Otranto – die östlichste Stadt Italiens mit einer rätselhaften Kathedrale

Otranto – die östlichste Stadt Italiens mit rätselhafter Kathedrale

Otranto? Noch nie gehört? Dann wird es Zeit, diesen Geheimtipp an Apuliens Küste zu entdecken. Hier, wo Italien am weitesten nach Osten reicht, wartet eine reizvolle Mischung aus historischer Altstadt, entspanntem Strandleben und köstlicher apulischer Küche.

Otranto – ein Name, der bei Italienkennern Fernweh weckt. Die Stadt im äußersten Osten Apuliens ist geprägt von einer Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Hier, wo die Adria auf das Ionische Meer trifft, mischt sich das geschäftige Treiben eines modernen Badeortes mit dem Charme einer historischen Altstadt. Frühmorgens, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Fassaden der Palazzi in warmes Licht tauchen und aus den Bars der Duft frisch gebrühten Caffès dringt, zeigt sich Otranto von seiner schönsten Seite. Dann zelebrieren Einheimische wie Besucher das dolce far niente, das süße Nichtstun, bevor der Tag seinen Lauf nimmt.

Zeit am Meer kann man nie genug haben, oder?

Castello Aragonese – die Festung am Meer

Beim Spaziergang durch die autofreie Altstadt von Otranto fühlt man sich wie ein einem lebendigen Geschichtsbuch. Die strategische Lage an der Meerenge, die Adria und Ionisches Meer verbindet, machte die Stadt über Jahrhunderte hinweg zum Objekt der Begierde. Ende des 15. Jahrhunderts erbaut, diente es über Jahrhunderte als Bollwerk gegen Angreifer, die von der See her kamen. Beeindruckend sind die massiven Mauern und die drei imposanten Türme, von denen man heute atemberaubende Panoramablicke auf die Stadt, das Meer und die umliegende Landschaft des Salento genießen. Einst Schutz gegen osmanische Angriffe, beherbergt das Castello heute Kunstausstellungen und kulturelle Veranstaltungen.

Das Castello Aragonese: Mächtige Mauern erzählen von Otrantos bewegter Vergangenheit.

Das Castello Aragonese: Mächtige Mauern erzählen von Otrantos bewegter Vergangenheit.

Von der Altstadt bis zum Strand: Entspannt flanieren entlang Otrantos malerischer Uferpromenade.

Von der Altstadt bis zum Strand: Entspannt flanieren entlang Otrantos malerischer Uferpromenade.

Kathedrale von Otranto: Ein Mosaik voller Rätsel

Die Kathedrale Santa Maria Annunziata ist ein Kunstwerk von europäischem Rang. Geweiht wurde sie bereits 1088, vollendet etwa Mitte des 12. Jahrhunderts. Doch besonders beeindruckend ist das riesige Bodenmosaik aus den Jahren 1163 bis 1165, geschaffen von Pantaleone, einem Mönch des Basilianerordens. Mit beeindruckenden 57 x 28 Metern – also fast 1.600 m² – zählt es zu den größten und am besten erhaltenen mittelalterlichen Mosaiken Europas. Rund 700 einzelne Geschichten aus Bibel, Mythologie, griechischen Sagen, Sternzeichen und arabischen Fabeln sind hier kunstvoll miteinander verwoben. Zentraler Blickfang ist der mächtige „Baum des Lebens“.
Das Bodenmosaik der Kathedrale von Otranto gibt bis heute Rätsel auf, weil es eine einzigartige Mischung aus religiösen, mythologischen, astrologischen und weltlichen Symbolen zeigt. Historiker und Kunstexperten versuchen seit langem, die genaue Absicht und tiefere Bedeutung dieser komplexen Bilderwelt zu entschlüsseln. Es gibt Vermutungen, dass das Mosaik nicht nur Geschichten erzählt, sondern auch eine Art geheimen Wissens- oder Moralkodex enthält, der möglicherweise nur Eingeweihten verständlich war. Besonders der „Baum des Lebens“ im Zentrum des Mosaiks, der Himmel, Erde und Unterwelt verbindet, lässt Interpretationsspielraum und macht es zu einem der spannendsten Kunstwerke des Mittelalters.

In der Kapelle der Märtyrer, am Ende des rechten Seitenschiffs, begegnet man einem eindrücklichen Mahnmal der Geschichte: Hier ruhen die Gebeine der über 800 Männer, die 1480 den Osmanen mutig widerstanden und dafür ihr Leben ließen. Die Kapelle wurde im Auftrag von Ferdinand I. von Neapel erbaut. Hinter dem Marmoraltar steht der „Stein des Martyriums“, auf dem nach Überlieferungen die Enthauptungen stattfanden. Diese Kapelle und Kathedrale sind wirklich etwas Besonderes.

