Belgien ist weit mehr als Fritten: Flandern überrascht! Statt Klischees von Bier und Fritten zeigen Genussbotschafter wie Julius Persoone, Nick Bril oder Celeste Fryns, wie vielfältig und innovativ Belgiens Küche ist. Urlaub in Flandern ist auch immer eine Genussreise voller Geschmack, Kultur und Identität.
Auf der Rolling Pin in Düsseldorf stehen sie nebeneinander: ein Metzger, der alte Fleischtraditionen neu interpretiert, ein Chocolatier, der mit Schokolade etwas Außergewöhnliches kreiert, und eine Destillateurin, die aus Botanicals und Ideen neue Welten destilliert. Zwischen dampfenden Pfannen, glänzenden Pralinen und dem Aroma eines reifen Käses zeigt sich ein Flandern, das Genuss, Handwerk und Herkunft neu vereint. Was sie verbindet? Goesting – ein flämisches Wort, das Lust, Appetit und Neugier zugleich bedeutet. Genau dieser Twist macht Flandern zu einer der spannendsten Genussregionen Europas.
Julius Persoone – Wenn Schokolade Tomaten küsst
In der Welt von Julius Persoone geht es nicht um süße Versuchung, sondern um Neugier. Der Belgier, Mitte zwanzig und längst mehr als der Sohn des legendären Dominique Persoone, betrachtet Schokolade wie ein Medium, nicht wie ein Produkt. In seiner Werkstatt in Brügge entstehen Pralinen, die Grenzen verschieben – weil sie Geschichten erzählen. Tomate, Basilikum, Sellerie: Gemüse trifft Kakao, Haute Couture trifft Labor. Julius kreiert Desserts für Modehäuser, entwickelt Rezepturen für medizinische Studien und forscht an Texturen, die schmecken, bevor sie verstanden werden.
„Mich reizt das Unerwartete“, sagt er mit leuchtenden Augen. Für ihn ist Schokolade keine Nebensache, sondern eine Sprache aus Kreativität, Wissen und Geschmack. In seinen Händen werden Pralinen zu kleinen Botschaften: präzise, mutig und experimentell. Jede Kreation soll Emotionen wecken und zeigen, dass Geschmack weit über das Süße hinausgeht.
2023 wurde er von Gault & Millau als „Chocolatier of the Year Flanders” ausgezeichnet – eine Anerkennung für Mut, Können und visionäres Denken.
Ein ausführliches Porträt über diesen außergewöhnlichen Chocolatier erscheint demnächst in diesem Blog.



live auf der Rolling Pin in Düsseldorf 2025.
Nick Bril – The Jane als Bühne
Ich bin Fan von ihm. Das erste Mal habe ich Nick Bril beim Event „Flanders Finest” erlebt – nicht nur als Koch auf der Bühne, sondern auch als DJ bei der After-Show-Party in Knokke. Diese Doppelrolle entschlüsselt seine Philosophie: Für ihn ist Kochen eine Inszenierung, Musik ein Rhythmus für den Gaumen und ein Menü eine Dramaturgie.
Der belgische 2-Sterne-Koch verwandelt sein Restaurant The Jane in Antwerpen in ein Gesamterlebnis aus Geschmack, Raum und Klang. „Es geht nicht um Applaus, sondern um Geschichten“, sagt er. Jeder Gang folgt einer Erzählung, jedes Gericht einem Spannungsbogen – von leisen, beinahe meditativen Momenten bis zu kraftvollen Höhepunkten.
Mit der Neueröffnung von The Jane im Oktober 2025 im Antwerpener Hafenviertel Eilandje beginnt für Bril ein neues Kapitel. Die ehemalige Kapelle im Groen Kwartier hat Kultstatus erlangt, doch in der neuen Location findet er, wie er sagt, „mehr Raum für Energie, für Begegnungen, für Klang“. Architektur, Licht und Sounddesign bilden den Rahmen für das, was ihn ausmacht: Präzision, Emotion und Neugier.
Brils Küche verbindet flämische Wurzeln mit globaler Offenheit. Er arbeitet mit regionalen Produkten, doch sein Stil ist international: rau, elegant und unverwechselbar. 2022 wurde er von Gault & Millau zum „Belgian Chef of the Year“ gekürt. Wichtiger als jeder Preis ist ihm jedoch der Moment, in dem im Raum Stille entsteht und Genuss zur Erfahrung wird.



