Er kam ohne Diplom, aber mit einem unbeirrbaren Willen: Ruben Christiaens, 29, gilt als einer der spannendsten jungen Talente Belgiens. Von New York bis Malmö, von Paris bis Antwerpen hat er sich einen Namen gemacht – mit einer Küche, die Fermentation, Säure und Tiefe auf den Teller bringt. Heute prägt er Henry’s Bar & Bistro im Botanic Sanctuary Antwerp – kosmopolitisch, eigenwillig, voller Energie.
Ruben Christiaens‘ Tag beginnt im Auto. Knapp anderthalb Stunden trennen ihn von seiner Heimat Brüssel und seinem Arbeitsplatz in Antwerpen. Wenn der Motor am späten Abend verstummt, ist die Zeit im Auto mehr als nur eine Heimfahrt. Sie ist das nötige Entspannungsventil: „Wenn ich die Küche verlasse, bin ich voller Adrenalin“, sagt Christiaens. „Wenn ich nach Hause fahre, kann ich zur Ruhe kommen und meine Gedanken sortieren.“ Ein unerwartetes Ritual für einen Küchenchef, der im Botanic Sanctuary Antwerp, einem Ort des historischen Friedens und der botanischen Stille, für das Henry’s Bar & Bistro verantwortlich ist.
Christiaens ist kein klassischer Koch. Er ist ein Phänomen der Beschleunigung, ein rastloser Künstler, der die Regeln der belgischen Haute Cuisine mit einem Lächeln bricht – und gerade deshalb vielfach ausgezeichnet wird.
Unbändige Leidenschaft als Karrierestart: Die Stunde des Anwalts
Ruben Christiaens’ Laufbahn begann nicht mit einer klassischen Ausbildung. Bereits im Alter von zehn Jahren wusste er, dass er Koch werden wollte. Sein Vater, der von Beruf Anwalt war, hatte jedoch andere Vorstellungen. Der Kompromiss hieß Internat an der Küste, zwei Stunden von zu Hause entfernt. „Ich wollte allein leben“, erinnert sich Christiaens. Mit 14 bekam er ein Apartment mit Meerblick und viel Freiheit. Die Folge war absehbar: Der Unterricht rückte in den Hintergrund. „Meine Eltern hatten einen Schockmoment, aber sie haben mich 4000 Prozent unterstützt“, sagt er heute.
Sechs Monate später zog der Vater die Notbremse. „Er kam in die Klasse, holte mich ab und sagte: ‚Du kommst mit mir. Du gehst arbeiten.‘“ Der formale Abschluss fehlte, doch der Wille blieb bestehen. Von diesem Tag an kletterte Christiaens die Leiter des Kochhandwerks von ganz unten empor – mit einer Zielstrebigkeit, die er selbst gern als Glück beschreibt. Während andere noch zwischen Unterrichtsfächern schwankten, stand er bereits in Profiküchen. Mit 17 übernahm er eine leitende Rolle in einem Drei-Sterne-Restaurant bei Jacob Jan Boerma – sehr jung, aber zu entschlossen, um übersehen zu werden.
Der Wahnsinn in New York
Die nächste Welle, auf die Christiaens unbedingt surfen wollte, war der Zenit der Weltgastronomie: das „Eleven Madison Park” in New York, das damals als das beste Restaurant der Welt ausgezeichnet wurde. Er schickte seine Bewerbung, erhielt jedoch keine Antwort. Also schickte er sie noch einmal. Und wieder. Ein ganzes Jahr lang, Tag für Tag. „Sie bekamen 3.000 Bewerbungen im Jahr und luden 365 zum Probekochen ein“, erzählt er. Christiaens schafft es in diese Auswahl, scheitert aber am Visum. Da er kein Diplom vorweisen konnte, forderte die US-Behörde fünf Jahre Berufserfahrung, doch er hatte erst vier.
