Urk und Schokland: Vom großen Zauber der kleinen Inseln, die keine Inseln mehr sind

Urk, Flevoland, Holland, NiederlandeDer Hafen von Urk

Es regnet. Ich haste hin und her. Die Flucht vor Regen scheint aussichtslos. Der Wind peitscht durch die Gassen. Wasser läuft mir in den Kragen. Die Kamera stopfe ich unter die Jacke. Meine Stimmung sinkt. Frustriert nehme ich geschlagen zur Kenntnis, dass auch der dritte Kurzurlaub dieses Jahr für mich in ein Schlechtwettertief fällt. Plötzlich passiert es. Es ist wie ein Glücksgefühl, die nörgelnde Stimmung unversehens vertrieben. Innehalten, den Moment genießen. Manche Orte haben Magie. Urk ist so ein Ort, ein Ort zum Verlieben!

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Der Hafen in Urk

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Die Luft schmeckt salzig – ich liebe das Meer bei jedem Wetter!

Urk – Uriges Fischerdorf am IJsselmeer

Der Wind drückt Wasser in den Hafen. Die Schiffe schaukeln. Ungleichmäßige helle Glockentöne schallen von den Schiffstauen und der Reling der Schiffe zu mir herüber. Auf einmal ist mir der Regen egal. Verstaue die Kamera in den Rucksack und genieße den Moment. Möwen kreischen vereinzelt über mir. Die Luft schmeckt salzig auf den Lippen. Die Luft riecht frisch nach Meer und Kindheit. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hafenquais liegen Schiffe in der Werft, warten darauf, wieder ins Meer zu können. Einige Cafés und Restaurants säumen den Hafen. Kleine Gassen führen in die Stadt mit pittoresken kleinen einstigen Fischerhäuschen. Eine malerische Szenerie – selbst bei diesem Regenwetter!

Urk, Flevoland, Holland, Niederlande

Auch bei Regen begeistert mich der Hafen von Urk

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In der Werft im Hafen wird fleißig gearbeitet

Urk als Fischerdorf zu bezeichnen, greift zu kurz. Heute wohnen in der Stadt über 20.000 Einwohner und mit über 55 Betrieben in der fischverarbeitenden Industrie ist Urk in Holland keine kleine Nummer. Fischerei gehörte schon immer zu Urk. Die Geschichte reicht Jahrhunderte zurück. Urk liegt seit 1942 an der Westseite des Noordoostpolders an der Küste des IJsselmeeres. Die einstige Halbinsel war davor eine Insel fernab vom Festland. Noch heute reden die Urker davon, nicht „in“ sondern „auf Urk“ zu leben. Das Inselfeeling spürt man auch heute noch, wenn man durch den historischen Ortskern geht. Dieser hat sich im Laufe der Jahre auf einem kleinen Lehmhügel zurückgezogen. Dieser erhöhten Lage ist zu verdanken, dass es diesen Teil von Urk heute noch gibt. Ursprünglich soll es auf Urk fünf Orte gegeben haben. Sie sind im Laufe der Jahrhunderte bei Stürmen in den Fluten untergegangen.

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Fischerei gehört zu Ork seit Jahrhunderten

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Ein kleines Ausflugsböötchen lockt bei besseren Wetter zu einer Tour

Funfact: Sonntags soll der kleine Ort von Einheimischen wie leergefegt sein. Diese trifft man dann alle in der Kirche an. Bis heute ist nicht nur der Urker Dialekt erhalten geblieben sondern auch die strenge Gläubigkeit. 23 Kirchen zählt der kleine Ort. Urk soll einer der geburtsreichsten Orte der Niederlande sein.
Sonntag ist für den Urker ein Tag der Ruhe. Am besten besucht Ihr den Ort daher auch Samstags oder innerhalb der Woche.