Distillery Fryns – Jenever mit neuem Leben
Die Mutter des Gins – neu destilliert. Man riecht ihn, bevor man ihn sieht: Wacholder, Zitrus und feine Kräuter – ein Duft, der sich durch die Räume der Distillery Fryns in Hasselt zieht. Seit 1887 brennt die Familie hier ihren Jenever, Belgiens älteste Spirituose. Über sechs Generationen hinweg hat sich an der Essenz nichts geändert, wohl aber an der Art, wie man sie versteht. Heute steht Celeste Fryns an der Spitze des Traditionshauses und verbindet Altes mit Neuem: klassisch destillierte Spirituosen und moderne, alkoholfreie Alternativen, die denselben Anspruch an Qualität und Geschmack haben.
„Destillieren ist Verdichten – von Zeit, Pflanzen, Geduld“, sagt sie. Ein Satz, der in jedem Tropfen wiederzufinden ist. Fryns arbeitet mit regionalen Botanicals aus der Region Limburg: Angelikawurzel, Zitronenmelisse, Lavendel und Koriander. Jede Zutat wird einzeln mazeriert, bevor sie in Kupferblasen gebrannt wird – so entsteht ein Aromenspiel, das vom Boden erzählt, auf dem die Pflanzen gewachsen sind.
Doch Celeste denkt weiter. Sie bringt Jenever in die Gegenwart: als Basis für Cocktails und Mocktails, als Begleiter zu Fine Dining, als Ausdruck eines modernen, bewussten Lebensstils. Ihre Kreationen sind elegant komponiert, frisch und komplex zugleich und längst fester Bestandteil der Sternegastronomie, wo Barkeeper und Sommeliers ihre Balance aus Tiefe und Leichtigkeit schätzen.
Wer in Hasselt probiert, schmeckt ein Stück Belgien – flüssig übersetzt in Zeit, Handwerk und Neugier.


Kaasaffineurs Van Tricht – Wo Käse zum Kulturerbe reift
Antwerpen, irgendwo zwischen Hafenluft und alten Steinmauern. Hier befindet sich der Reifekeller der Familie Van Tricht – ein stiller Ort, an dem der Käse zu erzählen beginnt. Frederic Van Tricht führt das Traditionshaus in dritter Generation und gilt als einer der renommiertesten Affineure Europas. Er betrachtet Käse nicht als Produkt, sondern als Kulturgut, das Landschaft, Tier, Milch und Zeit vereint.
Zwischen hunderten Laiben verändert sich hier täglich das Klima: Temperatur, Feuchtigkeit und Mikroflora folgen einer unsichtbaren Dramaturgie. „Reife ist kein Datum“, sagt Van Tricht, „sie ist ein Moment.“ Ein Satz, der seine Philosophie auf den Punkt bringt. Jeder Käse wird von Hand gewendet, gebürstet und begutachtet. Erst wenn sich Textur und Aroma begegnen, gilt er als fertig – oder besser: als vollständig.
Van Tricht arbeitet eng mit Bauern und Produzenten aus Belgien und Frankreich zusammen. Für ihn sind Qualität, Tierwohl und Nachhaltigkeit keine Schlagworte, sondern die Grundlage. Besonders stolz ist er auf die Wiederentdeckung regionaler Sorten, die bereits als verschwunden galten. Wer seinen Käse probiert, schmeckt Flandern: mineralisch, cremig, salzig, manchmal fordernd, aber immer authentisch.
Im Keller der Geschichten reift mehr als nur Käse. Es reift ein Stück Identität – und die Gewissheit, dass Kultur auch in Milch und Zeit geschrieben werden kann. „Jeder Käse ist Teil einer Gemeinschaft”, sagt Van Tricht. „Und genau darin liegt seine Stärke.“