Zurück in Europa sammelte er die fehlenden Monate bei Jacob Jan Boerma in De Leest, einem niederländischen Drei-Sterne-Restaurant. Dann reiste er erneut nach New York – dieses Mal mit der nötigen Erfahrung. Dort gelang ihm, was kaum einem 23-Jährigen ohne Abschluss zugetraut wird. Bei einem internen Tasting, das eigentlich nur den ranghöchsten Köchen vorbehalten war, drängte er sich an den Rand. „Ich will helfen, ich will helfen“, wiederholte er so lange, bis der Küchenchef Brian Lockwood nachgab. Gemeinsam entwickelten sie ein Gericht, das Daniel Humm schließlich selbst probierte. Nach dem ersten Bissen stoppte er die Runde und sagte: „Ich muss die anderen nicht mehr kosten. Dieses Gericht kommt auf die Karte.“
Lockwood stellte klar, dass er es nicht allein kreiert hatte. Humms Antwort war ebenso schlicht wie entscheidend: „Dann geben Sie diesem jungen Mann die wichtigste Position.“ Es war der Moment, in dem aus einem rebellischen Talent ein international ernstzunehmender Koch wurde – und Ruben Christiaens’ Name weit über Belgien hinaus bekannt wurde.
Die neue Geschmackssprache: Warten auf die Welle
Im Herzen von Antwerpen, einer Stadt, die sich in den letzten Jahren zu einer pulsierenden Genuss- und Lifestyle-Destination entwickelt hat, hat Ruben Christiaens sein aktuelles Zuhause gefunden: Henry’s Bar & Bistro im Botanic Sanctuary. Hier verbindet er die Leichtigkeit eines lebendigen Bistros mit der Raffinesse seiner Kochkunst. Es ist ein Ort, an dem alltägliche Momente auf Haute Cuisine treffen.
Sein Stil ist unverkennbar. Er liebt Fermentation, spielt mit Säure und greift zu ungewöhnlichen Essigen, oft von kleinen Produzenten aus seiner Heimatregion. Besonders schätzt er die Vielfalt der Gueuze-Essige, die in aufwendigen Verfahren aus traditionellen belgischen Bieren entstehen. „Ich mag es, mit sauren Noten zu arbeiten, mit Essig und seltenen Fundstücken“, sagt er. Für Christiaens geht es immer um puren, unverfälschten Geschmack. „Ich gehe gern sehr tief, sehr konzentriert vor – mit dem besten Produkt im Mittelpunkt und nur wenigen, sorgfältig ausgewählten Begleitern.“
Sein kreativer Prozess folgt keinem Schema. Manchmal entstehen zwei neue Gerichte an einem Morgen, manchmal dauert es Monate. Wenn er am Küchentisch sitzt und minutenlang ins Leere starrt, weiß sein Team, dass ihn jetzt niemand stören darf. „Es ist wie beim Surfen“, erklärt er. „Ich warte auf die Welle – und wenn sie kommt, ist das Gericht fast fertig.“ Deshalb gibt es für ihn auch kein Signature Dish. Festhalten würde seiner Dynamik widersprechen. Stattdessen versteht er seine Küche als Bewegung, als ständigen Dialog zwischen Instinkt, Produkt und Erfahrung.


Handwerk als besondere Teamarbeit: Christiaens und seine Produzenten
Während anderen Köchen ein Diplom den Weg ebnet, baut Ruben Christiaens auf Netzwerke – zu Produzenten, Bäckern, Winzern und Kollegen. Ein Beispiel: Als er in einem früheren Restaurant ein besonderes Brioche entwickeln wollte, wandte er sich direkt an den Mehlproduzenten. Er war kein Großkunde und bestellte auch keine großen Mengen, sondern lediglich 30 Kilo pro Monat. „Kannst du Brot backen?“, fragten sie ihn. „Nein“, war seine ehrliche Antwort. Die Konsequenz: Christiaens verbrachte zwei Tage in der Mühle. Er lernte Seite an Seite mit den Bäckern, probierte, verwarf, verbesserte. Am Ende entstand ein Brot, das seine Handschrift so sehr trug wie ein Gericht aus seiner Küche.
