Auf Lamu, einer Insel vor der Küste Kenias, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, erzählen die Gassen Geschichten aus tausend Jahren. Arabische, indische und afrikanische Einflüsse vermischen sich in diesem UNESCO-Weltkulturerbe zu einem lebendigen Museum. Man schlendert durch enge Gassen. Esel statt Autos prägen das Bild. Jeder Winkel der Stadt Lamu erzählt seine eigene Geschichte, sei es durch die Augen eines alten Geschichtenerzählers oder das Echo vergangener Seefahrer. Lamu zu entdecken ist nicht nur eine Reise, sondern auch eine Rückkehr zu einem einfacheren und ruhigeren Lebensstil.
Inhaltsverzeichnis
Ankunft auf Lamu: Wenn Regen Freude bringt
Neugierig blicke ich vom Tenderboot der SH Diana auf die näher kommende Insel. Schade für uns, dass es heute junge Hunde regnet, aber für die Einheimischen ist der Regen ein Segen. Als ich zum ersten Mal meinen Fuß auf die feuchte Erde von Lamu setze, umhüllt mich der warme Regen wie ein sanfter Willkommensgruß. Herzlich und laut trommeln dagegen die Einheimischen ihre traditionellen Lieder für uns, dazu tanzen Männer und Frauen in bunten Gewändern lachend im Rhythmus. Das steckt an. Saßen wir eben noch brav im Tenderboot gegen den Regen geschützt, tanzen wir jetzt alle ausgelassen mit den Einheimischen – Regentanz mal anders. Die Sprache des anderen verstehen wir nicht, aber tanzen und lachen schafft Verständigung. Wer hier neugieriger auf wen ist, kann ich nicht sagen. Viele Bewohner Lamus sind zum Hafen gekommen. Stehen in Viererreihen neugierig an, um zu sehen, wer die Insel besuchen will. Wir werden fotografiert und gefilmt. Die SH Diana ist erst das dritte Kreuzfahrtschiff, das vor der Insel ankert. Auch unser Kapitän Kai ist dabei und wird nach dieser intensiven Begrüßung in einer Zeremonie vom Bürgermeister und Politikern beschenkt und geehrt.
Während sich gefühlt das halbe Dorf auf den Weg macht, um „unsere“ SH Diana zu erkunden und zu genießen, bereiten wir uns auf einen Stadtrundgang durch Lamu Town vor. „Sehen, was andere nicht sehen!“ – dieses Motto von Swan Hellenic wird zu meinem Wegweiser, wenn ich mich auf den Weg mache, die verborgenen Winkel dieser Welt zu erkunden. Jeden Tag an Bord unserer Zodiacs und Tenderboote fühlte ich mich wie eine Entdeckerin, die in unbekannte Gewässer vordringt. Jede Anlandung war ein neues Kapitel in meinem persönlichen Abenteuerbuch, gefüllt mit atemberaubenden Naturschauspielen und herzlichen Begegnungen mit Menschen, deren Geschichten so vielfältig sind wie die Wellen des Ozeans. Heute führte mich mein Weg durch die alten, verwinkelten Gassen von Lamu, einer Stadt, die stolz ihr UNESCO-Weltkulturerbe-Siegel trägt. Während ich durch die Straßen schlenderte, spürte ich, wie jeder Stein, jedes Haus und sogar der Regen seine eigene Geschichte zu erzählen scheint. In Lamu steht die Geschichte nicht nur in Büchern, sie lebt in den Augen der Menschen, im Klang ihrer Stimmen und im Rhythmus ihrer Schritte.
Ein Spaziergang durch Lamu: ein Fenster in die Vergangenheit
Lamu, eine Insel vor der Küste Kenias, ist eine historische Swahili-Siedlung, die bis ins 5. oder 6. Jahrhundert zurückreicht. Wer zum ersten Mal durch die Gassen von Lamu schlendert, spürt die jahrhundertealte Geschichte an jeder Ecke. Im 14. Jahrhundert begann Lamus Aufstieg, und 1505 landeten erstmals portugiesische Kriegsschiffe an ihren Ufern. Nach Jahren unter portugiesischer Flagge fiel Lamu 1698 in die Hände Omans und später, im 19. Jahrhundert, unter den Einfluss des Sultans von Sansibar. Heute zieht die Insel mit ihrer unberührten Natur, malerischen Sandstränden und einem reichen kulturellen Erbe Reisende aus aller Welt an. In Lamu, wo Autos ein Fremdwort sind, bewahren Boote und Esel den ruhigen, authentischen Charme der Insel.
Lamu, einst pulsierendes Herz des Seehandels, ist bis heute ein lebendiges Zeugnis der Swahili-Kultur. Doch was genau ist diese Swahili-Kultur, die Lamu so einzigartig macht? Es ist ein reiches Geflecht aus afrikanischen, arabischen und indischen Einflüssen, das sich über Jahrhunderte entwickelt hat. In Lamu sieht man diese Verschmelzung in der Architektur, der Sprache, der Küche und den Traditionen. Die Swahili-Architektur in Lamu mit ihren charakteristischen Gebäuden aus Korallenstein und kunstvoll geschnitzten Holztüren erzählt Geschichten von Handel und Wohlstand. Funktional und ästhetisch zugleich, spiegelt sie die Anpassung an das tropische Klima und den Einfluss der verschiedenen Kulturen wider, die hier Handel trieben. Auf meinem Spaziergang durch die engen Gassen, durch die kaum ein Esel oder ich selbst passen, treffe ich einen traditionellen Handwerker, der mir seine Schnitzkunst zeigt und ich bei seiner Arbeit über die Schulter schauen darf.
