Elsass à la Carte: Geheimtipps und kulinarische Lieblingsplätze

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Das Elsass – ein Paradies für Feinschmecker und Gourmets! Gott schlemmt bekanntlich am liebsten in Frankreich. Er muss oft im Elsass zu Besuch gewesen sein. Das Elsass kulinarisch zu erleben bedeutet, dass für jeden Gaumen etwas dabei ist. Auf meiner Reise durch das Elsass durfte ich einem Sternekoch über die Schulter schauen und ihm bei seinem Einkauf begleiten. Ich habe erfahren, wie echter Flammkuchen schmeckt, genussvoll Tradition bewahrt wird und die Franzosen die regionale Küche und gutes Essen zelebrieren. 12 Geheimtipps und kulinarische Lieblingsplätze warten in diesem Artikel auf Euch: Lest über die traditionelle und magische Küche der Elsässer und spürt die Aromenspiele, die sich nur französische Köche trauen.

Macht Euch auf einen umfangreichen Artikel gefasst. Das Elsass bietet kulinarisch eine große Vielfalt und außergewöhnlichen Schlemmergenuss:

Typisch elsässisch: Deftiges in der Winstub au Finkstuebel

Mein erster Tipp führt Euch nach Straßburg. Zum Start meiner Elsassreise bin ich am Abend im Winstub au Finkstuebel verabredet. Die im alten Fachwerkhaus gelegene Weinstube ist gemütlich. Dunkles Holz, bemalte Wände, zünftige Tischdecken und so allerlei Vintage-Interieurs versetzen mich in Urlaubsstimmung.

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Im Restaurant füllt sich rasch jeder Platz. Eine Reservierung war eine gute Wahl. Das Finkstuebel ist vor allem für seine typisch elsässische Küche bekannt. Die Speisekarte ist mir an manchen Stellen ein Rätsel. Nur gut, dass uns Maxime – ein waschechter Elsässer – begleitet. Statt im Buch das ein oder andere wie Touri-Tourist nachzuschlagen, haben wir neben uns eine sprechende Speisekarte. Nicht nur, dass das Lauschen der schönen Stimme von Maxime mit dem so wunderbar französischem Akzent Spaß macht, ich lerne eine Menge über die elsässischen Küche. Gedanklich mache ich mir eine Liste, was ich aus dem Elsass-Kochbuch zu Hause so alles nachkochen will und treffe schweren Herzens meine Wahl aus der wohlklingenden Speisekarte.

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Schneckenpfanne Poelon

Mutig entscheide ich mich für die Schneckenpfanne Poelon als Vorspeise. Ich habe noch nie Schnecken probiert und wähle daher lieber die kleine Portion. Überhaupt sind Portionen im Elsass nicht klein. Auch bei Sterneköchen, wie ich auf meiner Reise noch erfahren werde, sind die Gerichte reichlich bemessen.
Im Dunkeln lassen sich nicht so gute Fotos machen, Ihr müsst mir also vertrauen, dass die in Kräutern geschwenkten Schnecken für mich Neuland, aber köstlichst waren. Übrigens auch die Gerichte meiner Tischnachbarn. Zwar kannten wir uns erst wenige Minuten auf unserer Elsass-Gourmettour, doch waren wir großzügig beim Probieren und Probierenlassen. Die Vorspeise mit süßer Sauerkrautmarmelade hat es mir angetan – eine selbst gemachte Spezialität des Finkstuebels. Bei der Inhaberin Sophie durfte ich beim Abschluss ein Gläschen kaufen. Zum Käse und Wein ist diese Marmelade eine außergewöhnlich gute Geschmackskomposition.

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Fleischnacka aux petits legumes et bouillion aux herbes

Fleischnacka darf in der Cuisine d`Alsace nicht fehlen und somit auch nicht auf meinem Teller. Perfekt paart dieses Gericht alemannische Deftigkeit und französische Raffinesse. In einer Art Pfannkuchenteig zur Schnecke gedreht schmeckte die Hauptspeise mit Hackfleisch und vielen frischen Kräutern perfekt bei dem aktuell verregneten, kühlen Sommer.

