(enthält Werbung) Städtereisen liegen im Trend. Deutschland boomt als Reiseziel. Herrlich entspannen und besondere Orte genießen funktioniert für mich allerdings nur abseits der Touristenströme. Unentdeckte Städte-Highlights bieten den perfekten Rahmen für eine genussvolle Slow-Travel-Städtereise – zumal meistens neben einer Zeitreise in historische Orte ein malerisches Umland mit schönen Naturerlebnissen einhergeht. Karlstadt im Fränkischen Weinland ist so eine „Underdog-City“. Einst vor hunderten von Jahren auf dem Reißbrett entstanden, genießt man heute Main, Wein, eine schöne Altstadt und die Weinberge!
Inhaltsverzeichnis
Vor Jahrhunderten auf dem Brett geplant
In den letzten Wochen konnte ich schon einige schöne Urlaubsorte entlang des Mains im Fränkischen Weinland entdecken. Karlstadt am Main ist eine Stadt des unterfränkischen Landkreises Main-Spessart und liegt rund dreißig Kilometer nördlich von Würzburg im mainfränkischen Weinbaugebiet. Vorbeifahren wäre ein Fehler, ein Stopp lohnt.
Ich erreiche Karlstadt am Nachmittag und bin wie immer überrascht, wie sich bis zum Abend hin die Franken draußen bei einem Schwätzchen und Schoppen Wein gemeinsam die Zeit vertreiben und genießen. Dabei sind die heutigen Temperaturen nicht gerade für einen lauen Sommerabend einladend. Ich fahre und laufe durch die Gassen, verschaffe mir einen ersten Überblick. In „Karscht bzw. Karscht am Mee“, wie im mainfränkischen Dialekt Karlstadt heißt, trifft Altstadtidylle auf Dorfromantik. 1200 wurde die Altstadt auf dem Reißbrett geplant und bis heute ist der Mustergrundriss der Stadt erhalten geblieben. Konrad von Querfurt war nicht nur Bischof von Würzburg und Hildesheim sondern gründete zur Verteidigung des Territoriums seines Würzburger Bistums Karlstadt nach italienischem Vorbild. Fast rechteckig ist der Grundriss der Altstadt, gerade Wege führen direkt zum Main – ein wichtiger Faktor für Versorgung und Verteidigung. Immer wieder sehe ich durch die Gassen den Main hindurch blitzen.
Auch der Orientierung half man auf die Sprünge und nannte die Gassen nach ihren Bewohnern und ihren Aufgaben bzw. Handwerk: Gerber, Färber, Schuster und Fischer. Über die Jahre wurde Karlstadt aufwändig restauriert. Moderne Häuser wechseln sich mit alten Gebäuden und Fachwerkfassaden ab und ergeben ein stimmiges Gesamtbild. Alte Stadtmauern mit Türmen und Toren umgeben die Altstadt. Der markanteste Turm ist der stolz in rot und weiß emporragende obere Torturm von 1350. Er ist einer der höchsten Stadttürme Frankens und wird im Volksmund Katzenturm genannt: Der letzte Türmer fiel beim Heraufziehen von Brennholz aus einem der oberen Stockwerke, überstand unbeschadet den Sturz wie eine Katze mit mehreren Leben. Mehr Stadtgeschichte gibt es im Ortsmuseum, welches jedoch bis zum nächsten Jahr noch umgebaut wird. Nach der Eröffnung soll hier auch ein großes Weinmuseum sein Zuhause finden.
Wenn fränkische Kulinarik auch mal italienisch sein darf
Abends bin ich in Petras Batzenärrle verabredet. Ein seltsamer Name, denke ich mir, als ich in einem alten Fachwerkhaus am Rande der Altstadt die Stufen nach unten steige. Unten angekommen bin ich überrascht, so einen phantastischen Gewölbekeller vorzufinden. Bis zum letzten Platz ist alles ausgebucht. Diese Art von Keller befindet sich fast unter jedem Haus am Main in Karlstadt. Über Jahrhunderte war der Main die Hauptverkehrsader. Vorräte und Produkte jeglicher Art wurden so in Flussnähe gelagert.