Dieses Prinzip setzt er bis heute fort. Für sein neues Projekt, ein italienisches Restaurant in Brüssel „Osteria del Borgo„, entwickelt er gemeinsam mit Produzenten die Basis für eine perfekte Focaccia. „Ich will nicht einfach etwas Fertiges kaufen“, sagt er. „Mich interessiert der Ursprung. Ich will verstehen, wie etwas entsteht.“ Dieses Zusammenspiel macht seine Küche authentisch und verbindet Handwerk mit persönlicher Handschrift.
Das einfache Leben: Rubens private Küche
So rastlos Ruben Christiaens im Beruf ist, so schlicht darf es im Privaten sein. Wenn er einmal Zeit findet, zu Hause zu kochen, greift er nicht zu aufwendigen Rezepten, sondern zu einem Klassiker: Pasta aglio e pepe. Olivenöl, Pecorino, frische Pasta – mehr braucht es nicht. „Die Basis muss stimmen, der Rest ist Improvisation“, sagt er.
Dieses Gericht ist ein Gegenentwurf zu seiner Bühne im Botanic Sanctuary Antwerp: Im Henry’s Bar & Bistro kreiert er eine Küche, die von Klarheit lebt und gleichzeitig internationale Einflüsse aufnimmt. Dort entstehen Gerichte, die die Gäste mit Aromen überraschen und begeistern. Die einfache Pasta hingegen steht für Essenz und Reduktion. Sie zeigt, dass große Küche nicht in der Komplexität, sondern in der Ursprünglichkeit liegt – im Respekt vor den besten Zutaten. Zwischen Galadinnern in New York, neuen Projekten in Brüssel und seiner Arbeit im Botanic Sanctuary ist diese Schlichtheit ein seltenes Innehalten. Ein Moment, in dem der „Rebell am Herd” ganz bei sich selbst ist.




Henry’s Bar & Bistro: Kosmopolitischer Genuss im Botanic Sanctuary
Henry’s Bar & Bistro ist mehr als nur das hoteleigene Restaurant: Es ist eine Bühne, auf der Ruben Christiaens seine Idee von moderner Bistronomie zum Leben erweckt. Das helle und offene Ambiente bietet einen Blick auf den Botanischen Garten und verbindet die Eleganz des Fünf-Sterne-Hauses mit der ungezwungenen Geselligkeit eines Bistros. Benannt nach Henri-Ferdinand van Heurck, dem legendären Direktor des Gartens im 19. Jahrhundert, wirkt der Ort zugleich traditionell und international – eine Mischung, die Christiaens‘ kulinarischer Sprache entspricht.
Die Karte ist kosmopolitisch, aber nie belanglos. Bereits die Vorspeisen, wie Hamachi mit schwarzem Rettich und Shiso oder eine Krabbentarte mit Kimchi, zeigen, wie selbstverständlich er globale Akzente mit lokalen Zutaten verbindet. Der Label-Rouge-Lachs mit Buttermilch und Radieschen verdeutlicht seine Leidenschaft für Produkte, die durch Qualität allein überzeugen. Bei den Hauptgängen reicht die Spannbreite vom Kabeljau mit Brokkoli und Muskat über kraftvolle Ochsenschwanz-Tortellini bis hin zur Nordsee-Seezunge, die er mit Lauch und einer Tom-Kha-Khaï-Mousseline kombiniert – eine ungewöhnliche Liaison, die zeigt, wie spielerisch er Klassisches und Zeitgenössisches verbindet. Auch Fleischliebhaber kommen hier auf ihre Kosten: Wagyu-Carpaccio oder die zart gebratene Taube sind Beispiele für Christiaens‘ souveränen Umgang mit kräftigen Aromen.
