Wie man in geheimer Mission und dennoch nicht unentdeckt in Oberhausen unterwegs ist…
“Wir haben Sie beobachtet! Haben Sie es gemerkt?” klingt eine tiefe Stimme durch den Lautsprecher. Ich halte inne, schaue mich um. Hinter mir sehe ich nur einen dunklen, leeren Gang. Schummriges Licht umgibt mich. Ich nähere mich dem Lautsprecher und entdecke einen Bildschirm. Wie bei Überwachungskameras üblich, flackern in schwarzweiß verschiedene Räume über den Monitor. Ich trete noch näher und erfahre von der Stimme, wie und wo man mir auf den ersten Metern nachspioniert hat – und ich habe es nicht bemerkt!
Ich bin im Spionage Museum in Oberhausen und erst wenige Meter durch den Eingangsbereich der über 2.500 qm großen Halle gelaufen. Top Secret ist hier also wörtlich zu nehmen. Erneut dringt die Stimme knisternd aus den Lautsprechern zu mir und fragt mich, ob ich mir schon einmal die Frage gestellt habe, wie und wo Spionage mein Leben berührt. “Seien Sie wachsam…”, warnt mich die dunkle Stimme, “Spionage schläft nie!” Mit diesen Worten erlischt das kleine Display vor mir und lässt mich alleine zurück.
Mit so einem “Museums-Intro” hatte ich nicht gerechnet. Auch damit nicht, heute überhaupt hier zu landen. Eigentlich hatten wir einen Ausflug zum Sea Life geplant. Doch auch wenn der Himmel blau über die Marina an einem Sonntag im Januar schien, war es uns doch zu kalt, anderthalb Stunden vor dem Sea Life anzustehen. Kein Witz, die Schlange vor dem Gebäude war so lang und gab die geschätzte Wartezeit an. Nur durch Zufall haben wir auf dem Rückweg zum Parkplatz das Spionagemuseum entdeckt und haben unser Ausflugsvorhaben spontan umgeändert.
Ohne Anstehen konnten wir schnell in die geheime Welt der Spionage eintauchen. Nach dem wir uns im Agentenbüro a la 007 eingestimmt hatten, betraten wir das TOP SECRET-Lager. In Kisten kunstvoll drapiert bestaunen wir Spionage-Exponate. Fast könnte man meinen, wir wären Mitglied eines Geheimbundes und schauen uns in unserer Schatzkammer um.
Von Agentenmaskerade bis hin zu Waffen in Zahnbürsten oder Schraubenzieher – die Welt der Spionage ist erfinderisch. Das Ganze wirkt wie eine Zeitreise: Von einfachem, historischem Spionage-Equipment bis hin zur raffinierten Agentenausstattung ist alles vertreten. Insgesamt 18 gestaltete Themenbereiche spannen den Bogen vom ersten Weltkrieg bis hin zur heutigen Zeit. An vielen Exponaten sehen wir, dass der Zahn der Zeit genagt hat. Unweigerlich drängt sich uns der Gedanke auf: Wer genau mit diesem Ausstellungsstück wohl ausspioniert wurde? Filmszenen von James Bond laufen im Kopf ab. Doch wohl eher leiser und unauffälliger wird sich in der Wirklichkeit diese Unterwelt abgespielt haben.
CIA, BND, KGB – Was sind eigentlich ihre Aufgaben? Was bedeutete konkret Kalter Krieg? Wie sahen die Spionagetätigen im Nachkriegsdeutschland aus? Auch dazu liefert das Museum zwischen Mythen und Legenden Antworten und bringt in die sagenumwobene Schattenwelt Licht ins Dunkel.
Manche Ausstellungsstücke sind gut abgesichert. In anderen Bereichen lädt Top Secret zum Ausprobieren, Entdecken und Mitmachen ein.
Der „Übungsraum“ für kleine Agenten wurde bestimmt von Tom Cruise mit seiner Mission Impossible inspiriert: Es gilt, einen Parcours mit Laserstrahlen zu bewältigen und man kann an weiteren Stellen testen, ob man das Zeug zum Agenten hat. Einen Moment überlege ich, ob ich nicht doch auch das Übungsareal betrete und über die Lichtschranken turne, doch für mich wären die Abstände der Lasersignale doch eindeutig etwas zu schmal ;-) Für Kids und Bewegungsathleten sicherlich ein Spaß.
Für große Kinder wie mich war der Erlebnisfaktor des Museums etwas gering gehalten, doch da sind die Geschmäcker sicher unterschiedlich.
