Ich bin aufgeregt. Ungeduldig warte ich, schau gebannt nach hinten. Dann macht es einen Ruck, meine Beine sacken ein, ich sitze. Schnell die Arme hoch. Sicherheitsstange zum Bauch ziehen. Vor 40 Jahren war da auch noch mehr Platz. Egal! Sekunden später verlieren meine Füße den Boden. Rasch entfernt sich die Wiese unter mir. Meine Beine baumeln in der Luft. Unter mir rund fünf Meter Nichts. Zur Seite sehe ich im Augenwinkel, wie der Schwarzsee immer kleiner wird.
Erst jetzt merke ich, wie verkrampft meine Finger die Sicherheitsstange umgreifen. Tief Luft holen, entspannen! Langsam den Blick vom immer weiter entfernten Boden lösen und den Ausblick genießen. Schlagartig war meine Angst gewichen. Was für ein Ausblick. Ich fliege den Berg hoch! Wo ich bin? Seit ewigen Zeiten das erste Mal wieder auf einem Sessellift.
Hinter mir entfernt sich immer weiter der Schwarzsee im Kanton Freiburg. Ich blicke auf die Baumwipfel. Auf den Wiesen unter mir grasen Kühe. Die Glocke der Leitkuh dringt verträumt seicht zu mir, während der Sessellift mich immer weiter zur Riggisalp trägt. Trotz Wolken sind es angenehme 25 Grad. Es riecht nach Sommerwiese. Es ist ein berauschendes Gefühl! Die Berge vor uns sind noch mit Schnee bedeckt. Erhaben wirkt der fast 2.200 Meter hohe Kaiseregg. Kontrastreich wirkt dagegen das saftige Grün der umliegenden Almwiesen. Die Freiburger Voralpen sind zum Greifen nah.
Ich hätte ewig so weiterfahren können, doch dann erscheint am Horizont die Bergstation. Etwas verkrampft denke ich ans Aussteigen. Vor mir beobachte ich Véronique, die als Schweizerin sicherlich Sesselliftfahren mit der Muttermilch mitbekommen hat. Galant steigt sie aus dem Lift, elfengleich wie ein Profi. Wenn ich bei meinem Ausstieg einen Nothalt durch Schusseligkeit verursache, wäre das peinlich aber auch nicht für mich untypisch. „Volle Konzentration!“, denke ich mir. Am Schild „Hier bitte Sitzstange lösen.“ reiße ich selbige steil nach oben, greife meinen Rucksack fest mit der linken Hand, fokussiere mich fest auf die noch baumelnden Beine mit Blick zum nahendem Bodenkontakt. Das Atmen habe ich glaube ich vergessen.
Man muss es mir angesehen haben. Ein Warnton ertönt. Die nette Bergwacht lässt den Lift für mich extra langsamer laufen. Ich spüre wieder festen Boden unter meinen Füßen, orientiere mich ungeschickt nach links und lasse den schwebenden Sitz wieder Fahrt aufnehmen. Geschafft! Innerlich hätte ich jetzt einen Fanfarenchor erwartet. Stattdessen versuche ich gelassen Véronique anzulächeln und so zu tun, als ob Sesselliftfahren mein zweites Hobby wäre. Ich muss lächeln und bin ein bisschen stolz auf mich, meine Angst überwunden zu haben. OK, die Alternative wäre ein Fußmarsch mit ordentlich Höhenmetern gewesen – brauchen wir als Möglichkeit nicht drüber reden, oder? Mit dem Sessellift vom Schwarzsee zur Riggisalp fahren auch Paragleiter mit ihrem ganzem Gepäck und Gerödel, dass sich mein Vertrauen, auch mich nach oben zu bringen, bewahrheitete.
Fondue in luftigen Höhen – Schlemmergenuss im Bärghuus der Riggisalp
Mit noch etwas leicht wackeligen Knien gehe ich die ersten Meter auf fast 1.500 Meter Höhe. Aus dem Radio des Mitarbeiters der Bergstation ertönt zünftige Schweizermusik. Vor uns liegt das im letzten Jahr komplett renovierte Bärghuus. Schick macht sich die Holzhütte vor dem Bergpanorama.