Namensgeber des italienischen Restaurants ist die sagenumwobene Figur Batzenärrle. Kitzingen ist mir inzwischen bekannt für seine skurrilen (Stadt)Geschichten. Daher wundert es mich nicht, dass der Kitzinger Bilderhauer Richard Rother 1925 eine sitzende, lächelnde Figur, die Münzgeld und eine Börse in den Händen hält, das sogenannte Batzenärrle, erschuf. Das vergnügte „Herrle“ mit Zylinder und Pantoffeln zählt seine Heller und Batzen. Man könnte von einer modernen Ausgabe von Dagobert Duck sprechen. Die Karlstadter Filiale der Privatbank Meyer (heute Hauptstraße 35) war Auftraggeber. Man wollte damit zum Sparen anregen. 1965 wurde die Bank geschlossen und der Inhaber verschwand mit seinem Batzenärrle aus Karstadt – die Erinnerung ist aber geblieben und wird im Keller von Petras Batzenärrle gehuldigt. Bei so viel Lokalkolorit genieße ich dann auch gern italienische statt fränkische Küche – das lohnte sich. Neben vorzüglichem Rindercarpaccio als Vorspeise genieße ich hauchdünne, handgemachte Nudeln, die mit Ziegenkäse und Birne gefüllt sind. Eine Käsesoße rundete die Hauptspeise perfekt ab!
Die Burgruine über der Stadt
Verlässt man die Altstadt und tritt durch das Maintor an das Ufer, so steht man vor den Stadtmauern von Karlstadt. Dort kann man übrigens wunderbar parken und vor allem die Karlsburg sehen. Um 1200 wurde aus der alten Befestigungsanlage eine Burg errichtet. Sie diente hauptsächlich in Kriegszeiten als Zufluchtsort. 1525 wurde sie zerstört. Die Reste des alten Gemäuers thronen bis heute als Burgruine am Main gegenüber Karlstadt. Wer möchte, kann in gut einer Stunde den Weg hoch zur Burg erwandern. Der Blick von da aus auf Karlstadt und das Maintal muss phantastisch sein, allerdings sind es einige knackige Höhenmeter, die man überwältigen muss, auch wenn es vom Main aus nur nach einem kleinem Hügel aussieht. Das Burgareal ist frei zugänglich. Eine Gastronomie gibt es oben nicht.
Das besondere Mäuerle – Genuss am Main
Das Maintor bietet einen wunderbaren Blick auf die Burgruine und ist zum Lieblingsplatz der Karlstädter geworden. Eine kleine Mauer vor dem Tor ist zentraler Treffpunkt und lädt zum Verweilen ein. Auch ich lasse mich dort nieder, beobachte das geschäftige Treiben. Einst war hier der Hauptumschlagsplatz für Waren. Heute verwandeln Hochzeitsgesellschaften das malerische Plätzchen zu ihrem Lieblings-Fotospot. Betritt man durch das Tor die Altstadt, umsäumen alte Fachwerkhäuser die Gassen. Hübsche Cafés locken zur Einkehr. Ich entscheide mich für das Mainmäuerle. Während ich meinen leckeren Kuchen und Kaffee genieße, feiert eine Hochzeitsgesellschaft mit gutem Wein die Liebe. Andere Besucher kaufen ihren Schoppen Wein, platzieren sich auf dem Mäuerle am Main und genießen das schöne Ambiente.
terroir f: Ein magischer Ort über Karlstadt
Der Begriff Terroir kommt ursprünglich aus Frankreich und bezeichnet die natürlichen (Standort)Faktoren eines Landes, die Kulturpflanzen wie Wein prägen. Es ist eine Art Charakterbeschreibung für Boden, Klima und weitere Einflüsse. Mit dem Projekt „terroir f“ wurden 12 magische Orte des Fränkischen Weinlandes auserkoren, die zum einem den Besucher an außergewöhnliche Orte der Region führt und andererseits die Besonderheit der jeweiligen Weinregion und Landschaft vermittelt. Jeder terroir-f-Punkt hat einen thematischen Schwerpunkt und beschreibt wie ein Puzzleteil inhaltlich die gesamte Weinregion.