Im beeindruckenden Mosaik verbirgt sich eine geheimnisvolle Symbolwelt.

Im beeindruckenden Mosaik verbirgt sich eine geheimnisvolle Symbolwelt.

Biblische und mythologische Szenen im größten Mosaik Apuliens.

Biblische und mythologische Szenen im größten Mosaik Apuliens.

Tipps für Genussmomente am Meer

Neben Kultur reizt mich natürlich immer gutes Essen und das Meer! Apulien steht für Genuss, und Otranto ist da keine Ausnahme. Direkt an der Strandpromenade liegt die kleine, unscheinbare „Fisotti Gelateria“. Ihre Granita schmeckt herrlich frisch und hat eine feine Textur, auch das Gelato wird aus besten Zutaten handwerklich hergestellt – ein echter Genussmoment direkt am Meer: die Wärme der Sonne auf der Haut spüren, es sich am Strand oder auf einer Bank an der Promenade bequem machen und aufs Meer schauen. Ein Moment, der für mich ewig dauern könnte!

Genussmomente mit mediterranem Flair direkt am Meer erleben.

Genussmomente mit mediterranem Flair direkt am Meer erleben.

Mittags lockt mich wieder die Lungomare, die Uferpromenade von Otranto. Natürlich, hier reihen sich die Restaurants aneinander, und ja, es ist touristisch. Aber der Blick auf das glitzernde Wasser, die salzige Luft in der Nase – das hat schon was. Und wer außerhalb der Hauptsaison kommt, findet auch problemlos ein ruhiges Plätzchen. Im „Santa Marea“, einer Bar mit Restaurant direkt am Meer, stimmt das Gesamtpaket: Der Pulpo ist butterweich, mit genau der richtigen Dosis an Röstaromen, und die Aussicht – schlichtweg fantastisch! Ein Glas kühler Weißwein dazu, das Rauschen der Wellen im Ohr – so schmeckt ein entspannter Mittag in Otranto.

In den kleinen Gassen von Otranto erlebt man Italien so, wie man es sich wünscht.

In den kleinen Gassen von Otranto erlebt man Italien so, wie man es sich wünscht.

Wer in Otranto nicht nur den Meerblick, sondern auch das Besondere sucht, biegt von der Hafenpromenade ab und taucht in die kleinen Gassen der Altstadt ein. Ein kulinarischer Geheimtipp, den ich meinem Gebeco-Reiseleiter Claudio verdanke – und der Mann weiß, wo es in seiner Heimat am besten schmeckt! Das „L’Ortale„, etwas versteckt gelegen, ist so ein Ort. Beliebt bei Otrantini und Individualreisenden, die das Authentische suchen.
Was das „L’Ortale“ ausmacht? Von außen sieht es unscheinbar aus. Es ist die Mischung aus kreativer, aber bodenständiger Küche und einer Atmosphäre, die sofort zum Verweilen einlädt. Hier werden salentinische Klassiker wie Friselle und Focacce serviert, begleitet von einer guten Auswahl lokaler Weine. Und dann der Terrassengarten! Ein Kleinod nach alter salentinischer Tradition: terrassenförmig angelegt mit niedrigen Steinmauern, schattenspendendem Schilf, üppig bewachsen mit Kräutern, Gemüse, Weinreben und Obstbäumen. Zwischen hängenden Tomaten und rustikalen Gegenständen aus bäuerlicher Tradition findet jeder sein schattiges Lieblingsplätzchen. Ein Traum!

Santa Marea – Pulpo mit Meerblick, perfekt gegrillt und butterweich.

Du hast jetzt Lust auf Apulien? Weitere Tipps und Geschichten findest du in meinen anderen Artikeln hier im Blog.

Weitere Fotos des Ausflugs nach Otranto

Offenlegung: Meine Recherchereise durch Apulien wurde von Gebeco Gesellschaft für internationale Begegnung und Cooperation mbH & Co. KG unterstützt – ganz herzlichen Dank dafür! Der Inhalt dieses Artikels ist natürlich davon unbeeinflusst und spiegelt meine eigene Meinung wider. Für den Beitrag erhielt ich kein Honorar.

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2 Kommentare

  1. Vielen Dank für den Geheimtipp. Ich kenne Otranto tatsächlich noch nicht, obwohl wir mit der Familie schon öfter mal in der Region Campingurlaub gemacht habe. Klar, Lecce ist bekannt und vermutlich ist dort auch viel mehr los. Aber dafür dürfte es in Otranto entspannter zugehen. Zumindest sagen das deine Bilder. Werden wir uns jedenfalls mal anschauen.

    • Liebe Frauke, danke für Deinen Kommentar. :-)
      Ich war außerhalb der Saison im April dort, wie es im Sommer ist, kann ich nicht sagen. Bin gespannt, was Du berichtest.
      Liebe Grüße Tanja

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