Es ist kalt, nebelig und ungemütlich! Der Wind peitscht über die Weser, während ich mit heißem Tee in den Händen meinen grandiosen Hotelzimmerausblick auf den Hafen genieße. Langsam erwachen die Hafenwelten zum Leben. Die Rundfahrschiffe für Touristen bleiben noch weiter im Winterschlaf und schaukeln im Rhythmus des Windes. Ob ausgerechnet Januar der richtige Reisemonat für eine Stippvisite nach Bremerhaven gut gewählt war? Absolut, wie ich nach meiner Kurzreise weiß. Schietwetter ist in Bremerhaven überhaupt kein Problem. Kaum eine andere Stadt im Norden Deutschlands bietet so viele Möglichkeiten für ganz unterschiedliche Indooraktivitäten. Meine Highlights:
- Eine Reise um die Welt: 8 Grad Ost – Das Klimahaus
- Hafentour mit dem Bus – Wo die Nordsee (fast) beginnt
- Das Auswandererhaus
- Fine dining am Pier 6
- Was Ihr sonst noch erleben könnt
Eine Reise um die Welt: 8 Grad Ost – Das Klimahaus
„Ein Weckruf zum Klimawandel“, so könnte man den Aufruf des Klimahauses in Bremerhaven verstehen, jedoch ohne drohenden Zeigefinger. Das Museum ist eher eine Ausstellung, umgesetzt zum Miterleben und Anfassen. Axel Werner ist 43.500 km für das Klimahaus um die Welt gereist. Besucher des Klimahauses gehen mit ihm auf eine Weltreise entlang des 8. Längengrades Ost und lernen viel Wissenswertes zu den einzelnen Klimazonen und deren Veränderungen. Dabei besucht man an neun Stationen eine Familie aus der Region.
Wir starten in der Schweiz zwischen Kuhglocken und Gletschereis. Ja, das Spielkind in mir hat es sich auch nicht nehmen lassen, einmal bei einer ausgestopften Kuh melkend Hand anzulegen. Sehr zur Belustigung der japanischen Besucher, die mich kichernd dabei beobachtet haben. Für mich war das noch keine exotische Welt, dafür stehe ich keine paar Meter weiter im Mikrokosmos Sardinen und entdecke neue Perspektiven.
Ein bisschen fühle ich mich an Biene Maja erinnert. Kennt Ihr noch die Zeichenserie, wo Maja und ihr Freund Willi Abenteuer erleben? Um mich herum sind die Grashalme Bäume, eine hingeworfene Aludose so groß wie ein Haus. Die Reisestationen vermitteln neben dem Kilmawandel ebenfalls zu Umweltproblemen anschaulich die Thematiken.
Lust, einmal den Wettergott zu spielen? Im Klimahaus möglich! Auf Sardinien gibt es fünf verschiedene Klimazonen, die wir ausprobieren können. Über Pegel einstellbar darf ich Petrus spielen und erzeuge in den Folgeräumen dadurch Hitze, Regen oder Monsumwinde.
Von Europa geht es über das Mittelmeer auf den afrikanischen Kontinent mit Axel Werner auf den achten Längengrad. Wir sind zu Gast bei der Familie Mariam in Kanak in Niger. Immer wieder treffe ich auf das Reisetagebuch des Weltenbummlers. Mich reizt es heute allerdings, mehr zu spüren und zu erleben statt viel zu lesen. An manchen Stationen ist es auch so heiß und tropisch schwül, dass ich gern auch etwas schneller als gedacht, die Station verlasse und mich lieber wieder in kühleren Gefilden aufhalte.
