotos aus unserem Kochworkshop

Offenlegung: Meine Recherchereise durch Apulien wurde von Gebeco Gesellschaft für internationale Begegnung und Cooperation mbH & Co. KG unterstützt – ganz herzlichen Dank dafür! Der Inhalt dieses Artikels ist natürlich davon unbeeinflusst und spiegelt meine eigene Meinung wider. Für den Beitrag erhielt ich kein Honorar.

Teile diesen Beitrag:

Verwandte Artikel:

1 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Recipe Rating