Warum man mal Gennep besuchen sollte {Grenzlandwochen}

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Oftmals liegen schöne Reise- und Ausflugsziele so nah und man kennt sie gar nicht. So ging es mir mit Gennep. Von diesem Ort hatte ich noch nie gehört. Erst beim Stöbern auf den Webseiten der Grenzlandwochen/Erfgoedfestival fiel mir bei der Recherche nach Ausflugstipps das Örtchen aufgrund der Keramiken auf – und die liebe ich bekanntermaßen. In Gennep kann man sich auf interessante Spuren von Kunst, Kultur und Keramik begeben. Dazu ist der Grenzort umgeben von vielschichtiger Natur.

Grendzlandwochen

„Zwei Nachbarn – eine Geschichte“ lautet das Motto der Grenzlandwochen. 2018 finden sie vom 23. Mai bis zum 22. Juli statt. Das Erbgutfestival ruft die einstigen Grenzen wieder ins Gedächtnis: Landesgrenzen, die Grenzen des Herzogtums Geldern, aber auch an Sprachgrenzen und die Grenzen zwischen protestantischen und katholischen Gebieten. In NRW, Limburg und dem Gelderland finden in diesen Wochen verschiedene Festivitäten, Aktionen und Ausstellungen statt. Darüber hinaus gibt es passende Themen als Wander- und Fahrradrouten. Im Kalender dieser Initiative findet Ihr noch anstehende Veranstaltungen. Viele Angebote sind dauerhaft und reizen auch nach diesen Wochen mal den Nachbarn zu besuchen, es gibt spannende Geschichten zu entdecken. 

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Gennep bietet ein Mix aus alten und neuen Häusern

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Bei über 30 Grad konnte ich leider auf meiner Reise hier nicht shoppen gehen…

Ein Bummel durch Gennep

Bei fabelhaftem Wetter überquere ich die deutsch-niederländische Grenze und bin wenige Minuten später im Zentrum von Gennep. Parkplätze sind reichlich vorhanden. Ich bummele durch die Einkaufsstraßen. Im Gegensatz zu so manchen Orten bei uns flanieren viele Niederländer reichlich bepackt mit Einkaufstaschen durch die Läden. Mich reizt ein Käseladen, doch bei 30 Grad im Schatten lohnt leider ein Kauf nicht. Bei einem Taschenladen werde ich dafür schwach. Das Städtchen ist ein Mix aus alten und neuen Häusern. Die Läden und die Atmosphäre mit vielen Cafés sind einladend.

Gemütliche Cafés locken zum Verweilen

Stadsherberg Gennep

Ein schattiges Plätzchen in der Stadsherberg Gennep wird in dem gut besuchten Café gerade frei. Es ist Lunchzeit und die Essen der Nachbartische sehen gut aus. Ich zücke meine Übersetzungsapp von Google, um nicht wie letztens Schiffsbruch mangels Sprachkenntnisse zu erleiden und entscheide mich für einen Croque mit Shrimps und Lachs. Zum Koffie verkeerd schmeckt es wunderbar. Dabei beobachte ich das Treiben der Stadt.

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Ein Koffie verkeerd im Schatten und dazu Leute beobachten – das mache ich gern.

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Croque mit Shrimps und Lachs: Lecker!

Kunst, Keramik und Heimatgeschichte

Gennep war früher durch seine Keramiken bekannt. Heute gibt es dazu eine 25 km lange Fahrradroute. Im Land der Maas und Niers haben sich über Jahrhunderte Lehm abgelagert, das wusste man schon früh in Gennep zu nutzen. Ich besuche das Museum het Petershuis in der Innenstadt gleich beim historischem Rathaus. Geschichte(n) des Ortes haben viele Freiwillige gesammelt und hier aufbereitet, dazu wird Kunst von regionalen Künstlern ausgestellt.

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Bilder des lokalen Künstlers Jurrien Dibbels

Im Keller des Hauses ist es bei der heutigen Hitze angenehm kühl. Hier lässt es sich gut aushalten. Ich bestaune die prähistorische Sammlung. Auch Funde aus der Römerzeit sind ausgestellt.
Gleich neben dem Museum führt John mich zu einem neuen Kunstwerk: Der Ellen Hofplain bietet einen einmaligen Mosaikplatz aus Ton. Er wurde vom Künstler Frans Smeets zusammen mit den Einwohnern der Gemeinde entworfen. Auf dem großen Zierbrunnen spiegelt sich die Sonne und lässt das Mosaik besonders glänzen. Darüber hinaus wurden 14 Kreise zu unterschiedlichen Themen erschaffen – Fussball darf in den Niederlanden natürlich nicht fehlen.