Das Klimahaus bietet Erfahrungen mit allen Sinnen, anschaulich in Szene gesetzt. Sogar 250 Tierarten sind im Museum integriert. Im Blog von ReisenundEssen findet Ihr noch mehr Details zu den einzelnen Stationen der Klimareise von der Wüste bis zur Antarktis. 2,5 bis 3 Stunden solltet Ihr mindestens für Euren Besuch einplanen – je nachdem, wie verspielt Ihr seid. Für Kinder werden eine Vielzahl von Sonderaktionen angeboten. Hierfür schaut Ihr am besten auf die Website des Klimahauses: Es gibt u.a. Kinderkochkurse, ein Future-Lab und Sonderausstellungen. Als zusätzliches Einzelevent gibt es sogar ein Pilotentraining im Hubschraubersimulator. Für 149 Euro kann man das 3-Stunden-Erlebnis als Abenteuer über den Wolken gesondert buchen.
Hafentour mit dem Bus – wo die Nordsee (fast) beginnt
Es regnet. Zwischen Schneematsch und Graupelschauern stehen wir an der Bushaltestelle vor dem Deutschen Schifffahrtsmuseum und erblicken sehnsüchtig den heranfahrenden Bus. Oben war kein Aussichtsplätzchen mehr zu ergattern, so dass ich mich gemütlich unten platziere und die Wärme genieße. Auf uns wartet rund eine Stunde Fahrt durch den spannenden Überseehafen und dem Container-Terminal von Bremerhaven. Diesen Bereich kann man ohne Busführung nicht betreten. Auch ist das Fotografieren nicht erlaubt. Danke an Ingo für die Fotos, die er vom Wasser aufgenommen hat und ich Euch somit einen Teil des Erlebnisses veranschaulichen kann.
Vorbei an Lagerhallen passieren wir den Zollbreich und zugleich beginnt das heftige Gewusel des Hafenbetriebs. Wuselig sieht es allerdings nur für einen Laien aus. Wie fleißige Ameisen takten sich Mensch und Maschine hier in der Warenverteilung, passgenau, im Sekundentakt. Rechts von uns wird gerade ein Schiff mit Tausenden von Autos entladen. Eine Anekdote am Rande: Frauen und Männer benötigen die gleiche Zeit beim Ausrangieren der Neuwagen, allerdings passieren den Frauen weniger Zwischenfälle im Form von kleinen Macken und Anremplern. Es fasziniert mich zu sehen, wie minutiös ein Auto nach dem nächsten vom Schiff gefahren wird. 115.000 Autostellplätze hält der Hafen bereit. Eine Millionen Autos werden hier pro Jahr umgeschlagen. Dauert das Einchecken oft mehrere Stunden, so wird hier ein Deck in gerade mal 20 Minuten leer gefahren. Time is money.
Der Freihafen von Bremerhaven ist der größte Umschlagplatz Europas für Früchte. Vorbei an unzähligen Containerkolonnen bahnt sich unser Bus den Weg zur Verteilstation. Ich hatte das schon einmal in einer Fernsehdokumentation gesehen, konnte mir aber nicht vorstellen, wie groß das Ausmaß ist. Wie eine kleine Ameise steht unser Bus am Rande und versucht, auf einem gesondertem Halteplatz keinem im Weg zu stehen. Bremerhaven ist der viertgrösste Hafen in Europa nach Rotterdam, Antwerpen und Hamburg. Mit 5 km sind die Stromkaje in Bremerhaven allerdings die längsten der Welt. Vor uns arbeiten riesige Van Carrier und verteilen wie von leichter Hand Container. Van Carrier haben eine Hubkraft von 40 Tonnen und sausen mit ca. 30 km/h durch den Hafen. Was wie Chaos aussieht, ist mit System der Spitzenklasse bedacht. Wie Spinnen sehen diese Portalhubwagen für mich aus – absolut beeindruckend. Hier hätte ich gern noch Stunden zuschauen können.
