(enthält Werbung) Industriekultur übt auf mich als Ruhrgebietskind immer einen anziehenden Reiz aus. Als ich bei traumhaftem Herbstwetter das Ziegeleimuseum in Lage betrete, halte ich inne und lasse beeindruckt die Gesamtkomposition von antiquierter Technik und grüner Natur auf mich wirken. Der morbide Charme, wie Loren verrosten und sich die Natur ihr Areal wieder erobert… – Ich liebe solch ein Ambiente!
Inhaltsverzeichnis
Die Sonne lässt die Mauerziegel in sämtlichen Orangetönen leuchten. Dazu grenzt sich das saftige Grün der Wiesen und Blau des Himmels farbenfroh ab. Das Ziegeleimuseum ist nicht nur ein Ort für Entdeckungen alter Industriekultur sondern auch ein Ort, um die Seele baumeln zu lassen. Zum Start meines Besuchs suche ich mir in der Gastronomie des Museums ein sonniges Plätzchen auf der Terrasse und genieße Kaffee und ein Stück vom hausgemachten Kuchen.
Auf Entdeckungsreise durch das Ziegeleimuseum
Gestärkt starte ich meinen Rundgang durch das Ziegeleimuseum. Es gibt verschiedene Stationen, an denen Schautafeln über die einzelnen Herstellungsschritte die Besucher informieren. Für Kinder und Erwachsene gibt es unterschiedliche Hinweisschilder, wobei mein inneres Kind gleich mehr auf die bildhafte Darstellung für Kinder anspringt.
So streife ich über das große Gelände. Wer möchte, kann auch an den kostenfreien Führungen durch das gesamte Ziegeleimuseum Lage teilnehmen. Die Mitarbeiter des Museums, die ich bei meinem Besuch kennenlernen durfte, brennen leidenschaftlich für ihre Arbeit – da macht ein Besuch für jung und alt doppelt Spaß!
Was heute bei dem Traumwetter wie ein idyllisches, verträumtes Plätzchen aussieht, war vor 100 Jahren ein Ort mit geschäftigem Treiben, lauten Maschinen und heißen Öfen. Während ich über das Industriegelände gehe, weckt hier und da alte Geschichte vor meinem inneren Auge zu lebendigen Leben. Ich liebe solche Orte!
Kreativ im Handstrichverfahren
Das Ziegelei-Museum des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) vermittelt dem Besucher die vorindustrielle Methode der Ziegelproduktion. Ich mache mich auf den Weg des Geschichte des Ziegels und erfahre eine Menge zu Industriekultur und über die Menschen, wie sie damals gelebt haben, leben mussten. Denn die malerische Umgebung von heute trügt: Einst war die Ziegelei ein Ort harter Arbeit und armen Menschen.
Im Handstrichverfahren wurden Ziegel bereits vor mehr als 250 Jahren hergestellt. Der Rohstoff war begehrt. Fast jede Stadt hatte eine Ziegelei in der Nähe. Aber die Industrialisierung fand in dieser Region nicht wirklich statt und es gab nicht genügend Arbeit. Deshalb zogen hunderte Wanderziegler in die Ferne, arbeiteten oft bis zum Herbst in der Fremde, während die Ziegelfrauen komplett den heimischen Kotten bewirtschaften mussten. Im alten Zieglerkotten entdecke ich, wie hart das Leben einst für die Frauen und der Zieglerfamilien gewesen sein musste. Ich finde es spannend, nicht nur über Ziegel im Museum etwas zu erfahren, sondern auch über die Region und unsere Geschichte. Fasziniert laufe ich durch das Haus, entdecke, wie damals gewohnt wurde und finde sogar das ein und andere Relikt aus Zeiten meiner Oma. Draußen steht darüber hinaus noch ein alter Eisenbahnwaggon der 4. Klasse! Das es so etwas mal gab. Die Reisebedingungen der Ziegler waren arm und abenteuerlich.
Wieder auf dem Platz zieht mich ein offener Schuppen in seinen Bann, den ich neugierig erkunde. Auf der einen Seite stapeln sich schmuckvolle, kreative Ziegel. Innen stampfen fleißige Museumsmitarbeiter bis zu den Knien in der Maukegrube und mischen so den Lehm. Oberhalb werden die alten Zieglertische geradegerückt und ein Mann kehrt mit dem Besen aus. Beschwingt lädt man mich lachend ein, mit in die Grube zu steigen, welches ich dankend ablehne, mir aber durchaus vorstellen kann, welch ein Spaß es als Kind sein muss, hier den alten Lehm ordentlich durchzuwalken und geschmeidig zu treten.
Ich stehe inmitten der alten Handziegelei. Und statt Museum erwartet den Besucher in diesem Schuppen Geschichte zum handfesten Ausprobieren: Hier werden Ziegel nach altem Verfahren selbst hergestellt und jeder darf sich seinen Ziegel selbst kreieren und später nach Trocknung abholen. Am späten Nachmittag hat für heute die letzte Kinderbesuchstruppe den Schuppen verlassen und war bereits voller Engagement und Spaß bei ihrer Ziegeleiproduktion. Auch Erwachsene können verschiedene Workshops buchen. Ich schaue mir die Ziegel in den Trocknungsregalen an und treffe auf ausgefallene Kunst.