Die Swahili-Sprache selbst, eine Bantusprache mit zahlreichen Lehnwörtern aus dem Arabischen, Persischen und Portugiesischen, ist ein lebendiges Beispiel für die kulturelle Verschmelzung. Sie ist nicht nur Kommunikationsmittel, sondern auch Symbol der kulturellen Identität der Küstenbewohner Ostafrikas.
Die Küche von Lamu zeichnet sich durch eine Explosion von Aromen aus. Die Swahili-Küche verbindet afrikanische Grundnahrungsmittel mit Gewürzen aus dem Orient und Indien. Eine Vielzahl von Fischen gehört dazu. Am Hafen treffe ich einen Fischer mit einem Karren voller Fische. „Die habe ich alle in knapp zwei Stunden hier vor der Küste gefangen“, erzählt er stolz. Das Meer und Lamu sind eng miteinander verbunden. Über viele Jahrhunderte hinweg trafen sich auf Lamu Seefahrer aus aller Welt – arabische Dhows, indische Handelsschiffe und afrikanische Boote. Dieser rege Austausch hat Lamu nachhaltig geprägt und ein kulturelles Erbe hinterlassen.
Die Rolle des Handels in der Geschichte Lamus kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Der Handel brachte Wohlstand und Einfluss und machte Lamu zu einem der wichtigsten Zentren an der ostafrikanischen Küste. Noch heute ist dieser Geist in den lebhaften Märkten, den geschäftigen Hafenanlagen und den Geschichten der Einheimischen zu spüren.
Es ist daher kein Zufall, dass Lamu von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Lamu ist einzigartig mit seinen gut erhaltenen Beispielen der Swahili-Architektur, die eine Geschichte von Handel, Kultur und Religion erzählen. Die Stadt ist ein Mosaik verschiedener Kulturen, ein Schmelztiegel, in dem arabische, indische und afrikanische Einflüsse zu einem einzigartigen kulturellen Erbe verschmelzen.
Das Lamu Museum
Im Herzen der historischen Stadt Lamu, nur einen Steinwurf vom Hafen entfernt, liegt das Lamu Museum – einst ein majestätischer Palast, heute ein Hort der Kultur. In seinen Hallen atmet die Geschichte, hier wird die reiche Swahili-Kultur lebendig. Besucher werden in eine Welt entführt, in der kunstvoll geschnitzte Holztüren, traditionelle Kunstwerke und Alltagsgegenstände Geschichten aus vergangenen Zeiten erzählen. Die Sammlung des Museums ist ein Querschnitt durch das Leben der Swahili. Jedes Ausstellungsstück erzählt von den Handelsrouten, mit Dhows, den stolzen Segelschiffen, die einst die Gewässer der ostafrikanischen Küste durchkreuzten. Jedes Exponat flüstert von den Handelswegen, die Lamu mit fernen Ländern verbanden, und offenbart die sozialen und religiösen Facetten des Lebens in einer der ältesten Swahili-Siedlungen. Neben Einblicken in die Vergangenheit bietet das Museum auch Informationen über Lamus Architektur und urbanes Leben. Eine Führung durch einen englischsprachigen Einheimischen bereichert das Erlebnis mit persönlichen Anekdoten und tieferen Einblicken in das Herz dieser einzigartigen Kultur.
Die Esel von Lamu: Könige der Gassen
In Lamu Town prägen Esel das Stadtbild. Die Insel Lamu hat eine der höchsten Eseldichten der Welt: Auf 24.000 Einwohner kommen 6.000 Esel. Bei einem Spaziergang durch die engen, verwinkelten Gassen begegnete ich den geduldigen, stolzen Tieren. Esel sind auf Lamu das wichtigste Transportmittel in einer Welt, die sonst von Motorenlärm und Abgasen beherrscht wird. Wo die Straßen zu schmal für Autos sind, tragen Esel alles – von Lebensmitteln über Baumaterial bis hin zu Wasser. Sie sind unverzichtbar für das tägliche Leben und die Wirtschaft der Insel. Es regnet immer noch, aber die Esel lassen sich nicht aus der Ruhe bringen. Geduldig warten sie in überdachten Ställen oder an Hausecken auf ihre Besitzer, um Menschen oder Waren weiter zu tragen.
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Offenlegung: Meine Recherchereise auf der SH Diana wurde teilweise von Swan Hellenic unterstützt – ganz herzlichen Dank dafür! Der Inhalt dieses Artikels ist natürlich davon unbeeinflusst und spiegelt meine eigene Meinung wider. Für den Beitrag erhielt ich kein Honorar.