Das Auswandererhaus
Das Auswanderer- und Einwandererhaus hat mich begeistert. Ich mag Museen, in denen man selbst auf Entdeckertour gehen kann (was es leider aus meiner Sicht viel zu selten in Deutschland gibt). 2007 wurde das Auswandererhaus in Bremerhaven, welches sich selbst als Familien- und Migrationsmuseum bezeichnet, ausgezeichnet. Für Weltenbummler und Geschichtsfreunde ist ein Besuch großes Kino. 300 Jahre Geschichte trägt das Haus mit ganz individuellen über 3000 Lebensgeschichten zusammen. Wäre fast jede einzelne einen Kinofilm wert, so sind es doch alles tatsächlich passierte Begebenheiten, die die Wissenschaftler für das Museum aufbereitet haben. Einen ausführlichen Bericht zu meinem Museumsbesuch lest Ihr hier. Mein Fazit: Auf gar keinen Fall verpassen!
„Hoffnung kann man nicht anfassen, Hoffnung muss man fühlen.
Fine dining am Pier 6
Kein Ausflugstag und Reise ohne ein gutes Restaurant: Das Pier 6 liegt mitten der Havenwelten Bremerhavens direkt am Kai und hier kann man bei gutem Essen und erlesenen Weinen perfekt den Abend ausklingen lassen – „Meer als gutes Essen“!
Die Atmosphäre ist modern und maritim. Traditionelle Gerichte werden mit ausgefallenen Ideen zu Besonderheiten. Deutsche Küche trifft einen Hauch Moderne und kulinarische Überraschungen. Der Küchenchef Christian Müller hat weltweit, sogar in Singapur und Australien gekocht, bevor er in Bremerhaven im Pier 6 jetzt seine Kochkünste präsentiert. Inhaber Steffen Heumann ist ebenfalls Restaurantexperte: Er fuhr auf dem Kreuzfahrtschiff „Europa“ mit und war als Restaurantleiter in einem Michelin-Stern-Restaurant tätig. Heumann ist Sommelier und im Pier 6 gibt es exzellente deutsche Weine. Mein Silvaner aus Rheinhessen Knewitz schmeckte wunderbar zur Vorspeise und Hauptgang. Die Labskauspralinen waren schmackhaft und rundeten sich weich zum Salat ab. Das SKREI-Filet war köstlichst und bestens mit den Beilagen abgestimmt. Den Edelfisch gibt es nur von Januar bis Ostern und ist selten im Restaurant zu bekommen – unbedingt bei Eurem Besuch probieren. Schade, dass es solche Fischrestaurants mit kreativer Küche nicht bei mir in der Region gibt.
Was Ihr sonst noch erleben könnt
- Janett hat einen ganzen Tag im Fischereihafen verbracht, ist ebenso in die Havenwelten eingetaucht und einen Fisch-Kochkurs besucht
- Das Deutsche Schifffahrtsmuseum liegt direkt an der Weser und beherbergt spannende Geschichten sowie die älteste Kogge
- Tierisch gut: Zoo am Meer mit Nordseeaquarium
- Ingo berichtet u.a. von der letzten Kneipe vor New York
- Weitere Ausflugstipps findet Ihr am Ende meines Übernachtungstipps „Atlantic Sail City Bremerhaven„
- Reiseführertipps: Die Deutsche Nordseeküste* und Nordseeküste – Raus und Los! (Amazonpartnerlinks) sind zwei Reiseführer, die sich prima ergänzen.
Offenlegung: Meine Recherchereise wurde vom Atlantic Hotel Sail City und durch Erlebnis Bremerhaven unterstützt. Zum Essen im Pier6 wurde ich vonSteffen Heumann eingeladen. Herzlichen Dank dafür, meine Meinung im Blogbericht bleibt davon unbeeinflusst. Für den Post wurde ich – wie immer in meinem Blog – nicht bezahlt.
[…] ein moderner Stadtteil, der sich entlang des Weserdeichs erstreckt. Hier befindet sich auch das Klimahaus, eine faszinierende Wissens- und Erlebniswelt, die eine Reise durch die Klimazonen der Erde […]
Ein wirklich schöner Artikel Tanja! Er erinnert mich daran auch unbedingt bald nochmal nach Bremerhafen zu fahren :-)
Lohnt sich :-)