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Geschichte, die verbindet: Kunst, Keramik und Historie – Fussball darf natürlich nicht fehlen

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Ein Herz für die Kunst

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Die Bürger von Gennep haben selbst das Mosaik mit gelegt

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Ein Brunnen bildet den Höhepunkt des künstlerisch gestalteten Ellen Hofplain Platzes

Im Ortsteil Milsbeek von Gennep kann man nicht nur alte Tonkunst bewundern, sondern in der restaurierten Blumentopffabrik De Jacobsladder kann man Künstlern beim Töpfern über die Schulter schauen. Die Öffnungszeiten sind leider begrenzt. Ich habe an meinem Besuchstag leider Pech. Für Keramikliebhaber: Im September findet jährlich in Gennep Milsbeek die internationale Keramisto statt, eine der größten Keramiktöpferwerke Europas.

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Tonkunst im Stadtmuseum

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Damals eine Keramik-Hochburg: Gennep

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Im Museum gibt es Tonkunst zu bestaunen

Neben Keramik und Kunst kommt die Heimatgeschichte im Museum nicht zu kurz. Die Geschichte des Ortes hat immer wieder etwas mit Grenzen zu tun. Die Maas und Niers waren wichtig für den Ort und eine natürliche Grenze.

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Die Maas als natürliche Grenze

Aus kriegerischen Gesichtspunkten – so berichtet mir John Silvertand – hat Limburg nicht umsonst eine längliche Form. Die Region der Niederland war als Schutzwall errichtet worden. So liegt auch Gennep genau einen Kanonenschuss von der Grenze entfernt. „Erlebe die Geschichte in Gennep“, ermuntigt mich der ehemalige Zahnarzt, der die Geschichte zu seinem intensiven Hobby gemacht hat. Schon die Kelten waren in Gennep, Römer hinterließen ihre Spuren und auch neuzeitlich gibt es eine Menge zu sehen.
Im Museum ist der Boxteler Bahn ein besonderer Bereich gewidmet. Mit ihr konnte man damals Rhein und Maas überqueren. Die Maasbrücke war strategisch die längste Militärbrücke. Gennep wuchs über die Jahre zu einem bekanntem Schienenstädtchen heran. Hier gab es einst den größten Grenzbahnhof der Niederlande. Es war die schnellste Verbindung zwischen London, Berlin und St. Petersburg. In Gennep hielten viele Fürsten und auch der deutsche Kaiser und russische Zar stoppten hier auf der Reise zu ihren Verwandten.

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Die Boxteler Bahn ließ damals Gennep zu einem bekannten Städtchen wachsen.

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Die Bahn die Geschichte schrieb

Kirche ohne Schiff

Hinter dem Rathaus steht einsam ein Kirchturm. Schaut man genauer hin, so sieht man  ein großes Fenster, wo einst ein Kirchenschiff angeschlossen haben musste. 1868 erbaut wurde in den letzten Kriegsjahren das Kirchenschiff zerstört. Der Turm ist heute Mahnmal und gedenkt an die Zerstörungen des zweiten Weltkrieges. Im Turm findet Ihr Martinustoren, ein Besucherzentrum, dort gibt es noch mehr regionale Historie und Grenzgeschichten zu entdecken.

Die Kirche ohne Schiff

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Damals Kirche, heute ein Turm mit Besucherzentrum

Was das Besondere an Gennep ist?

Ist es die Natur, die Geschichte, die Lage oder die Menschen? Ich denke, es ist von allem etwas. Als ich mich mit John auf ein kühles Getränk im Schatten auf den Platz vor dem Rathaus setze, wird die sommerliche Atmosphäre von Livemusik aus Nicaragua untermalt. Es umringen uns viele Einheimische, klatschen im Takt und freuen sich an der Darbietung. Das ist „Sommertime“, ein Sommerfest, welches jeden Samstag in Gennep unter einem anderen Motto veranstaltet wird. Dieses Wochenende ist dem fernen Land gewidmet und rund um das Rathaus gibt es neben Musik auch einige Aktionsstände. Es ist gut gefüllt, aber nicht übervoll – der Charme einer kleinen Stadt.

Gennep, Niederlande, Limburg, Grenzgebiet

Stadtfest in Gennep – im Sommer jedes Wochenende zu einem anderen Motto

Die Genneper haben auch ein besonderes Herz für Tiere. Als sich vor einigen Jahren Störche auf dem Rathaus ein Nest suchten, wählten sie ausgerechnet den Schornstein, der noch in Betrieb war. Statt Umsiedelung beschlossen die Mitarbeiter der Stadt, es werde die Heizung abgestellt. So berichtet mir John, dass die Störche in Ruhe ihr Nest bauen und Nachwuchs groß ziehen konnten, während die Mitarbeiter dafür noch im kalten März mit Strickjacke und Pullover ihre Arbeit verrichteten. Als Dank sind die Vögel immer wieder gekommen. Heute bleiben sie inzwischen dauerhaft in Gennep. Leider waren meine Aufnahmen alle verschwommen geworden (warum auch immer). Aber wenn nicht live, könnt Ihr die Vögel via Webcam besuchen.