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Empfangskomitee auf dem Biohof Nähe Obernai

Raus aufs Land: Biobauernhof GAEC de la Ferme de Truttenhausen

Das Restaurant von Thierry Schwartz in Obernai ist in dreifacher Hinsicht etwas besonderes: Thierry ist Sternekoch in einem Bistro und er kocht nur mit Bioprodukten. Bevor wir ihm in seiner Küche im Le Bistro des Saveurs über die Schulter schauen dürfen, fahren wir mit Thierry in aller Herrgottsfrühe raus aufs Land. Wo einst das Kloster Truttenhausen stand, steht seit 35 Jahren  ein Biobauernhof. Jeden Tag kommt Thierry zur Farm von Antoine Fernex, sucht Fleisch und Käse aus. Gemüse und Kräuter erntet er selbst im angrenzenden Garten, die für mich eher Plantagen gleichen. Währenddessen kreiert er im Kopf seine Gerichte, die er Mittags und Abends auf seine Speisekarte aufnimmt. Nicht immer ist alles vorrätig. Ursprünglicher und frischer geht es nicht. Spontanität und Phantasie sind gefragt.

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Auf der Farm in Truttenhausen gibt es riesige Biogärten.

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Antoine Fernex ist seit 35 Jahren Biobauer aus Leidenschaft.

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Ich genieße am frühen Morgen die Idylle der Natur und des Bauernhofs. Die Gänse schnattern im Hintergrund, die Katze hält bedächtig das Hofleben im Blick. Die Luft riecht nach Land. Weiter hinten scharren Kühe mit den Hufen, genießen das Melken. Sie sind nicht auf Milchproduktion trainiert. Die meisten Kühe sind zehn bis zwölf Jahre alt, manche sogar bis 18. Die frische Milch wird auf dem Hof ein paar Räume weiter direkt zu Käse verarbeitet. Im eigenen Keller lagern die Biokäsesorten anschließend bis die reif für den Verkauf sind.

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Frischer Käse von der Farm Truttenhausen.

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Im Keller unter der Käserei neben dem Kuhstall reifen die besonderen französischen Käsesorten.

Antoine Fernex ist mir seinen Bioprodukten auf verschiedenen Märkten im Elsass vertreten. Wo, das erfahrt Ihr aktuell auf der Website der Farm. Jeden Freitag Nachmittag ist der Hof geöffnet, so dass jeder direkt vom Hof einkaufen könnt. Solltet Ihr im Elsass ein Ferienhaus bewohnen, lohnt ein genussvoller Einkauf auf dem Biobauernhof – ein absoluter Geheimtipp.

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Landidylle pur!

Bio-Sterneküche in Obernai: Le Bistro des Saveurs

Nach unserer ungewöhnlichen Shoppingrunde am Morgen hat Thierry alles für seine Tagesgerichte eingekauft und wir fahren gemeinsam zurück nach Obernai. Ohne gute Produkte gibt es kein gutes Essen ist das Credo des Sternekochs und so verwendet er wertvolle Biozutaten. Ich bin gespannt, was uns heute zum Mittagessen erwarten wird.

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Thierry kreiert ausgefallene Biogerichte in seiner Sterneküche.

Das Restaurant Le Bistro des Saveurs ist klein und sehr gemütlich. Im Interieur spiegelt sich seine Liebe zur Natur wieder. Möbel, Deko und Gedecke sind hauptsächlich mit Naturrohstoffen gestaltet. Das viele Holz und die Steine wirken gemütlich und modern. In seinem Bistro lässt Thierry uns nicht nur kurz über die Schulter schauen, er zeigt uns auch, wie kreativ und mutig französische Köche sind, wie Kochen eine Kunst ist, mit Extravaganz der Gaumen gekitzelt und das Essen zelebriert wird.

Senfeis mit Salatsuppe vom Sternekoch

Senfeis mit Salatsuppe vom Sternekoch

Briosch aus Blätterteig

Briosch aus Blätterteig

Durch das gemütliche Licht sind die Bilder nicht so schön geworden, doch vertraut mir, wenn ich Euch verspreche, dass Menü war ein Erlebnis! Als Vorspeise gab es Senfeis mit Salatsuppe. Ein Gericht, welches gleichermaßen extravagant und lecker ist. Das selbst gebackene Brot rundete den Geschmack ab. Der 42jährige Sternekoch reichte uns danach einen Briosch aus Blätterteig inkl. einer Salzblume vom Fleur de sel. Dazu gereichte Weine waren wie die Speisen mit Biosiegel versehen. Besonders fein im Geschmack war der Biowein Pino Noir aus Mittelbergheim. Davon wollte ich mir unbedingt etwas mit nach Hause nehmen, doch hatte am Sonntag das Weingut im nördlichen Elsass leider geschlossen.