Boerenerf – Die Wiedergeburt des Lambiek
Wer den Fasskeller von Boerenerf betritt, betritt eine andere Zeit. Holz, Feuchtigkeit, gedämpftes Licht – und dieser unverwechselbare Geruch, in dem Geschichte mitschwingt. Hier, in der Zenne-Vallei bei Brüssel, lässt Senna Eilenbosch Biere entstehen, die nicht gebraut, sondern komponiert werden. Lambiek ist ein spontan vergorenes Bier, bei dem wilde Hefen und Bakterien aus der Luft und den Holzfässern die Gärung übernehmen. „Luft und Holz sind Teil des Rezepts“, sagt Eilenbosch.
Boerenerf ist keine Brauerei, sondern eine Blendery. Die Basisbiere stammen aus traditionellen Lambiek-Häusern. Sie werden eingekauft, gereift und neu zusammengesetzt, manchmal mit Wein, Cider oder Honigwein. Das Ergebnis sind Hybride, die sich zwischen Bier und Wein bewegen – eigenwillig und vielschichtig. „Wir blenden nicht, um zu gefallen“, sagt Eilenbosch, „sondern um Spannung zu erzeugen.“
In jedem Glas stecken Natur, Zufall und doch auch Präzision. Jahrgangsunterschiede sind kein Makel, sondern Ausdruck der Region. Viele Kunden sagen, das Getränk erinnere sie eher an Wein als an Bier – und genau das ist gewollt. Boerenerf zeigt, dass Innovation manchmal in der Rückkehr liegt: zur Langsamkeit, zur Geduld und zum Vertrauen. Ein Bier, das mit der Luft gärt, braucht Vertrauen – in die Natur und den eigenen Instinkt.


GOESTING – ein Wort, das Appetit auf Leben macht
Goesting ist kein Marketingbegriff, sondern ein Gefühl, das sich kaum übersetzen lässt. Das flämische Wort steht für Lust, Vorfreude und echtes Verlangen – nach Geschmack, nach Begegnung, nach dem, was neugierig macht.
Hinter der Initiative steht Visit Flanders, vertreten durch Hanne Pluim und Christopher Philipp. Ihr Ziel ist es, Flanderns kulinarische Identität sichtbar zu machen, ohne sie zu inszenieren. „Goesting ist kein Label, sondern ein Netzwerk aus Köchen, Produzenten und Gastgebern, die von einer unabhängigen Jury ausgewählt wurden – Menschen, die mit Überzeugung und Leidenschaft arbeiten und ihre Region durch Geschmack erzählen”, sagt Hanne Pluim.
„Wir zeigen keine Stars, wir zeigen Leidenschaft”, sagt Hanne Pluim. Es geht um die Vielfalt einer Region, in der Käse, Bier, Schokolade und Jenever Teil derselben Geschichte sind. Christopher Philipp beschreibt das Projekt als lebendigen Austausch: „Hier entstehen Ideen, weil sich Menschen begegnen, die dieselbe Neugier teilen.“
In den kommenden Jahren wird Goesting weiter wachsen – als Plattform und als Bewegung. Ein zentrales Projekt ist das geplante Smakhaven in Antwerpen: ein Erlebnis- und Wissenszentrum, das 2030 eröffnen soll. Dort sollen Besucher:innen Flanderns Kulinarik riechen, kosten und verstehen – ein Ort, an dem Goesting Gestalt annimmt.
Und bis dahin? Jede Reise nach Flandern lohnt sich, um nicht nur zu entdecken, was man isst, sondern auch, um zu spüren, wie viel Geschichte, Handwerk und Erfindungsgeist in jedem Bissen steckt.
Weitere Genussbotschafter aus ganz Flandern finden sich hier: www.visitflanders.com/de/goesting.

Senne Eylenbosch und Brecht Hildebrand – Genussbotschafter von Flandern


