Gennep, Niederlande, Holland, Limburg

Das Rathaus – oder auch Stadthaus genannt – von Gennep

Aufgrund der Grenzlage hat Gennep eine wechselreiche Geschichte. Davon könnt Ihr noch viel mehr direkt vor Ort erleben. Außerdem ist Gennep umgeben von wunderschöner Natur: Die Moränenlandschaft, die Maashecken und die Maasdünen. Alle haben jeweils ihre eigene besondere Entstehungsgeschichte, Flora und Fauna. Als ich Gennep wieder verlasse cruise ich mit dem Cabrio ein wenig um den Ort und Nachbarlandschaften –  es ist wirklich traumhaft!

Videointerview mit John Silvertand

Regionale Geschichte und Natur ist sein Hobby. Seine Augen leuchten als mir John Silvertand viele interessanter Einblicke zu seiner Wahlheimat gibt. 67 ist der ehemalige Zahnarzt, dafür aber rege und im Social Web umtriebig. Er betreibt mit Gleichgesinnten leidenschaftlich die Website Martinustoren. Dafür wird beachtliches Foto- und Filmmaterial aufbereitet. Er hat mir vor laufender Kamera ein Interview gegeben.

Gastrotipp in der Nachbarschaft: Augenblick Skylounge (Kleve)

Der Sommertag in Gennep anläßlich der Grenzlandwochen geht schnell vorbei. Am nächsten Tag bin zu Gast im Huis Bergh, so dass ich am Abend im benachbarten Kleve einkehre. Mein Navi führt mich in ein Industriegebiet und einem großem Kinoareal. Ich denke mir, das ist falsch und mag wieder umkehren, als ich das Schild zur Augenblick Skylounge entdecke – für Auswärtige sicher ein Geheimtipp. Hier kommt man nicht durch Zufall hin.

Grenzlandwochen, Kleve, Skylounge Augenblick

Dachterrasse der Skylounge Augenblick in Kleve

Einen Empfang gibt es nicht. Stattdessen wird man mit einem TV begrüßt und animiert, in den rechten Fahrstuhl bis zur sechsten Etage zu fahren. Ich hole meinen Zimmerschlüssel und mache mich kurz frisch. Das fällt allerdings schwer, da die Klimaanlage nicht angeschaltet wurde und das Zimmer wie ein Brutkasten erhitzt ist. Ich schalte sie an und hoffe auf Besserung nach dem Abendessen.

Grenzlandwochen, Kleve, Skylounge Augenblick

Kühler Cocktail über den Dächern von Kleve

Grenzlandwochen, Kleve, Skylounge Augenblick

Skylounge Augenblick in Kleve

Grenzlandwochen, Kleve, Skylounge Augenblick

Von der Skylounge Augenblick kann man in der Ferne die Dächer der Schwanenstadt sehen

Hoch über den Dächern der Schwanenstadt Kleve lasse ich den historisch geprägten Ausflug nach Gennep in modernem Ambiente ausklingen. Der Wind weht angenehm in den luftigen Höhen der Skylounge. Der Service ist sehr freundlich. Ich lasse es mir gut gehen.

Grenzlandwochen, Kleve, Skylounge Augenblick

Sommerlich lecker: Burrata in der Skylounge

Grenzlandwochen, Kleve, Skylounge Augenblick

Auf den Punkt richtig! Selten so ein gut zubereitetes Steak gegessen!

In der Gegend hätte ich nicht so ein vorzügliches Restaurant erwartet, muss ich zugeben. Mein Burrata als Vorspeise war sommerlich angemacht. Das Steak war auf den Punkt gegart und schmeckte mit dem noch leicht bissfestem Gemüse wunderbar.
Anschließend wollte ich in der 5. Etage nächtigen. Daraus wurde allerdings nichts. Ich habe alle Einstellungen der Klimaanlage ausprobiert, die Hitze im Zimmer ließ sich leider nicht bändigen. Das Fenster ließ sich auf Kipp nur wenige Zentimeter öffnen. Nach dem gelungenen Tag wäre ich gern geblieben, aber bei der Hitze ging es nicht (und nein, ich hatte nicht die Heizungsfunktion gewählt). 5 Grad wählte ich aus, aber es wurde nicht besser, so dass ich letztlich um 2 Uhr nachts alles einpackte und nach Hause fuhr. 80 km und eine Stunde später lag ich dann im heimischen Bett. Schade! Aber das Essen in der Skylounge lohnt auf jeden Fall.

Offenlegung: Im Rahmen der Grenzlandwochen/Erfgoedfestival wurde meine zweitägige Recherchereise ins niederländische Limburg unterstützt – lieben Dank dafür. Ich erhielt kein Honorar und meine Meinung bleibt wie immer die eigene.

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