L'oeuf dans l'oeuf

L’oeuf dans l’oeuf

Schon mal L’oeuf dans l’oeuf probiert? Allein der Anblick vom Ei im Ei lässt mich Ehrfurcht inne halten. Wie man so etwas hinbekommen kann, ist mir ein Rätsel. Ein Ei im Ei so tadellos auf unserm Teller angerichtet. Dazu gab es frische Morcheln.

Der Hauptgang

Der Hauptgang

Am offenen Feuer im Restaurant garte schon seit längerem unser Hauptgericht. Das Zieglein mit Gemüse war butterzart und leicht süß mit Honiggeschmack. Der krönende Abschluss unseres Sternemenüs waren nicht nur die unbeschreiblich guten Macarons und Bioschokolade. Zum Espresso gab es darüber hinaus ein Fencheleis Crumble. Angereichert mit Mandeln, Akazienhonig und Holunder vom Hof bildete das Eis den perfekten Abschluss und Schulterschluss zur Vorspeise.

Fencheleis Crumble

Fencheleis Crumble

Allein die Zuckersorten, die uns zum Kaffee gereicht wurden, faszinierten mich. Es gab sogar Zucker an Minzblättchen!

Allein die Zuckersorten, die uns zum Kaffee gereicht wurden, faszinierten mich. Es gab sogar Zucker an Minzblättchen!

Wir nehmen uns Zeit für unser Mittagessen, so wie die Franzosen ihr Mittagessen meistens speisen. Auf meiner Reise habe ich oft beobachtet, dass in Frankreich das Genießerleben zelebriert wird. Ob abends mit Freunden oder mittags mit Kollegen, selten habe ich einen Franzosen alleine essen und schon gar nicht in Eile oder Hektik gesehen.
Preislich ist das Le Bistro des Saveurs absolut im Rahmen. Guter Geschmack soll nicht vor jungen Menschen halt machen, so bietet Thierry sogar extra Menüs für jungen Menschen unter 30 an. Vier Gänge mit zwei Getränken sind beispielsweise für 50 Euro zu genießen.

Baguette ist nicht gleich Baguette: Saveurs Bretzel

Thierry Schwartz hat nicht nur ein Sternerestaurant, er besitzt darüber hinaus in Obernai noch eine Bio-Bäckerei. Auf meinem Bummel durch die schönen Gassen sehe ich von weitem schon Menschen vor der Saveurs Bretzel Schlange stehen. Es ist Mittagszeit und die Bäckerei scheint bei den Franzosen beliebt zu sein. Durch das Fenster schaue ich zu, wie die bestellten Baguettes frisch zubereitet werden. Nicht einfach mit Salami oder Schinken belegt, hier werden Wurst, Käse, Gürkchen, Tomaten und vieles mehr frisch aufgeschnitten und hingebungsvoll angerichtet. Die Krönung folgt zum Schluss. Fasziniert schaue ich die anschließende Verpackung der Baguettes an. In Papier eingerollt, werden sie liebevoll mit einem rotem Schleifchenband versehen – im Elsass wird mit allen Sinnen genossen!

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Lecker und liebevoll – die Bäckerei Saveurs Bretzel des Sternekochs

Shoppingtipp: Maison Alsacienne de Biscuiterie

Wenige Meter vom Saveurs Bretzel liegt vor der historischen Stadtmauer in Obernai Maison Alsacienne de Biscuiterie. Macarons, Kekse und verschiedene Arten von Gugelhupf verleiten mich zur Unterbrechung meiner Stadterkundung. Die Bedienung lächelt mich freundlich an und klopft gerade frischen Gugelhupf aus seiner Form. Dieser Kuchen ist im Elsass sehr beliebt und fast überall in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen anzutreffen. An der Theke drücke ich mir fast die Nase an den ausgefallen Keksen platt. Ich darf ein paar Köstlichkeiten probieren. Wieder treffe ich mutige Kulinarik-Kreationen: Es gibt Rosenkekse, Plätzchen mit Orangenblüten, Mandeltrüffel oder auch süß-salzige Kombinationen. Ich kaufe ein paar Mitbringsel und – zugegebener Maßen – auch für den Eigenbedarf. Die süß-salzigen Plätzchen haben mir besonders gut geschmeckt.