Staunen in der Maschinenziegelei
Ich laufe bei meinem Rundgang etwas zickzack, wie ich später feststelle und schwanke somit zwischen der alten Handziegelherstellung und Produktionsgeschichte der Maschinenziegelei. Der Faszination tut es aber keinen Abbruch.
Gustav Beermann gründete 1909 auf dem heutigen LWL-Gelände seine Ziegelei. Beermann startete sein Unternehmen mit einer Handziegelei, ab 1922 gaben Maschinen den Takt an. Lokomotiven ersetzten die Pferde. Aus einstiger mühseliger Handarbeit wurde Leistungsproduktion im Sekundentakt. Wenn die Maschinen auf Hochtouren liefen, entstanden aus dem Lehmstrang aus der Ziegelpresse damals bis zu 3.000 Stück Ziegel an einem Tag, in späteren Jahren konnte der Ausstoß um mehr als das Dreifache gesteigert werden. Der Familienbetrieb wurde in die Moderne geführt und neue Kulturgeschichte geschrieben. Ausführlich wird die Geschichte der Ziegelei in der Ausstellung in der Villa Beermann geschildert. Mit Blick auf die Uhr verbringe ich hier nur eine kurze Zeit, reizt mich der benachbarte Ringofen für schöne Fotos zu einem Besuch.
Jetzt wird’s heiß
Mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages setze ich mich auf eine Bank und genieße den Anblick der alten Industrielandschaft. Rechts von mir liegt die Unternehmervilla, vor mir beeindruckend der alte Ringofen. Ich lasse das Ambiente auf mich wirken. Rostige Maschinenkultur trifft auf Natur. Überall gewinnt die Natur ihr Land zurück, es ist faszinierend.
Während ich mir verträumt vorstelle, wie auf dem Areal vor 100 Jahren gearbeitet wurde, besucht mich die Museumsleiterin noch einmal. Kurz bevor sie sich verabschiedet, macht sie mich noch auf den alten Brennofen aufmerksam. Aus Ziegeln wird ein Brennofen geschichtet, nur die inliegenden Steine können nach dem Brennvorgang benutzt werden, der Rest ist kann nicht verwendet werden. Der Ofen muss jedes Mal neu gebaut werden!
Anders ist das bei der imposanten Ringofenanlage. Der Hoffmansche Ringofen ist das Kernstück der Anlage. Über eine Brennkammer tauche ich nach unten ein in die dunkle Welt, in der schon Millionen von Ziegel gebrannt wurden. In einem Ring sind viele Brennkammern und ein Kamin errichtet worden. Das Feuer wandert von einer Kammer zur nächsten und durch Steuerung des Luftzuges wird die durch das Feuer entstandene Wärmeenergie mehrfach genutzt. Das Prinzip könnt Ihr hier in einer Skizze anschaulich nachvollziehen. Es zieht durch die Gänge, als ich meinen Weg weiter zum inliegenden Kamin fortsetze. In Anbetracht der Größe der Anlage fühle ich mich klein. Irgendwie erdrückt mich die Anlage und ich bin froh, beim Maschinenraum wieder die Sonne zu sehen.
Ich flaniere noch ein Stück durch die morbide-charmante Industriekultur des Ziegeleinmuseums und genieße die Herbstsonne. Ein Besuch dieses LWL-Museums hat mir sehr viel Spaß gemacht und ist sehr empfehlenswert! Wenn Ihr selbst aktiv Ziegel herstellen wollt, bringt etwas mehr Zeit mit. Wer mag, kann den ganzen Tag im Museum verbringen. Im Grünen gibt es beispielsweise auch Picknickplätze.
Wissenswertes für Euren Besuch im Ziegeleimuseum
LWL-Industriemuseum Ziegeleimuseum Lage
Sprikernheide77
32791 Lage
Tel. 05232 9490-0
- Öffnungszeiten: Dienstag-Sonntag sowie an Feiertagen 10-18 Uhr, letzter Einlass 17.30 Uhr
- Eintrittspreise: Erwachsene 4,00 Euro,
Kinder, Jugendliche, Schülerinnen und Schüler haben freien Eintritt - Mit der LWL-Museumscard ist der Eintritt frei
- Es gibt jeden Sonntag um 11 Uhr kostenfreie Führungen für Einzelpersonen (Eine Führung dauert rund 1,5 Stunden)
- Informationen zur Dauerausstellung
- Ein Besuch im Museum ist barrierefrei
- Lageplan (PDF)
- Es gibt zahlreiche Picknick-Tische – hier kann und darf man verweilen
- Es finden im Jahr verschiedene, sehr interessante Veranstaltungen und wechselnde Ausstellungen statt – am besten schaut Ihr für weitere Informationen dazu auf die Museumswebsite
- Plant für Euren Besuch am besten 2,5 bis 3 Stunden ein
- Kompakt-Flyer mit allen wichtigen Infos
- Wer eine größere Tour unternehmen möchte: Das Ziegeleimuseum Lage ist Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur
Noch ein paar Fotos…
Die Reise entstand im Rahmen des Projektes #TeutoBloggerWG. Auf dieser Seite findet Ihr noch weitere inspirierende Artikel und Themen.
Ich finde es toll, dass es ein Ziegelmuseum gibt und man schauen kann, wie Ziegel in der vorindustriellen Zeit gefertigt wurden. Unser Dachdecker aus Vöcklabruck hatte uns davon erzählt, da wir bei Lage Urlaub bei Freunden machen wollen. Wir haben kürzlich unser Haus neu eindecken lassen.