Als wir uns dem Ausstellungsbereich Chiffrierung und Codierung nähern, muss ich schmunzeln. Vor mir müht man sich an einer Übungsaufgabe zur ROT13 ab – das ist das kleine 1 x 1 des Geocachers ;-) Interessiert nähere ich mich den Exponaten zur Enigma (Geochacher werden wissen warum) und betrachte ehrfürchtig die Verschlüssungstechnik. Kryptologie kann spannender sein als manch Krimi und hat mich beim Codeknacken schon so manche Stunden in der Nacht gekostet…
(Exkurs: Beim Geocaching gibt es auch sogenannte Mystery-Caches, die erst nach Lösung eines Rätsels oder aber auch Endcodierung eines Codes die Koordianten des Verstecks/Finals verraten).
Ein Spionagemuseum wäre kein Spionagemuseum, wenn es aktuelle Entwicklungen außer Acht lässt. Wirtschaftsspionage und Cybercrime werden zahlenmässig bildlich aufbereitet.
Wir laufen vorbei an einem Wohnzimmer. Fast hätten wir es links liegen gelassen und ich sehe noch so gerade im Augenwinkel: War ich das da eben noch auf dem Fernseher? Wieder zwei Schritte zurück und ich erkenne mich deutlich auf dem Flachbildschirm in aufgebauter Wohnzimmeratmosphäre. Ausspionieren in den eigenen vier Wänden eine Zukunftsvision? – Wohl kaum. Mir wird es etwas unbehaglich.
Auch der nächste Raum appelliert an die eigene Achtsamkeit: Viren, Trojaner, Würmer. Die letzten Ausstellungsthemen zeigen deutlich, wie und welche Spuren man im Web hinterlässt. Nur ob das jedem bei unseren Onlineaktivitäten so bewusst ist, ist fraglich. Spätestens hier habe ich den Entschluss gefasst, noch einmal wieder zu kommen und mit meinen Neffen auf geheime Mission zu gehen. Denn sich einmal bewusst zu machen, wer so alles ein Auge auf einen wirft, ist nicht nur ein interessanter Ausflugsnachmittag, sondern auch lehrreich.
Was Ihr für Euren Spionageeinsatz im Oberhausener Erlebnismuseum wissen solltet:
- Adresse: Zum Aquarium 2, Oberhausen
- Parkplatz: Vor dem Museum vorhanden. Beim Eintrittspreis haben wir 2 Euro Parkgebühr entrichtet.
- Eintrittspreise: Erwachsene zahlen 12,50 Euro, Kinder je nach Alter 5 – 8 Euro; es gibt verschiedene Ermäßigungen. Schaut hierfür am besten im Detail auf die aktuellen Angaben der Website.
- Öffnungszeiten: Wochentags 12 – 18 Uhr, am Wochenende schon ab 11 Uhr geöffnet. Montags ist Ruhetag und jeden 1. Mittwoch im Monat ist bis 21 Uhr geöffnet.
- Besucherführungen können mit Voranmeldung gebucht werden. Je nach Gruppengröße beträgt der Preis für die Führung zusätzlich zum Eintrittspreis 3,50 oder 7 Euro pro Person.
- Wechselnde Themen: Es gibt im Laufe des Jahres verschiedene Themenausstellungen, diese muss vor Museumseintritt zusätzlich bezahlt werden. Wir haben diese Möglichkeit bei unserem Besuch nicht genutzt.
- Café: Im Eingangs-/Ausgangsbereich besteht die Möglichkeit, sich bei einem Kaffee oder Getränk auf den Besuch einzustimmen oder die Spionageeindrücke anschließend zu verarbeiten. Alle Getränke gibt es an der Museumskasse. Sitzmöglichkeiten sind vorhanden.
- Gaderobe: Trotz der Kälte draußen haben wir die Halle und den Ausstellungsbereich als sehr warm empfunden. Jacken können auf eigene Verantwortung ohne Kosten an dafür bereitgestellte Kleiderständer am Eingang aufgehängt werden.
- Hunde dürfen nicht in das Museum.
- Besuch des Ausstellungsbereiches ist auch mit einem Rollstuhl möglich.
Öh, gerade entdeckt und für spannend befunden und nun schließt das Museum? :/
Das ist ja mal ein interessantes Museum – Danke für den Tipp und die schönen Fotos.
Das hört sich ja ganz klasse an. Wenn das nicht sogar eine interessantere Alternative als Sea Life gewesen ist. Okay, das ist natürlich wie Äpfel mit Birnen vergleichen, aber ich hätte das Museum auf jeden Fall vorgezogen. Kommt direkt mal auf meine Merkliste.
Danke für den Tipp, liebe Tanja.
LG Heike