Karlstadt hat seit 2018 einen terroir-f-Aussichtspunkt in Stetten erhalten. Über den Weinberg hinter der Stadt fahre ich vorbei an schönen Rad- und Wanderwegen, tauche tiefer in den Weinberg ein. Der terroir f in Stetten liegt mitten in einer sonnenverwöhnten Steilhanglage im Stettener Stein. Kurz vor dem Aussichtspunkt lasse ich auf den noch gut ausgebauten Straßen beim Parkplatz mein Auto stehen und laufe das restliche kurze Stück zu Fuß. Der Weg ist auf der Höhe fast ebenerdig und gut zu laufen. Ich bin alleine unterwegs. Das Wetter ist leicht diesig und lockt daher vielleicht nicht viele Besucher an diesem Wochenende zum Aussichtspunkt.
An der nächsten Kurve entdecke ich, warum das Thema dieses terroir-f-Punktes „Wein und Main“ ist. Während die Weinblätter im Wind schaukeln, blicke ich vom Berg auf das Maintal – ein bezaubernder Ausblick! Bei guter Sicht kann man bis Würzburg und weit in den Spessart schauen. Was der Main mit seiner Wasserkraft für den Weinbau in der Region bedeutet, vermittelt die Ausstellung beim Aussichtspunkt. Ich lasse die Seele baumeln und genieße den Moment. Ein schöner Platz zum Verweilen. Vorbei an den prallen Weinreben, die in wenigen Tagen reif zur Ernte sind, trete ich den kurzen Rückweg an.
Übernachtungstipp mit Heckenwirtschaft
Ich übernachte gern in Hotels, die mit Luxusangeboten und bestem Service verwöhnen. Andererseits liebe ich auch kleine Pensionen, bei denen man sich ganz persönlich Willkommen fühlt. Die Weinstube und Pension Schwalbennest ist eine gemütliche Unterkunft und ermöglicht eine Übernachtung direkt beim Winzer. Unter 50 Euro kostet ein Einzelzimmer mit Frühstück. Mein Zimmer ist großzügig geschnitten, hat im oberen Bereich ein modernes Bad und sogar einen Balkon. WLAN ist kostenfrei verfügbar und Steckdosen für mein Equipment sind reichlich vorhanden. Das Bett ist so bequem, dass ich am nächsten Tag gerne länger geschlafen hätte. Dabei lockt Elisabeth Kohlmann mit einem leckeren Frühstück in der Weinstube. Rustikal öffnet dieser Gastraum auch zu ausgesuchten Zeiten die Türen für eine Heckenwirtschaft – leider nicht zu meiner Reisezeit. Bei Interesse an einem Abend in der Stube mit gutem Wein und fränkischem Essen solltet Ihr allerdings reservieren, denn die Plätze sind bei Einheimischen und Besuchern sehr beliebt.
Kurzfilm zu Karlstadt am Main
Diese kleinen bunten Häuser haben mein Herz gestohlen! Sieht wunderschön aus
Danke für den schönen Reisebericht über Karlstadt! Ich kenne das Städtchen und fahre immer wieder gerne einen Umweg, um dort etwas zu essen, Kaffee zu trinken oder einfach mit dem Hund für einen Spaziergang die Fahrt zu unterbrechen.
Die Altstadt von Karlstadt ist – wie viele der alten Städtchen am Main- zu bestimmten Jahreszeiten vom Mainhochwasser bedroht. Hier hat man interessante Lösungen gefunden, der Überflutung entgegenzuwirken. Im Bereich der mainseitigen Öffnungen in der Stadtmauer gut zu erkennen und auch beschrieben. Moderne Lösung, ohne dem alten Gemäuer Gewalt anzutun!