Der Golden Circle ist die berühmteste aller Panoramastraßen Islands: Drei ikonische Sehenswürdigkeiten – der tosende Gullfoss, das brodelnde Geysirgebiet und die historische Stätte Þingvellir – ziehen jedes Jahr Hunderttausende Besucher in ihren Bann. Aber ist das wirklich das ultimative Island-Erlebnis? Ich war zum zweiten Mal auf der Insel und wollte wissen, ob der Hype gerechtfertigt ist. Was mich auf dieser Reise erwartete, war eine Mischung aus grandioser Natur, unerwarteten Eindrücken und der Erkenntnis, dass nicht immer alles so ist, wie man es sich vorstellt.
Inhaltsverzeichnis

Der Golden Circle – Islands berühmteste Route zwischen Wasserfällen, Geysiren und Geschichte.
Der Name „Golden Circle“ – woher kommt er wirklich?
Dramatische Wasserfälle, brodelnde Quellen, geschichtsträchtige Landschaften – der Golden Circle vereint einige der spektakulärsten Orte Islands auf einer einzigen Route. Doch der Name selbst ist keine jahrhundertealte Bezeichnung, sondern eine moderne Kreation. In den 1950er Jahren begann man, diese Route gezielt für Reisende zu vermarkten. Die Kombination aus beeindruckender Natur, geothermischen Wundern und historischer Bedeutung machte die Route zu einem Aushängeschild für den isländischen Tourismus.
„Golden“ bezieht sich auf den Gullfoss, den goldenen Wasserfall, dessen schäumende Wassermassen besonders im Sonnenlicht golden schimmern. „Circle“ wiederum steht für die Rundreise, die viele Reisende von Reykjavík aus unternehmen, bevor sie in die Hauptstadt zurückkehren. Was einst eine abgelegene Landschaft war, ist heute eine der meistbefahrenen Routen des Landes – eine Entwicklung, die nicht ohne Folgen für die Natur und das Reiseerlebnis geblieben ist.
Gullfoss – gewaltige Wassermassen und die Realität des Massentourismus
Schon aus der Ferne ist das Rauschen des Wassers zu hören. Der Gullfoss, einer der spektakulärsten Wasserfälle Europas, besteht aus zwei aufeinander folgenden Stufen: Die obere misst 11 Meter, die untere 21 Meter. Mit der Kraft des Flusses Hvítá, der sich in eine 70 Meter tiefe Schlucht stürzt, ist er ein beeindruckendes Naturschauspiel. Feine Gischt liegt in der Luft und die Wassermassen donnern mit einer Kraft, die die Landschaft prägt und den Betrachter in ihren Bann zieht.
Doch wer hier ungestörte Wildnis erwartet, wird schnell eines Besseren belehrt. Die gut ausgebauten Wege, das Besucherzentrum und die unzähligen Kameras in der Luft zeigen: Der Gullfoss ist kein versteckter Geheimtipp, sondern ein Touristenmagnet. Ich hatte mir den Wasserfall rauer, einsamer vorgestellt. Doch an diesem Ort, wo Natur und Infrastruktur aufeinandertreffen, wird schnell klar: Die Schönheit Islands bleibt überwältigend – nur erlebt man sie hier selten allein.
Bei meiner ersten Islandreise entdeckte ich Hraunfossar und Barnafoss – kleinere Wasserfälle, die sich über weite Lavafelder ergießen. Kein Getöse, kein Massentourismus, nur das leise Rauschen des Wassers. Wer Abgeschiedenheit sucht, findet sie hier eher als am Gullfoss.

Gewaltig und wild: Der Gullfoss-Wasserfall, gespeist vom Hvítá-Fluss, prägt die isländische Landschaft.

Nicht allein am Gullfoss: Touristenströme sind hier Alltag, doch der Wasserfall bleibt beeindruckend.

Tosende Wassermassen und feine Gischt: Der Gullfoss ist einer der spektakulärsten Wasserfälle Islands.