Pâtisserie Willy

Zur Pâtisserie Willy habe ich bereits gebloggt. Das Willy’s sollte im Roundup zum kulinarischem Elsass nicht fehlen. Ein Eckcafé in Münster lockt mit gutem Kaffee und vorzüglich schmeckendem Gebäck. Bekannt ist Willy vor allem für seine Macarons mit Münsterlandkäse, eine perfekte Mischung von herzhaftem Käse im Einklang mit süßer Crisby-Beschaffenheit des Macarons. Zu elsässischen Rezepten gehört natürlich auch eine waschechte Bretzel. In der Pâtisserie Willy konnte ich in einem Workshop meine Lege- und Backkünste unter Beweis stellen. Wie Ihr selbst zum Elsass-Bäcker auf Zeit werden könnt, lest Ihr hier.

Mittagspause in der Teestube Le Boudoir in Colmar

Französische Lebensart schnuppern – ich liebe es! Ich wandle durch die Gassen von Colmar, höre plaudernde Menschen in französischer Sprache, höre Lachen, sehe schöne alte Häuser und genieße den Moment. Unter alten Torbögen entdeckt ich das Le Boudoir in Colmar. Eine Teestube mit behaglichem modernen Ambiente. Schöne Porzellantassen reizen zum Kauf und mein Kusmiteevorrat für zu Hause wird aufgestockt. Die Bedienung ist freundlich und auch wenn ich kein französisch und sie kein englisch kann, klappt die Beratung zur Essensauswahl – fast jedenfalls. Zum Earl Grey gab es bei einem Croques Monsieur nicht das von mir erwartete Baguette, sondern überbackene Toastscheiben und das war so gut, dass ich gern hier öfters einkehren würde.

Croques Monsieur in einer Teestube in Colmar

Croques Monsieur in einer Teestube in Colmar

Restaurant à l’Agneau d’Or in Munster

„Wieso gibt es hier keinen Stern?“, frage ich mich nach dem Essen im Restaurant à l’Agneau d’Or in Munster. Manchmal sind mir die Faktoren der Sternvergabe unergründlich. Marie-Josée und Martin Fache betreiben ein kleines Restaurant mitten in Münster. Die wenigen Plätze sind heiß begehrt. Jeder Tisch ist besetzt, als wir einkehren. Die Eheleute Fache legen viel Wert auf gute Produkte, kochen vornehmlich mit frischen regionalen Speisen und sammeln zumeist ihre Kräuter selbst. Das à l’Agneau d’Or gehört zu den Maître Restaurateur Lokalitäten. Das ist eine besondere Auszeichnung für gute Küche mit hohem Qualitätsanspruch. Das spüren wir nachher auf unseren Tellern. Das Lamm ist butterzart und saftig, die Kartoffel- und Gemüseanrichtung schmackhaft. Das Granité vom Holunder gehört zu einer der besten Granités, die ich je kosten durfte.

Butterweiches Lamm - ein Hochgenuss

Butterweiches Lamm – ein Hochgenuss

Ein Nachtisch, wo "mehr" drauf steht

Ein Nachtisch, wo „mehr“ drauf steht

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Martin Faches Restaurant in Münster wurde mit Maître Restaurateur ausgezeichnet

Das Restaurant liegt genau auf der Käseroute (Route du fromage). Von hier aus kann man bestens seine Tour starten oder enden lassen. Neben gutem Käse von 50 Bauernhöfen gibt es auf dem Roadtrip eine Menge Fahrspaß, Kurvenkitzel und tolle Panoramen. Dazu mehr in einem bald folgendem Tourenartikel zum Elsass.

La Stub de la Fecht in der Maison du Fromage in Gunsbach

Im Elass errichteten Münstertaler ein Haus des Käses. Modern gestaltet versprüht es auch Traditionsbewusstsein und Heimatstolz. In verschiedenen Etappen nähert man sich im Haus des Käses der Münstertalkäseherstellung. Hauptdarstellerin des Münstertalkäses ist la Vosgienne. Das sind Vogesenkühe mit schwarz-weißer Farbe, kräftig und für die Höhenzüge geeignet. 1970 gab es in der Region nur noch 300 Kühe und die Rasse wäre bald ausgestorben. Nur der Hartnäckigkeit der Bauern und Politik trotzend hielt man an der Vogesenkuh fest. Heute grasen auf über 1000 Meter Höhe wieder über 11.000 Tiere ihrer Art. 