Véronique und ich haben hier etwas Besonderes vor. Nicht umsonst habe ich morgens auf mein Frühstück verzichtet. Für das, was jetzt kommt, sollte man den ganzen Tag gewandert sein oder anders wir Platz im Bauch gelassen haben. Mit Blick auf die leider grauer werdenden Wolken suchen wir uns ein gemütliches Plätzchen auf der Terrasse mit Nähe zur Holzhütte.
In der Schweizer Region Freiburg kann man an ungewöhnlichen Orten ein original Schweizer Fondue einnehmen. Da gibt es beispielsweise ein Fonduekarussell mit Sicht auf den Murtensee und die Alpen, man kann in einer Pferdekutsche schlemmen, direkt auf dem Schwarzsee auf einem Ruderboot ein Picknick einlegen oder einem Käsevergnügen in einem Zug frönen – die Schweizer servieren ihr Nationalgericht gern immer und überall. Als Flachland-Rheinländerin habe ich mich für das Bergpanorama entschieden und genieße mit Neugierde den schönen Ausblick.
Neben einem Ballon Weißwein (das ist autofahrerfreundlich gerade mal ein 125 ml Gläschen) stoßen wir auf den schönen Tag an. Zum Fondue passen neben Wein besonders warme Getränke erfahre ich. Das unterstützt den Geschmack am besten. Tee geht für mich eh immer.
Während bei uns zu Hause Fondue meist mit Fleisch und vielen kleinen Köstlichkeiten gereicht wird, verstehen die Schweizer auf kulinarische Weise das Fondue auf das Wesentliche zu konzentrieren: Es wird ein großer Korb Brot gereicht und für die Feuerstelle ein roter Topf mit geschmolzenem Käse. Im Fondue auf der Riggisalp werden die traditionellen Käsesorten aus der Region verwendet: Le Gruyère AOP sowie Vacherin Fribourgeois AOP – ein „Fondue moitié-moitié„. AOP steht für eine geschützte Ursprungsbezeichnung „Appellation d’Origine Protégée„. Das gewährleistet, dass der Käse im Ursprungsgebiet erzeugt, verarbeitet und veredelt wurde. Beim Kauf in unseren Regionen lohnt sich, darauf zu achten.
Der Käse blubbert heiß im Topf. Ich beobachte Véronique. Sie bricht das dick geschnittene Brot in viele kleine Ecken und verteilt es auf ihrem Teller. Mit der Fonduegabel spießt sie ein Brotstück auf, taucht es in den heißen Käse und rührt dabei kräftig in dem Kessel. „Damit nichts anbrennt!“, lässt sie mich wissen. Gekonnt dreht sie die Gabel, lässt den übrigen Käse abtropfen, wartet kurz zum abkühlen und genießt mit einem Haps. Dabei lässt sie im schweizerdeutsch „Ich liebe Fondue!“ verlauten. Ich mache es ihr nach und kann mich anschließen. Kräftig und cremig-sanft zugleich breitet sich das Käse-Geschmackserlebnis in meinem Mund aus. Köstlich! Wir plaudern und genießen gemeinsam den Käse-Fondue-Topf. Die Schweizer wissen, wie man genießt!
Wer nach dem üppigen Mahl Lust hat, sich die Beine zu vertreten, findet auf der Riggisalp mehrere Wandermöglichkeiten für jeden Geschmack. Oder man kann auch einfach wie wir das schöne Bergpanorama der Voralpen bei einem Tee genießen.
Freizeitparadies Schwarzsee
Wir verabschieden uns am spätem Mittag von der Bergwelt und dem genussvollen Hüttenfeeling. Mit dem Sessellift geht es wieder Richtung Talstation zum Schwarzsee auf rund 1.000 Meter. Ich bin nicht weniger aufgeregt, aber alles geht gut. Der Blick auf den Gebirgssee und die umliegenden Berge ist auf dem Rückweg noch malerischer und atemberaubend, dass ich meine Nervosität ganz vergesse.