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23 Kirchen gibt es in Urk

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Vom Hafen aus starte ich meine kleine Tour durch die Gassen von Urk

Ab durch die Ginkies

Ein Grund, was Urk so schnuckelig macht, sind die kleinen Gässchen. Ginkies werden sie genannt und durch manche kommt man gerade so als Fußgänger durch. Vom Hafen aus gehe ich durch diese kleinen Wege, schaue durchaus dem ein oder anderem Urker in die Wohnung. Spannend, wie ich finde. Bei dem Regen habe ich für meinen Teil eine Führung durch den historischen Dorfkern ausgeschlagen und bahne mir selbst den Weg den Hügel hinauf. Wer wie Ingo an einer Führung teilnimmt, bestaunt nicht nur die malerischen Fischerhäuschen sondern erhält eine Menge Hintergrundwissen. Beispielsweise ist das Ortsbild so einheitlich, weil jeder Hausbesitzer die markante grüne Farbe kostenlos zur Verfügung gestellt bekommt, um Zäune, Türen und Fenster einheitlich zu streichen.
An jeder Ecke gibt es schöne Sachen zu entdecken. Urk lebt durch die kleinen Momente.

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Fast jedes Fischerhäuschen hat eine ander Deko, aber alles stimmig zum Ort

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Einheitlich und doch ganz individuell sind die Häuschen in der Altstadt

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So ein Haus könnte mir auch gefallen

Fischerdenkmal und Meeresbrise

Ich stehe neben dem „Het Vissersmonument“ und schaue auf das raue, aufgewühlte IJsselmeer. Links neben mir der alte Leuchtturm, vor mir das Meer mit einer schier endlos erscheinenden Windräderfarm. Es ist eines der höchsten Punkte von Urk und der Ausblick wunderbar. Das Meer. Mich kann man stundenlang davor parken. Ob Wind, Sonne, Sturm oder Regen – das Meer fasziniert mich mit all seinen Gesichtern. Die endlose Weite bis zum Horizont lässt mich auch bei Regen träumen.

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Das Fischerdenkmal „Het Vissersmonument“ auf dem Hügel von Urk

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Schön aufpassen…

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Der Leuchtturm von Urk

Der Leuchtturm von Urk liegt am höchsten Punkt des Ortes. Rund 18 Meter ist er hoch und stammt aus dem Jahr 1844. Er kann besichtigt werden. Einst handbetrieben funktioniert er inzwischen vollautomatisiert.
Mein Auto habe ich vor dem Denkmal auf dem kleinen Parkplatz abgestellt. Von hier erhalte ich zwischen den kleinen Fischerhäusern einen Blick aufs Meer. Hier hätte ich noch Stunden sitzen können, aber der kleine Hunger kam.

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Ich gebe es zu: Der Regen nervt mich. Aber in Urk habe ich mich dennoch verliebt

Frischer Fisch als Fast Food

Auf meiner Fahrt auf der Tulpenroute habe ich mein Mittagsimbiss heute ausfallen lassen. So langsam könnte ich allerdings etwas vertragen. Urk ist bekannt für seinen frischen Fisch und ich steuere im Hafen Baarrsen an – ein Fischspezialitätengeschäft. Die Schlange geht trotz Regen bis weit auf die Straße. Hier bin ich bestimmt richtig und reihe mich ein. Die Menschenmenge lichtet sich schnell. Es wird rasch bedient. Kaum stehe ich vor der Theke und der großen Auswahl und kann ich mich nicht entscheiden. Kurzerhand schließe ich mich meinen Vorgängern an: Einmal Kibbeling mit einer Tüte Pommes und Frittensauce – eff Mayo wird das nur bei uns genannt.

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Kibbeling mit einer Tüte Pommes und Frittensauce bei Baarrsen

Ich setze mich in den Bistrobereich, weiter hinten entdecke ich ein Restaurant. Die Besuchermenge reißt nicht ab. Viele Urker kaufen ihren Fisch bei Baarrsen für zu Hause ein. Mein später Mittagsimbiss war köstlich. Warum ich diesen „Snack“ dennoch bedauern sollte, lest Ihr etwas später weiter unten…

Ein Killerwal in Urk

Was haben Urk und Orca gemeinsam? Ich traue meinen Augen nicht, als ich mitten im Urker Hafen einen Orca erblicke. Zu Hause lese ich nach, dass Urk ursprünglich als Insel Ork bezeichnet wurde. Urk und Orca sollen vom gleichen Namen abstammen. Das war die Geburtsstunde um 1968 zum 1000jährigen Jubiläum von Urk ein Kunstwerk aufzustellen. Seit dem ziert ein Killerwal den Ortskern.