La Vosgienne

La Vosgienne

Hansi - ein Münstertalurgestein

Hansi – ein Münstertalurgestein

Hansi – Jean Wehrey – ist 71 und ein Urgestein des Münstertals. Er führt uns durch das Maison du Framage und wir erhalten spannende Einblicke in die Zeiten von damals und heute. Er zeigt uns, wie Münsterkäse hergestellt wird und was die Besonderheiten ausmacht. Der Geruch des Käses ist sehr intensiv. Im Elsass riecht aber selbst dieses frische Traditionsprodukt wunderbar.
Zum Käsehaus gehört ebenfalls ein Restaurant:  „La Stub de la Fecht“ in der Maison du Fromage in Gunsbach. Traumhaft in Wiesen eingebettet, speist man wahlweise auf der hölzerneren Terrasse oder im großzügigen Innenbereich. Wir kosten Münsterlandkäse und genießen den Bergkäse Coeur de Massif. Mit etwas milderer Note schmeckt mir der Coeur de Massif noch besser – aber Geschmäcker sind verschieden. Mit Panoramablick genießen wir unsere Bretteljause. Selbst die Butter und Wurstsorten sind selbst gemacht. Ich lange zu viel zu und bin überrascht, dass danach noch ein Hauptgang gereicht wird: Selbstgemacht Nudeln, Rinderfilet, überbacken mit Coeur de Massif und ausgezeichneter aromatischer Soße mit Münsterkäse versteht sich. Obwohl ich schon satt bin, kann ich natürlich nicht widerstehen. Ein kleiner Rundgang im Garten war sehr empfehlenswert. 

Melkersmahlzeit und Käseherstellung auf der Ferme du Grand Hêtre

Zünftiger geht es auf dem Berg auf der Ferme du Grand Hêtre. Zur Anfahrt verwendet am besten die Geokoordinaten, mein Navi hat die Adresse nicht gefunden. Die Bergauffahrt ist traumhaft. Kurven schrauben sich durch Wälder und Schluchten auf über 1000 Meter Höhe. Hier oben ist die Atmosphäre anders als im Tal. Faszinierend, dass man im Elsass auf ganz unterschiedliche Weise mit wenigen Kilometern eine andere Welt erlebt.
Jean-Mathieu Spenlé betreibt mit seiner Frau auf seinem Hof fünf Gästezimmer – aber dazu mehr Details in einem noch kommenden Roadtrip-Artikel. Konzentrieren wir uns auf den Genuss. Und den gibt es auch auf der Auberge Grand Hêtre usprünglich. Besonders für Wanderer und Sportler auf dem Weg in den Vogesen ein Genuss: Die Melkers Mahlzeit ist bodenständig und zünftig. Man sollte allerdings auch Hunger mitbringen.

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Melkersmahlzeit heißen die Gerichte, die Natalie Spenlé in ihrer eigenen Küche liebevoll bereitet, weil sie den Melker wieder stärken sollen. Früher auf den Höfen gab es nicht immer Brot. Kartoffeln waren häufiger anzutreffen. Daher ist es typisch für Berghöfe in den Vogesen, dass rohe Kartoffeln mit Speck auf dem Feuer gar gekocht wurden, lange weich geschmort. Dazu gab Essig und Molke – und fertig war in alten Zeiten das Frühstück. Heute essen wir die Kartoffelzubereitung von einst mit gesalzenem und geräucherten Schweinenacken und Salat zum Abendbrot. Wer eine deftige Stärkung sucht, isst auf dem Hof Spenlé genau richtig.
Am nächsten morgen stehe ich schon früh auf, darf Mathieu beim Melken zuschauen. Ein zwei Tage altes Kälbchen darf ich sogar die Milchflasche reichen. Gierig saugt es an der Flasche. Wir Städter sind ja für so etwas zu begeistern – und es war so niedlich! Ein bisschen fühle ich mich in meine Kindertage versetzt: Urlaub auf dem Bauernhof hat immer Spaß gemacht.
Die frische Milch wird direkt zu Mathieu’s Käserei einige Meter weiter geleitet. Aus rund 250 Litern von seinen 20 Milchkühen auf der Alm fertigt der Vogese täglich in der Frühe Käselaiber. Kräfte kostet die Arbeit des Drehens, Schöpfens und immer wieder erneuten Wendens. Die Mühe lohnt, der frische Käse ist vollmundig im Geschmack und unverwechselbar in seiner Note.

