Schon mal auf einem Boot aus dem 17. Jahrhundert gewesen, Riesen aus Eisen auf einem Deich sitzen sehen oder leckere Torpedos probiert? Wenn nicht, dann auf nach Lelystad im Flevoland!
Auf meinem Tulpen-Roadtrip entdecke ich Lelystad, die Hauptstadt der niederländischen Provinz Flevoland. Die direkte Lage am Markermeer ist ein Paradies für Wassersportler. Rund 80.000 Einwohner zählt die 1967 gegründete Kleinstadt. Trotz des jungen Alters des Ortes hat Lelystad Geschichte zu erzählen und wartet mit außergewöhnlicher Kunst auf:
Seemannsgarn? – Ausflug zur Bataviawerf
Zwischen den vielen Tulpen gibt es Ausflugsziele, die nichts mit Blumen zu tun haben, allerdings auch sehr sehenswert sind. Ingo erkundete beispielsweise Luftfahrtgeschichte und war in Lelystad im Aviodrome. Ebenfalls sehenswert ist das Batavialand und die Bataviawerf. Ich oute mich, dass ich vorher nicht wusste, was es damit auf sich hatte. Als ich davor stehe, dämmert es mir und ich erinnere mich an eine Fernsehsendung, wo über das berühmte Schiff berichtet wurde. Die Batavia ist Segelschiff der Niederländischen Ostindien-Kompanie (niederl. Vereenigde Oostindische Compagnie = VOC). In Lelystad wurde 10 Jahre lang ein funktionsfähiger Nachbau der Batavia geschaffen und 1995 fertiggestellt. Zur Rekonstruktion wurden nur Handwerkstechniken und Werkzeuge des 17. Jahrhunderts zugelassen.
1629 sank die Batavia auf einem Riff vor Australien. Viele Seeleute starben. Unter den Überlebenden kam es zu Meuterei und wilden Massakern. Kein Wunder, wenn man sich heute die Enge und Dunkelheit unter Deck anschaut. Zu der Geschichte der VOC gibt es im Museum eindrucksvolle Schilderungen zum Leben der Niederlande mit und am Wasser, die Bedeutung des Meeres und Pionieren. Das Museum begeistert mich, es gibt Geschichte hautnah zum Anfassen.
Kunst am Deich
Wer nach so viel Kultur ein Kontrastprogramm möchte, kann im benachbartem Outlet nach Lust und Liebe shoppen gehen. Auch Kunst kommt in Bataviastad nicht zu kurz. Vor dem Einkaufsparadies bleibe ich fasziniert von einem großem Kunstwerk stehen. „Boven Water“ heißt das Objekt des friesischen Künstlers Henk Hofstra. Fast acht Meter hoch besteht es aus einem blau gestrichenem Quadrat von1.500 Quadratmetern und einen fünf Meter großem weißen Kopf, den bis zu den Lippen das Wasser reicht. Auf seinem Kopf steht ein lebensgroßer Mann mit Aktenkoffer. Da bekommt das Sprichwort „Den Kopf über Wasser halten“ eine plakative Bedeutung.
Ein Stück weiter Richtung Wasser entdecke ich „De IJzeren Reus op de dijk“ (Der eiserne Riese auf dem Deich). Das Kunstwerk erinnert mich an die Figuren im Berliner Hafen. Hier kniet das Objekt allerdings und es muss gigantisch groß sein, wenn es schon von der Ferne so eindrucksvoll über den Deich zu sehen ist, denke ich mir. Später erfahre ich, dass Antony Gormley den Wasserriesen auf dem Wellenbrecher erschaffen hat. Aus 44.000 Tonnen Stahl wurde dieses 25 Meter hohe Kunstobjekt erbaut.
Parken könnt Ihr für alle Ausflugsziele direkt im VOC Parkhaus. Erschreckt nur nicht wie ich, dass Ihr nicht mit Bargeld zahlen könnt. Der Automat nimmt auch deutsche EC-Karten oder Kreditkarten mit Geheimnummern.
Abendessen im De Rede von Bataviahaven
Im Bataviahaven fegt der Wind ums Eck, als ich mich auf dem Weg zum De Rede mache. Am Abend sind es gerade mal acht Grad und die Brise vom Wasser bringt Kälte mit. Etwas windgeschützt liegt die Außenterrasse des De Redes und ist fast bis auf den letzten Platz besetzt. Rauchen ist trotz Open Air nicht erlaubt und dennoch genießt man hier einen lustigen Abend mit seinen Freunden im Freien. Ob die Niederländer andere Gene haben? Ich bin keine Frierhippe, genieße dennoch die wohlige Wärme des Restaurants.
Das Ambiente des De Rede von Bataviahaven ist modern. Ich schaue durch die niederländische Karte und lasse mich von den Speisen, die an die Nachbartische gebracht werden, inspirieren. Die Gambas auf dem Holzlöffel sehen nicht nur cool aus, sondern schmecken auch lecker. Fried Ebi Torpedo-Garnelen heißt das Gericht. Als Hauptgericht wähle ich mit Hilfe des netten Personals das älteste Gericht auf der Karte: Schweinefilet-Spieß mit Erdnusssauce. Das Fleisch ist hauchzart. Die Sauce scharf, rauchig und mild zugleich – wirklich ausgefallen.
Übernachten im Door’s Logies
Etwas außerhalb von Lelystad, mitten in einer Wohngebietsstraße, leitet mich ein Schild zu Door’s Logies, ein Bed and Breakfast im amerikanische Stil. Beim Betreten des Anwesens fühle ich mich in eine andere Welt versetzt. Die üppige Natur wächst in allen Grüntönen, passt wunderbar zu dem Holzhaus. Herzlich werde ich empfangen. Die Pension hat sieben Doppelzimmer, alle rustikal und zweckmäßig eingerichtet. Wer mit seinem Zelt oder kleinem Wohnwagen auf freier Wiese übernachten mag, ist hier ebenso willkommen. Im Sommer müssen Blumen das Anwesen schmücken. Da braucht es zu meiner Besuchszeit noch einige Wochen. Die Holzterrasse hat es mir angetan. Bevor ich den Tag beende, lass ich auf der überdachten Terrasse dem Regen trotzend den Abend hier ausklingen.
Offenlegung: Zu meiner Reise wurde ich vom Toerisme Flevoland und dem Niederländischen Büro für Tourismus & Convention (NBTC) eingeladen. Ganz herzlichen Dank dafür. Meine Meinung bleibt wie immer die eigene. Für den Beitrag erhielt ich kein Honorar.