Statt der Höhenwege in den Bergen zieht es mich zum Wasser. Um den See sind die Wege flach. Auf dem Hochsteg lässt man sich zum verträumten Verweilen nieder. Ein paar Meter weiter schnattern Enten auf dem Weg zu Brotkrumen, dass die Kinder vor Freude quietschen. Sanft gleitet ein Surfer über den See. Die Tretboote stehen an dem ruhigen Freitag noch für Ausflügler bereit. Ein paar mutige Kinder baden sogar im Schwarzsee, dabei soll dieser ein ganz besonders kalter Gebirgssee sein. Aber das hat uns als Kinder auch nicht gestört, oder? Ich laufe ein Stück am Ufer entlang. Idyllisch umgrenzen den Schwarzsee steil aufragende Berghänge und Wiesen. Während ich ein Stück auf den in diesem Jahr neu erschaffendem Metall-Kunst-Weg gehe, packt ein Besucher sein Alphorn aus und beginnt für sich zu spielen. Was für eine Szenerie und Genuss für die Seele und Ohren! Gerade kann ich mich noch zurückhalten das Ganze zu fotografieren. Das wäre unpassend gewesen. Still setze ich mich einige Meter weiter auf eine Bank und lausche andächtig, genieße den Augenblick. Es ist ein Moment mit Magie und unbeschreiblich schön. Die Kulisse und den plötzlich auftauchenden Alphornbläser kommen mir vor wie aus einem Schweizer-Bilderbuch entsprungen und extra für mich bestellt.
Als das Wetter launisch wird und rasch bedrohend dunkle Gewitterwolken aufziehen, verabschiede ich mich schnell und eile in das nahe gelegene Restaurant. Sollte der Musiker diese Zeilen lesen: Meinen herzlichen Dank für diese schöne Erlebnis! Ich erwische den letzten freien überdachten Platz auf der Terrasse des Restaurants Gypsera und lasse mit anderen Gästen das Naturschauspiel Gewitter in den Bergen mit einem gutem Kaffee an mir vorbeiziehen.
Woher kommt der Name Schwarzsee?
Einer Sage nach wurde der See zum Schwarzsee nachdem sich der Riese Gargantua im See die Füße gewaschen hatte und seitdem das Wasser verschmutzt sei. Im Volksmund gibt es weitere Sagen, die die unergründbare Tiefe des Sees als Grund für die Schwarzfärbung in Verantwortung ziehen – dabei soll der See stellenweise gar nicht so tief sein. Letztlich kommen mehrere Faktoren zum Tragen. Die Wasserfarbe wird bestimmt durch den Lichteinfall, die Wasserzusammensetzung und den Seegrund. Organischer Schlamm bedeckt die Oberfläche des Seegrunds ein und trübt das Wasser. Wenig Licht auf den See spiegeln die dunklen Tannenwälder auf der Wasseroberfläche und letztlich ist das Wasser des Schwarzsees sehr schwefelhaltig. Es wird seit dem 19. Jahrhundert auch zum Heilbaden genutzt.
Was man noch alles Schönes am Schwarzsee unternehmen kann:
- Sommerrodelbahn
- Monster-Trottikick fahren, dass sind so eine Art alpine, große Tretroller
- leichter Rundweg auf der Riggisalp (kinderwagentauglich)
- Kunstausstellung am See (flach, gut zu laufen)
- Rundgang um den See
- Häxewääg: Für große und kleine Kinder ein Rundweg mit Geschichten. Rund um den Schwarzsee kann man sieben Sagen entdecken. Es gibt auch einen Abstecher zum Wasserfall. Der Rundgang ist zumeist flach. Rund zwei Stunden Zeit bedarf ein Rundweg.
- Verschiedene Wanderungen (von der Riggisalp oder vom Schwarzsee aus)
- Bei einer Wanderung das Naturschauspiel des Wasserfalls bewundern
Offenlegung: Zu meiner Recherchereise wurde ich über Richter PR vom Freiburger Tourismus FRIBOURG REGION eingeladen. Ganz herzlichen Dank dafür, dass ich so diese schöne Region entdecken konnte. Meine Meinung bleibt wie immer die eigene. Es gab keine Verabredungen zu Veröffentlichungen. Für den Beitrag erhielt ich kein Honorar.