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Weingut Domaine Schoenheitz

Ob entlang der elsässischen Weinstraße oder in den Vogesen: Guten französischen Wein gibt es im Elsass immer! Das Weingut Domaine Schoenheitz liegt auf 300 Meter Höhe im Weinbergdorf Wihr-au-Val. An sonnigen Hügeln des Val Saint-Grégoire reifen die Weine auf rund 500 Metern Höhe. In Steillage wachsen hier besonders gut Rieslingtrauben, allerdings mit wenig Säure, trocken und nicht zu viel Süße. Wir probieren uns durch aromatische Weine, kosten auch frische noch nicht ganz fertige Weine aus den Fässern. Durch die Steillage muss die Rebe auf dem steinigen, sehr mineralhaltigen Boden per Hand geerntet werden, eine echte Knochenarbeit. Die Weine mit wenig Säure sagen mir zu und nicht das erste Mal auf meiner Elsassreise bin ich froh, mit dem Auto angereist zu sein. Mein Kofferraum füllt sich mit Einkäufen mehr und mehr. Das Weingut Schoenheitz bietet individuelle Weinproben und Führungen durch den hauseigenen Weinkeller an.

Tarte Flambée: Der Flammkuchen im Restaurant L‘Aigle

Wohl der bekannteste kulinarische Exportschlager aus dem Elsass: Der Flammkuchen oder Tarte Flambée, wie der Franzose sein geliebtes Gericht nennt. Wer die Spezialität original probieren will, sollte sich nach Pflugriesheim auf machen. Hier befindet sich ein kulinarischer Lieblingsplatz der Franzosen und ein Geheimtipp für Reisende: Das Restaurant L‘Aigle. 1963 wurde im „Adler“, wie die Übersetzung heißt, damit begonnen, alte Rezepte wiederzubeleben. Seitdem wird die Tarte Famblée im traditionellen Holzofen mit ursprünglichen Rezepten gebacken. Der Elsässer genießt den original Flammkuchen nämlich nicht mit so viel Zutaten und Variationen, wie wir vermuten. „Zwiebel, Brotteig, Crème fraîche, Sahne und Speck – mehr nicht!“, klärt uns der Elsässer Maxime auf. Die süße Variante wird im Elsass mit Apfel, Zimt und Calvados hergestellt.

Ein Brett für alle

Ein Brett für alle

L’Aigle ist prall gefüllt als wir eintreffen. Wir ergattern den letzten Tisch. Reservierungen werden nicht angenommen. Wer zu spät kommt, muss warten. Bei gefühlten 40 Grad und 90% Luftfeuchtigkeit dürfen wir einen Blick in die Küche werfen. Auf 380 Grad wird der Ofen mit Eichenholz geheizt. Im Akkord werden die Flammkuchen gerollt und belegt. Danach kommen sie für maximal zwei Minuten in den Steinofen. Wir stehen etwas im Weg bei der regen Betriebsamkeit. Drei Schüsse mit der Kamera und dann fliehen wir auch schnell wieder aus der glutheißen „Hölle“.

Im L’Aigle verlassen viele Flammkuchen die Küche

Im L’Aigle verlassen viele Flammkuchen die Küche

Hier muss flott gearbeitet werden

Hier muss flott gearbeitet werden

Auf 380 Grad wird der Steinhofen mit Eichenholz geheizt

Auf 380 Grad wird der Steinhofen mit Eichenholz geheizt

Mir gefällt die Atmosphäre. Schnell kommen wir mit dem Nachbartisch ins Gespräch. Im Elsass wird oft deutsch gesprochen, was mir ohne französische Sprachkenntnisse sehr entgegen kommt. Überhaupt ist das gesellige Zusammensein bei Tisch typisch französisch und ich fühle mich richtig wohl. Es wird Wein und eine Tarte Flambée bestellt. Diese wird für alle auf den Tisch gestellt und jeder bedient sich. Dabei wird fleißig geplaudert und gelacht – herrlich!
Auf dem Tisch ist eine Papierdecke aufgezogen. Die Kellnerin serviert mit Schwung den nächsten Flammkuchen und markiert einen Strich geschwind auf dem Tisch. Was dem Kölner Köbes sein Bierdeckel ist im L’Aigle die Papiertischdecke. Der Abend war genussvoll und wunderbar. Erst spät und weingeschwängert brechen wir zu unserem Hotel auf. Das müsst Ihr unbedingt im Elsass erleben!