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Ein Orca in Urk

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Das alte Rathaus von Urk entführt im Museum in die Heimatgeschichte von Urk und der Region in Flevoland

Übernachtungstipp: B&B Morgenster

Die Altstadt von Urk ist sehr übersichtlich. Vom Hafen mache ich mich wieder auf den Weg den Hügel hinauf. Kurz halte ich am alten Rathaus von Urk an und lerne im dortigen Museum etwas über Heimatkunde. Wenige Meter weiter, ein paar Schritte vom Leuchtturm entfernt, liegt meine heutige Bleibe: das Bed and Breakfast Morgenster. Der Wind dreht zum Abend auf dem Hügel mächtig auf, während ich telefonisch meine Ankunft ankündige. Im Windfang des B&Bs warte ich ein paar Minuten, bis der Sohn der Inhaberin aus der Nachbarschaft zu mir stößt.

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Das B&B Morgenster liegt auf dem Hügel in Urk neben dem Leuchtturm

Die Lage ist einmalig. Kaum im warmen, windstillen Raum sehe ich das Meer und möchte gleich zum Fenster gehen. Freundlich werde ich zurückgehalten. Im Morgenster zieht man sich vor Betreten die Schuhe aus. Etwas befremdlich finde ich das, aber natürlich füge ich mich. Und dann sehe ich von der gemütlichen Wohnküche wieder das IJsselmeer. Bei schönem Wetter gibt es eine kleine Terrasse zum Verweilen. Neben Meer liegt der Hafen in Blickrichtung und gleich um die Ecke – was ein herrlicher Platz!

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Der Blick aufs Meer

Mein Zimmer führt mich die Stiege nach unten. Leider gibt es von hier keinen Blick aufs Meer, nur ein kleines Fenster aus dem Keller hinauf. Dafür ist das Bad sehr modern und geräumig, das Bett urgemütlich, dass ich mich jetzt schon auf die Nacht freue. Wenn für Eure Reise noch eines der oberen Zimmer frei ist, würde ich wegen Meerblick auf jeden Fall eines in den oberen Etagen buchen.

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Mein Zimmer im B&B Morgenster. Zimmer im Obergeschoss haben Meerblick.

Der Esstisch dient allen Gästen des Hauses als Frühstücksraum. Wir kommen nett ins Plaudern, ich genieße den Start in den Tag. Vor allem aber: Da ist es wieder, das Meer, dass mich in seinen Bann zieht und ich gemütlich bei einem heißen Tee die Seele baumeln lassen kann.

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Vom modern eingerichteten Wohnzimmer ist es gemütlich, wenn der Wind ums Haus fegt.

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Das Morgenster ist ein Ort zum Übernachten und vor allem, um die Seele baumeln zu lassen…

De Boet – eines der besten Restaurants der Niederlande

Warum ich mein spätes Mittagessen bei Baarrsen bereut habe? Weil ich vergessen hatte, wenig später einem Tisch im De Boet zu haben. So betrete ich am Abend gesättigt das gute Restaurant am Hafen. Es gehört zu den besten Restaurants der Niederlande und ich bin noch satt vom Kibbeling – was für eine Schande! Cees und Zwanie Kramer betreiben das Spitzenrestaurant mit historischem Ambiente. Einst war in dem Gebäude die Urker Dampfergesellschaft untergebracht, heute speist man hier erlesenen Fisch und edle Köstlichkeiten. Der Blick in die Karte liest sich anregend. Die Preise überraschen mich für diese Restaurantkategorie. Ein 3-Gang-Menü inkl. Dessert startet bereits mit 40 Euro.

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Starter im De Boet

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Seeteufel im De Boet

Die Küche ist regional und ausgefallen. Als Starter gibt es Eiercremé mit Spargel, Käsestange und Rote Beete Tatar. Beim Gruß aus der Küche gestehe ich meinem netten Kellner mein Dilemma, dass ich eigentlich noch satt bin. So lasse ich die Vorspeise ausfallen, genieße den Gruß aus der Küche und bitte um eine kleine Seeteufelportion. Am Nachtisch komme ich nicht vorbei und das solltet Ihr auch nicht. Eine wahre Geschmacksexplosion bietet das Joghurteis mit Mango, luftigem Maracuja-Gelee, Basilikum-Biskuit, Sirup aus rotem Pfeffer und Crumble aus weißer Schokolade und Kokosnuss – Geschmacksnoten und das Gemisch der Haptik tanzen auf der Zunge.