Am Gullfoss spürt man die rohe Kraft der Natur – ein Ort, der gleichermaßen begeistert und gern besucht wird.
Geysir & Strokkur – Ein Spektakel der Natur
Der Boden dampft, der Geruch von Schwefel liegt in der Luft. Hier scheint die Erde zu atmen. Willkommen im Tal Haukadalur, einer der geothermal aktivsten Regionen Islands. Inmitten dieser brodelnden Landschaft liegt der „Große Geysir“, der einst allen anderen Geysiren den Namen gab: Das Wort Geysir stammt aus dem Isländischen: „geysa“ bedeutet „herausspritzen“ oder „sich ergießen“. Der Große Geysir, der erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt wurde, ist heute allerdings nur noch gelegentlich aktiv.
Für das eigentliche Schauspiel und Anziehungspunkt sorgt heute sein kleiner Bruder Strokkur. Alle fünf bis zehn Minuten bläht sich die Oberfläche seines Wasserbeckens auf – dann schießt eine Wassersäule bis zu 30 Meter in die Höhe. Der Geysir Strokkur ist einer der wenigen weltweit, die so regelmäßig ausbrechen. Der Wasserausbruch entsteht durch einen plötzlichen Druckabfall in der unterirdischen Wasserkammer. Sobald das Wasser nahe am Siedepunkt ist, verdampft es explosionsartig und katapultiert die Wassersäule in die Höhe. Dieses Spektakel ist nicht nur ein geologisches Highlight, sondern zeigt auch eindrucksvoll, wie aktiv Islands Untergrund ist.

Ein Geysir, der nie enttäuscht: Strokkur bricht regelmäßig aus und ist das Highlight der Region.
Ich hatte mir Strokkur größer vorgestellt, aber der Ausbruch ist trotzdem ein Erlebnis. Besonders faszinierend ist der Moment vor dem Ausbruch: Ein tiefes Grollen aus dem Erdinneren, dann wölbt sich das Wasser zu einer türkisblauen Kuppel, bevor es explosionsartig in die Luft geschleudert wird. Ein Naturschauspiel, das man kaum mit der Kamera einfangen kann – man muss es erleben.
Neben dem Hauptgeysir gibt es in der Umgebung zahlreiche kleinere, blubbernde Schlammlöcher und dampfende Fumarolen, die einen Eindruck von der intensiven geothermischen Aktivität der Region vermitteln. Die Farben des Bodens – von rostrot bis schwefelgelb – wirken fast surreal und erinnern daran, dass Island geologisch gesehen noch ein junger, lebendiger Teil der Erde ist.

Die Kraft der Erde: hautnah erlebt an den blubbernden Schlammlöchern und Fumarolen.