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Im Schokoladenhimmel: Pâtisserie Gross

Auf dem Rückweg meiner Elsassreise kehre ich extra nach Obernai zur  Pâtisserie Gross zurück, um Schokolade einzukaufen. Es ist Sonntag und ich genieße noch ein letztes Mal einen Café au Lait mit Croissant. Dabei lasse ich meinen Blick über die Glasvitrinen schweifen und kann mich nicht entscheiden, was ich mitnehmen soll – nur Geschenke versteht sich. Kurz überlege ich, ob sich auch die so gut aussehenden Kuchen zur Mitnahme eignen, verwerfe diesen Gedanken allerdings gleich wieder.

Die Küchlein sind schon für das Auge ein Genuss

Die Küchlein sind schon für das Auge ein Genuss

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Die Schokoladenauswahl ist groß und vielfältig. Mit Nüssen und Früchten, diverse Sorten Feinkostschokoladen, Pralinen in außergewöhnlichen Geschmacksrichtungen und mein Favorit: salzige Karamellschokolade. Mein Einkaufskörbchen wird immer größer, aber da kann ich einfach nicht widerstehen – die fröhlichen Gesichter zu Hause inklusive!

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Kartenübersicht Elsass kulinarisch

Reiseführertipp: Der Reiseband Elsass aus dem Michael Müller Verlag (Amazon-Partnerlink) bietet umfangreiche Tipps zu individuellen Reisen  im Elsass und Vogesen. Neben Tourtipps gibt es zahlreiche Hinweise zu Einkehrmöglichkeiten und schnuckeligen Orten.

Offenlegung: Ich wurde zur Pressereise ins Elsass vom Tourisme Alsace eingeladen. Auch Atout France herzlichen Dank für die Unterstützung zu dieser Recherchereise, die ich auf Eigeninitiative noch verlängert habe. Meine Meinung bleibt wie immer die eigene.

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8 Kommentare

  1. Hallo,
    es ist ein richtig toller Artikel mit super Bilder! Es zeigt eine ganz andere Seite von Elsass: nähmlich nur die kulinarische Seite. Viele Blogger achten eher nur auf die Sehenswürdigkeiten. Hier geht es alles ums Essen. Der Blogbeitrag gibt tolle Tipps für zukünftige Reisende!
    Wir waren im Mai 2018 im Elsass und über die kurze Rundreise haben wir einen Artikel geschrieben (https://www.travelsicht.de/elsass-mit-dem-auto-entdecken/). Unser Bereicht richtet sich eher nach Reise mit Auto oder Sehenswertes, aber wir erwähnen natürlich auch die elsässische Gastronomie: den Flammkuchen, den Wein, den Gugelhupf, ein richtiges französisches Frühstück und die bunten, himmlischen Macarons darf man nicht auslassen!

    Viele Grüße,

    Ildi

  2. Danke für deinen tollen Bericht. Bisher war ich noch nie im Elsass, aber das muss wirklich eine Reise wert sein. Toll.
    Bekomme direkt Lust auf Flammkuchen und meinen heißgeliebten Federweißer. Gut, dass grade Saison ist. :)
    LG aus Bielefeld

  3. Christiane

    ich bin zweimal im Elsass gewesen, leider immer nur für kurze Zeit, aber mir hat es da auch „essenstechnisch“ supergut gefallen. Besonders gerne erinnere ich mich an den „Bäckaoffe“ in Kaisersesch und den leckeren Flammkuchen in Straßburg und die süßen Köstlichkeiten aus einer Patisserie in Colmar.
    Danke für Deinen schönen Bericht, wieder ein ToDo Punkt auf der Liste.
    Viele Grüße von Christiane.

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