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Joghurteis mit Mango, luftigem Maracuja-Gelee, Basilikum-Biskuit, Sirup aus rotem Pfeffer und Crumble aus weißer Schokolade und Kokosnuss

Weltkulturerbe Schokland

Schokland bietet eine einzigartige Kombination aus Kulturgeschichte und Natur. Als ich eintreffe ist der Regen wieder mein treuer Begleiter. Das Museum hatte ich mir größer vorgestellt. Die Holzhäuschen wirken gemütlich.

Schokland, Flevoland, Holland, Niederlande

Zeitreise mit besonderem Inselflair auf dem Festland: Schokland

Auf Schokland zu leben, hieß viele Jahrhunderte ein hartes Leben zwischen Land und Wasser zu führen. Heute liegt Schokland mitten im Noordoostpolder auf dem Trockenem. Die kleine Insel war einst dicht besiedelt. Die Auszeichnung zum heutigen Weltkulturerbe erhält der kleine Landstreifen durch die vielen archäologischen Funde. Selbst ein Fußabdruck eines Menschen von vor 4.000 Jahren wurde hier entdeckt und Siedlungen, die bis zu 10.000 Jahr zurück zu datieren sind. Wandert man heute rund um Schokland soll man an vielen Stellen noch Muscheln finden. Bei dem Wetter spare ich mir den Rundgang, auch wenn solche außergewöhnlichen Funde mich reizen. Eine Führung ist neben dem Museumsbesuch interessant. 

Schokland, Flevoland, Holland, Niederlande

Die Ausstellung kann ich auf englisch nachvollziehen und erfahre viel Wissenswertes zur Zuidersee und Flevoland

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Museumsdorf Schokland

Das Museum gibt in verschiedenen Häusern Auskunft über die Region von früher bis zur Gegenwart. Fischerei und Überseehandel prägten die Inselmenschen, die oft gegen gewaltige Fluten ankämpfen mussten. Überschwemmungen und Sturmfluten waren nicht selten. Im Film im Museum lerne ich, dass es den sogenannten Schoktanz gab. War alles überflutet konnte man nur auf Holzpaneelen laufen. Das war so schmal, dass wenn einem jemand entgegen kam, man sich umarmen und gemeinsam drehen musste: Der Schoktanz.

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Die Kirche von Schokland liegt auf einer kleinen Anhöhe- das hat sie vor vielen Fluten gerettet.

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Schoklands Kirche – früher umgeben vom Meer, heute von Weidelandschaften

Mein Tour führt mich weiter zum Tulpenpflücken, doch leider ist auch bald ein Ende meines Kurztrips nach Flevoland in Sicht. Nach dem mich die nahe gelegenen holländischen Hansestädte schon begeistert haben, habe ich mich in Urk verliebt. Ich freue mich schon jetzt auf das Wiederkommen – dann ohne Regen wäre nett, Petrus! ;-)

Flevoland – auch rund um Urk und Schokland – ist die Region der Niederlande mit den meisten Tulpenfeldern

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Offenlegung: Zu meiner Reise wurde ich vom Toerisme Flevoland und dem Niederländischen Büro für Tourismus & Convention (NBTC) eingeladen. Ganz herzlichen Dank dafür. Danke für die Möglichkeit, diese schöne Region zu entdecken! Meine Meinung bleibt wie immer die eigene. Für den Beitrag erhielt ich kein Honorar.

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2 Kommentare

  1. Sehr schöner Beitrag und obwohl ich ziemlich regelmäßig in den Niederlanden bin habe ich das Ijselmeer irgendwie komplett verdrängt. Beim nächsten Besuch wird dieses kleine Örtchen definitiv mal angefahren.
    Vielen Dank

  2. Ich kannte weder Flevoland noch die Inseln, obwohl ich gern in Holland bin. Danke für die Inspiration, werde ich auf jeden Fall mal besuchen. Und zum Thema Regen: Gibt nur Flasche Kleindung ;-) Fotos sind dennoch schön.
    Danke, Sabine

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