Die Erde brodelt: Im Haukadalur-Tal dampft und zischt es an jeder Ecke – Islands Untergrund ist lebendig.
Thingvellir – Ein Riss in der Erde und die Geschichte Islands
Seit 2004 gehört Thingvellir (Þingvellir) aufgrund seiner geologischen und historischen Einzigartigkeit zum UNESCO-Welterbe. Hier, zwischen hohen Felswänden und tiefen Spalten, wurde im Jahr 930 das Alþingi, eines der ältesten Parlamente der Welt, gegründet. Hier trafen sich die isländischen Häuptlinge, um Gesetze zu erlassen – ein demokratisches Erbe, das bis heute spürbar ist. Aber es ist nicht nur die Geschichte, die diesen Ort so besonders macht. Þingvellir liegt direkt auf dem Mittelatlantischen Rücken, an der Grenze zwischen der nordamerikanischen und der eurasischen Kontinentalplatte. Nirgendwo sonst kann man so deutlich sehen, wie sich zwei Kontinente langsam voneinander entfernen.
Weitere Stationen des Golden Circles für Individualreisende
Wer etwas abseits der Hauptattraktionen noch mehr entdecken möchte, findet entlang der Route spannende Orte:
Kerið-Krater: Ein tiefblauer See, eingebettet in die roten Felsen eines 3.000 Jahre alten Vulkankraters. Die steilen Kraterwände bilden ein natürliches Amphitheater, und wer möchte, kann über einen schmalen Pfad hinabsteigen und das Farbenspiel aus roter Erde und blauem Wasser aus nächster Nähe erleben.
Faxi Wasserfall: Kleiner und ruhiger als der Gullfoss, aber nicht weniger faszinierend. Der breite, gleichmäßig fließende Wasserfall liegt etwas abseits der Hauptstraße und bietet einen Aussichtspunkt, von dem aus man den Flusslauf besonders gut überblicken kann. Eine Lachstreppe neben dem Wasserfall zeigt, wie sich die Fische ihren Weg flussaufwärts bahnen.
Gewächshaus Friðheimar: Hier wachsen Tomaten unter künstlichem Licht – ein faszinierendes Beispiel für nachhaltigen Gemüseanbau in Island. In dem Familienbetrieb kann man nicht nur die Tomatenplantagen besichtigen, sondern auch frische Tomatensuppe mit selbstgebackenem Brot inmitten der leuchtend grünen Pflanzen genießen.
Secret Lagoon: Secret Lagoon: Die Isländer wissen, wie man entspannt – und zwar überall! Island ist nicht nur das Land des Feuers und des Eises, sondern auch des Wassers. Bei dem rauen Klima lieben es die Isländer, in ihren heißen Quellen zu baden. Dank Geothermie gibt es mehrere hundert davon. Weniger überlaufen als die Blaue Lagune ist die Secret Lagoon. Auch „Gamla Laugin“ genannt, ist es Islands ältestes geothermales Schwimmbad und wird von heißen Quellen gespeist, die das Wasser konstant auf angenehme 38 bis 40 Grad Celsius halten. Während man sich im warmen Wasser entspannt, blubbern kleine Geysire am Beckenrand und versprühen Dampfschwaden – ein authentisches Badeerlebnis mitten in der Natur. Auf meiner ersten Islandreise durfte ich die Bäder von Krauma erleben – ein ganz besonderes Erlebnis, das ich nicht missen möchte!

In Krauma steigt heißer Dampf aus der Erde – Islands geothermische Kraft hautnah erleben.
Buchtipp: Island entdecken – ein umfassender Reiseführer
Wer mehr Zeit auf der Insel verbringen und Island abseits der klassischen Touristenrouten erkunden möchte, findet im Reise Know-How Reiseführer Island* von Jörg-Thomas Titz einen fundierten Begleiter. Das Buch bietet nicht nur detaillierte Routenvorschläge und praktische Tipps zu Unterkünften und Restaurants, sondern auch Einblicke in die Geschichte, Geologie und Kultur des Landes. Das Besondere an diesem Reiseführer ist die ausgewogene Mischung aus klassischen Sehenswürdigkeiten und weniger bekannten Geheimtipps. Neben den bekannten Attraktionen wie dem Goldenen Circle oder der Südküste führt der Autor zu entlegenen Orten, die in vielen anderen Reiseführern kaum Erwähnung finden.
Fazit – Lohnt sich der Golden Circle?
Ich wollte wissen, ob der Golden Circle wirklich das ultimative Island-Erlebnis ist. Die Natur ist zweifellos atemberaubend – aber Einsamkeit findet man hier kaum. Wer sich mit den Menschenmassen arrangieren kann, erlebt an einem Tag drei der beeindruckendsten Orte des Landes. Doch wenn ich an meine frühere 48-Stunden-Reise nach Island denke, dann war das intensiver, ursprünglicher. Wer mehr Zeit hat, sollte sich überlegen, ob nicht eine alternative Route oder Reykjavík selbst die bessere Wahl ist.
Als Tagesausflug ist der Golden Circle perfekt – ein ungestörtes Naturerlebnis darf man aber nicht erwarten.

Die Hraunfossar-Wasserfälle – unzählige kleine Kaskaden, die direkt aus einem Lavafeld entspringen.
Noch ein Tipp für Islandreisende
Die Reykjavík City Card ist der ideale Begleiter für Ihren Aufenthalt in der nördlichsten Hauptstadt der Welt: Sie ermöglicht den kostenlosen oder ermäßigten Eintritt in zahlreiche Museen und Sehenswürdigkeiten sowie die freie Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
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