Wie verändert sich der Reisestil?

Les Sables Blancs, Concarneau, HotelVon der Terrasse meines Hotelzimmers kann man besonders das Meer genießen

Ich werde bald 50. Da kommt man in das Alter, immer öfter inne zu halten und über einige Lebenspunkte und Ziele nachzudenken. Sabine fragt in ihrem Blog Ferngeweht: „Wie hat sich Dein Reisestil verändert?“. Spontan stellte ich mir die Gegenfrage: „Hat sich überhaupt etwas geändert?“ Je mehr ich nachdenke, um so mehr kristallisiert sich der Gedanke heraus, an dieser Blogparade teilzunehmen. Hat sich Dein Reiseverhalten auch mit der Zeit geändert?

Reisedauer: Aus einmal lang mache mehrfach kurz

Als Kind bin ich mit meinen Eltern in den Sommerferien stets drei Wochen verreist. Auch die Oster- und Herbstferien wurden voll ausgenutzt. Hinzu kamen viele schöne Ausflüge und Wochenendreisen – die Liebe zum Verreisen habe ich wohl von ihnen.
Heute kann ich mich kaum erinnern, wann ich das letzte Mal so lange wie in Kindertagen im Urlaub war. Meine ersten Reisen ohne Eltern waren meistens zehn oder maximal 14 Tage lang. War in der Ausbildung und im Studium eher das Geld knapp, fehlt heute die Zeit, die damals durchaus für lange Reisen in den Semesterferien ausreichend zur Verfügung stand. Meine letzte lange Reise ging für zwei Wochen nach Südafrika und ist gefühlt auch schon ewig her. Wer mir auf Twitter folgt und meinen Blog bereits länger liest, weiß, dass ich durch den Tod meiner Mutter und intensiver Betreuung meines dementen Vaters in den letzten Jahren nicht die Möglichkeit hatte, mehr als eine Woche zu verreisen – und selbst sieben Tage waren schon Luxus. Dafür genieße ich kleine Auszeiten vom Alltag, entdecke bewusst Deutschland als Reiseland komplett neu und bin immer wieder überrascht, was für tolle Ecken unsere Heimat bietet.
Inzwischen ist mein Vater in einer Demenz-WG und ich kann wieder länger verreisen. Dafür habe ich mir im kommenden Jahr auch bereits eine Woche Auszeit von allem auf Lanzarote gebucht und freue mich schon sehr darauf. Die Lust auf Kurzreisen bleibt dennoch. Urlaubszeit ist als Vollzeitberuftstätige leider begrenzt. Auf Kurztrips kann ich mehr entdecken.

Individualreise oder doch pauschal in den Urlaub?

Ich habs getan! Seit Jahren habe ich wieder in einem Reisebüro einen Urlaub gebucht – komplett einmal das Rundum-Sorglos-Paket! Ort und Hotel standen nach einem Blogbericht von Maike fest. Praktischer Weise hat sie in ihrem Artikel auch ihr Lieblingsreisebüro angegeben, so dass es so wunderschön einfach war. Ein ungewöhnliches Gefühl für mich, so zu buchen und quasi sämtliche Orga abzugeben. Auf der anderen Seite laufen Pressereisen auch oft so ab. Bei manchen gestaltet man das Programm selbst mit – was ich als individuelle Pressereisen bevorzuge. Manchmal ist das Paket aber fertig geschnürt und man entscheidet sich, ob das Reise-/Ausflugsangebot etwas für einen ist oder nicht.
Am liebsten plane ich individuell. Das hat weniger etwas mit einer Kostenersparnis zu tun, was im übrigen oft ein Irrglaube ist. Meine frisch gebuchte Pauschalreise ist beispielsweise günstiger über das Reisebüro, als wenn ich alle Segmente individuell gebucht hätte. Für mich ist die Planung und Vorbereitung ein Stück vom Urlaub selbst. Ich mag es, Reiseführer zu lesen, online in Blogs zu stöbern und mir mein Reiseziel Stück für Stück als persönliche Reise zu gestalten.

Cuxhaven, Wochenendreise, Hafen, Hafenrundfahrt, Schiffe, Boote, Duhnen, Strandcafé Behrens

Allein verreisen

Zu diesem Thema hatte ich bereits einen Artikel vor vier Jahren verfasst: Allein auf Reisen – Die Sache mit der Einsamkeit. Der Bericht hat bis heute seine Bedeutung behalten. Ich bin gern allein auf Reisen, kann meinen eigenen Rhythmus finden und leben. Muss nicht auf andere Rücksicht nehmen und mache das, was und wann es mir Spaß macht. In Gesprächen mit anderen Frauen höre ich oft, dass man mich dafür bewundert. Diese Sicht bleibt mir nach wie vor unverständlich. Auch die Frage, ob das nicht langweilig sei. Das Gegenteil ist der Fall. Alleine auf Reisen habe ich noch nie so viele Menschen kennengelernt, als wenn ich mit Freund oder Freundin unterwegs war. Anfänglich war es seltsam, alleine essen zu gehen oder im Café zu sitzen. Der Präsentiertellermodus stellte sich innerlich unangenehm ein. Aber inzwischen ist es normal für mich geworden, alleine irgendwo einzukehren und es fühlt sich gut an.