Das Henry’s richtet sich aber nicht nur an abendliche Genießer. Zur Mittagszeit bietet das Bistro ein Menü an, das den Charakter des Hauses in zwei oder drei Gängen erfahrbar macht. Der nahtlos mit dem Restaurant verschmelzende Barbereich rundet das Erlebnis ab: Als „Best New Hotel Bar“ ausgezeichnet, bietet die Bar eine Auswahl von großen Bordeaux- und Burgunderweinen bis hin zu einer durchdachten Cocktailkarte, die den kosmopolitischen Anspruch unterstreicht. Ein Hauch der hippen Barkultur aus New York mitten in Antwerpen!





Botanic Sanctuary Antwerp – Luxus mit Geschichte
Das Botanic Sanctuary Antwerp ist ein Hotel, das tief in der Stadt verwurzelt ist. Seine Ursprünge reichen bis ins Jahr 1238 zurück, als an dieser Stelle zunächst ein Kloster und später ein Krankenhaus errichtet wurde. Heute sind die Mauern sorgfältig restauriert und durch neue Flügel ergänzt, in denen sich 108 Zimmer und Suiten befinden. Einige Zimmer verfügen über Balken aus dem 15. Jahrhundert, andere über eine eigene Sauna, einen Kamin oder eine Terrasse mit Blick in den Botanischen Garten. Der direkt angrenzende, denkmalgeschützte Garten aus dem 16. Jahrhundert ist ein seltener Luxus mitten in der Stadt. Nur wenige Minuten vom Rubenshaus entfernt, liegt das Hotel inmitten der schönen Altstadt.
Der Anspruch auf Exzellenz zeigt sich auch im Spa-Bereich, der sich über drei Ebenen erstreckt. Hier treffen Pool, Saunen, Dampfbäder und botanische Duschen auf Anwendungen, die von traditionellen Heilpflanzen inspiriert sind. Im Design folgt das Haus dem Prinzip des japanischen Wabi-Sabi: zurückhaltend, puristisch und bewusst fern von glatter Opulenz.
Die Kulinarik macht das Sanctuary zu einem Reiseziel an sich: das mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Restaurant Hertog unter der Leitung von Chefkoch Gert De Mangeleer, das Sternerestaurant Fine Fleur mit der ausgezeichneten Küche des Koch-Duos Jacob Jan Boerma und Thomas Diepersloot. Hinzu kommen die Bar Bulot, IT by Sôma und die Patisserie Het Gebaar von Roger van Damme – und mittendrin Henry’s Bar & Bistro mit Ruben Christiaens. Es ist diese Mischung aus hochdekorierter Küche und Leichtigkeit, die das Hotel so besonders macht.
Als Mitglied der Leading Hotels of the World zählt das Botanic Sanctuary heute zu den besten Hotels Belgiens. Viele Gäste beschreiben es als „Destination in der Destination“ – ein Ort, den man nicht verlassen möchte, obwohl Antwerpen direkt vor der Tür liegt. Für Ruben Christiaens ist es die passende Bühne: ein junges Talent mit eigenem Ton, das in einem Haus arbeitet, das Historie zelebriert und Luxus auf eine eigene, besondere Art definiert.
Und weil dieses außergewöhnliche Hotel noch viel mehr zu erzählen hat, folgt hier im Blog bald ein eigener Artikel, der sich ganz dem Botanic Sanctuary Antwerp widmet. (Damit ihr nichts verpasst, könnt ihr hier den Newsletter abonnieren)



Offenlegung: Dies ist ein journalistischer Artikel, der teilweise durch die Unterstützung von VISITFLANDERS und Visit Antwerpen ermöglicht wurde. Die Unterstützung hat jedoch keinen Einfluss auf den Inhalt und spiegelt meine eigene Meinung wider. Für den Beitrag habe ich kein Honorar erhalten.

Fotocredits: Botanic Sanctuary Antwerp, Pieter D'Hoop