Die Sache vom Nichtstun auf Reisen

Ich genieße Kurztrips und die Auszeiten vom Alltag sehr. Verspüre oft Lust, Neues zu entdecken. Dabei locken die Hobbys, Fotos und Filme zu machen. So ist es, seit dem sich dieser Blog immer mehr zu einem Reiseblog entwickelt hat.  Davor war mein Reiseantrieb das Geocaching. Geocaches waren unsere Reiseroute bei der Planung. Richtig ruhige Urlaubsmomente hatte ich die letzten Jahre nie. Früher begeisterten mich lange Strandtage, wo das Highlight des Tages in einigen Schwimmrunden im Meer bestand. Ein bis zwei Tage auf einer langen Urlaubsreise widmete ich auch dem Sightseeing, aber das war es auch schon. Dazu gab es eine Menge guter Bücher, die meinen Urlaubstag bereicherten.
Jetzt stehe ich wieder an einem Punkt der Wandlung. Die letzten Jahre waren privat bei mir intensiv. Ich nehme mir künftig vor, eine bessere Mischung zwischen Erkunden und Entspannen hinzubekommen.

Es Trenc, Mallorca, Strand, Sa rapita

Am Strand liegen oder auf Erkundungstour gehen?

Digital detox oder always on?

Schaltet Ihr Euer Handy auf Reisen ab? Durch die Situation mit meinem dementen Vater hatte ich die letzten Jahre das Handy stets griffbereit und war Tag und Nacht immer erreichbar. Ein Stressfaktor, der mir zugeben erst jetzt spürbar richtig auffällt, wo durch Einzug meines Vaters in einer Demenz-WG dies nicht mehr nötig ist. Heute ist dadurch mein Handy durchaus mal in den Untiefen der Handtasche oder Rucksack verschwunden. Verfügbarkeit ist nicht mehr etwas, worauf ich achte. Allerdings: Ohne Handy und Internet geht es auf Reisen für mich nicht. Gerade wenn ich alleine unterwegs bin, freue ich mich, meine Erlebnisse auf Twitter, Instagram & Co zu teilen. Oft bekomme ich noch Tipps zum Reiseort und freue mich, wenn andere mit mir die Reise genießen, wenn ich live von meinen Erlebnissen berichte.

Mainstream oder Underdog-Cities?

Städtereisen liegen im Trend. Hamburg, Amsterdam, Berlin und Paris – alles Städte, die bei Vielen auf der Reisewunschliste stehen. Oft verkannt oder nicht bekannt sind Reisen in Städte, die man nicht so auf dem Schirm hat oder weniger hipp auf den ersten Blick sind. Ich mag beides. Je älter ich werde, desto mehr hat man von den berühmten Städten bereits gesehen und erlebt. Natur und Ruhe reizen mich immer mehr. Ich finde es charmanter, die nicht so touristisch-typischen Städte zu erkunden. „Underdog-Cities“ haben viel Potential, sind nicht vom „Overtourismus“ betroffen und bieten spannende Ausflugsziele. Meistens sind schöne, nicht so bekannte Städte umgeben von malerischer Natur, dass man bei einer kleinen Auszeit Stadtfeeling und gleichzeitig ruhige Momente genießen kann.

Hanzesteden, niederländische Hansestädte, Hafen, Kogge, Holland, Kampen

Kempen, die niederländische Hansestadt ist touristisch nicht überlaufen und ein Juwel für Städtereisen

Die Sache mit der Nachhaltigkeit

Mit dem Thema mache ich mir vielleicht keine Freunde, bleibe aber authentisch – und das ist mir wichtig. Nie war das Thema Nachhaltigkeit so prominent und wichtig wie heute. Für viele rückt Nachhaltigkeit aus Überzeugung in den Mittelpunkt, für andere ist es ein Modewort, wo es sich lohnt u.a. aus Marketinggründen aufzuspringen. Das macht auch vor der „Reiseblogger-Szene“ nicht halt. Ich musste durchaus schmunzeln, als ich vor Monaten auf einem Reiseblog in einem Artikel lese „…das man Flugreisen so gut es geht vermeiden würde“ und mir danach auf der Startseite ein Artikel zu „X Tipps Langstreckenflüge und entspannte Flugreisen“ ins Auge springt. Das ist kein Rant gegen eine Person, so etwas in der Art begegnet mir häufiger. Nichts gegen Veränderungen, wenn sie denn stimmen. Jeder so, wie er mag – aber ernst nehmen, kann ich das häufig nicht. Wir verändern uns alle im Laufe der Jahre, aber eine 180-Grad-Wendung halte ich für fragwürdig. bzw. trifft selten auf alle zu, die auf einen Zug mit aktuellen Thema mit hoher Breitenwirkung aufspringen.
Auch an mir geht das Thema Nachhaltigkeit nicht vorbei. Habe ich schon jahrelang Lebensmittel bewusst und gern direkt beim Erzeuger eingekauft. Bin ich länger in einem Hotel, muss man auch nicht täglich alle Handtücher oder Bettwäsche wechseln lassen. Nachhaltigkeit wird bewusster und ich überlege mir durchaus, was ich an Verbesserungen beitragen kann – zu Hause wie auf Reisen. Aber ich bleibe auch ehrlich und authentisch. Wenn ich durch eine Pressereiseeinladung die Chance habe, Island zu entdecken oder mal seit ewigen Jahren wieder Mallorca zu genießen – nehme ich das gern an und freue ich mich darüber! Ebenso wie ich Cabriotouren und Roadtrips liebe und auch gern künftig mit dem Auto verreisen werde. Ich schaue schon genauer, ob ich fliege oder mit der Bahn reise. Aber: Ich bleibe ich und werde auch nach wie vor darüber glaubwürdig und mir treu bleibend berichten.

Mein Fazit: Der Wandel ist das einzig Beständige

Zusammenfassend lässt sich sagen: Meine Art zu reisen hat sich verändert, so wie ich mich beim Älterwerden auch verändert habe. Einerseits bleiben Vorlieben erhalten: Ich war noch nie ein Hosteltyp und mag auch heute nicht, im Zelt, im Hostel oder auf dem Campingplatz übernachten. Auf der anderen Seite verändert sich die Lebensweise mit dem Alter und damit auch die Art des Unterwegsseins. Alleine reisen entspannt mich, statt mich zu stressen. Natur und Ruhe reizen mich mehr als Festivals und Feiern in der City. Was mir beim Schreiben des Artikels allerdings auffällt: Es gibt für mich eine Back-to-the-roots-Tendenz: Ich bin gespannt, ob ich im kommenden Jahr etwas längere Reisen unternehme und mehr Nichtstun kann, wenn ich unterwegs bin.
Wie sieht es bei Euch aus? Hat sich Euer Reiseverhalten geändert?

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5 Kommentare

  1. Ich bin 56 und kann da nur den Kopf nicken! Ich reise ausschließlich allein – ein Versuch, mit einem guten Freund zu verreisen, scheiterte 2 Tage vor Abflug, weil er mehr von mir erwartete als ich bieten konnte.

    Dieses Jahr hab ich drei 5-Tagesreisen gemacht (New York, Roadtrip Slowenien und Badeurlaub im Oktober auf Mallorca) und mir gefällt das wesentlich besser als eine lange Reise. Und dazwischen sehr viele Wochenendtrips.

    Viele Grüße
    Birgit

  2. Ein sehr schönes Artikel. Vieles davon geht mir ähnlich. Ich genieße es mittlerweile auch, die Planung abzugeben und habe dafür mehr Zeit mich mit dem jeweiligen Ort zu beschäftigen und die Vorfreude zu genießen. Nachhaltigkeit ist natürlich auch ein wichtiges Thema. Ich denke, jeder sollte es in seinem Rahmen berücksichtigen und einfach nicht ignorant sein. Freue mich auf weitere Beiträge. :)

  3. Liebe Tanja,
    ein spannender Artikel. Danke für Deine Ansichten! Ich stelle für mich fest, dass sich auch meine Reisegewohnheiten irgendwie verändert haben.
    Meine letzte Fernreise ist jetzt genau 3 Jahre her. Ich habe viel gesehen und es gibt noch ein paar Ziele außerhalb Europas, die ich noch gerne bereisen möchte. Aber es sind nur noch eine Handvoll. Ich stelle mittlerweile fest, dass mich Fernreisen ganz schön anstrengen. Lange Anreise, Jetlag, das Klima – all das schlaucht erst mal ganz schön. Insofern tendiere ich seit einiger Zeit auch mehr zu Reisen innerhalb Europas. Der Klimaaspekt spielt dabei auch eine Rolle; ich hab mir vorgenommen, nicht mehr so viel zu fliegen. Insofern passt es ganz gut, dass die Fernreisen deutlich weniger geworden sind. ;-)
    Liebe Grüße!
    Maike

  4. Liebe Tanja, vielen herzlichen Dank für den Beitrag zu meiner Blogparade. Die „Back-to-the-roots-Tendenz“ finde ich ja besonders spannend: Hat man irgendwann soviel von der Welt gesehen, dass man sich auf das Bekannte besinnt? Ich bin gespannt, wie das Reisen sich bei dir weiterentwickelt.

    • Danke für Deinen Kommentar Sabine.
      Die „Back-to-the-roots-Tendenz“ hat weniger etwas mit Reisezielen zu tun, sondern für mich mehr mit der Reisezeit und Urlaubsgestaltung – konkret: etwas längere Kurzreisen im Jahr und durchaus auch mehr Entspannung auf Reisen genießen, statt nur unterwegs zu sein.

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