Geschichte hautnah: Der Regierungsbunker im Ahrtal

„Treten Sie bitte zurück. Bitte ganz hinter die markierte Linie!“. Eine rote Warnlampe leuchtet wie eine Polizeisirene auf und ein Hubton ertönt. Ächzend schwer und gewaltig schließt die fast ein Meter dicke, atombombensichere Stahltür vor uns. Verriegelt. Stille. Ein unangenehmes Gefühl…

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Es war nur ein Test zur Veranschaulichung, doch ist uns allen mulmig zu Mute. So fühlt es sich an, wenn die Außenwelt von einem ausgesperrt wird. Ich bin im Regierungsbunker in Bad Neuenahr-Ahrweiler und erlebe eine Zeitreise der besonderen Art. Der Regierungsbunker heißt eigentlich „Ausweichsitz der Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland im Krisen- und Verteidigungsfall zur Wahrung von deren Funktionstüchtigkeit (AdVB). Heute ist er ein Originalschauplatz der deutschen Geschichte. Der Regierungsbunker sollte im Kriegsfall als Ausweichsitz der deutschen Bundesregierung dienen.

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Die Anlage auf der wir uns bewegen hat schon eine vielfältige Geschichte hinter sich: Vom Eisenbahntunnel über Champignonzucht, Technodisko bis hin zum atombombensicheren Bunker zur Zeiten des „kalten Krieges“. Heute ist die Bunkeranlage Dokumentationsstätte. Über 17 Kilometer lang war der Ausweichsitz einst und wurde 1960 bis 1972 unter höchster Geheimhaltung von rund 20.000 Arbeitern gebaut. „Geheim bei so vielen Arbeitern?“, denke ich mir und erfahre, dass der gute Ahrwein auch bei zur Geheimhaltung verpflichteten Arbeitern die Zunge löst. Einheimische berichten noch heute, dass der Bau nicht wirklich inkognito und getarnt von statten ging und unter Ahrtalern auch „Gasthaus zum letzten Stündchen“ genannt wurde. So kam, was kommen musste. Die Zeitung Quick lüftete kurz nach Baubeginn das Rätsel zu den Aktivitäten in den Weinbergen vor den Toren Bonns. Der BGH erließ sofort bei Bekanntwerden des Titels Polizisten ausströmen, um aus allen Heften den doppelseitigen Artikel bei jedem Heft an jedem Kiosk zu vernichten, bevor es die Leser erreicht.“Die öffentliche Bekanntmachung dieses Bildbeitrags gefährdet das Wohl der Bundesrepublik.”, hieß es. Woran man allerdings nicht gedacht hatte: Eine kleine Ankündigung mit Foto und Erläuterung befand sich ebenfalls in der gleichen Ausgabe…

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Heute sind nur noch rund 200 Meter für die Öffentlichkeit zugänglich. Aschfahles Licht begleitet uns, als wir uns weiter in den Bunker vorwagen. Jeder Schritt lässt uns mehr in die Geschichte eintauchen und der Zeit des Kalten Krieges näher fühlen. Unsere Expedition ist spannend und bedrückend zugleich.

Schlafzimmereinrichtung des Bundeskanzlers

Schlafzimmereinrichtung des Bundeskanzlers

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Fast könnte man meinen, man wäre in die Welt von Momo eingetaucht: Graue Wände, graue Möbel, grauer Linoleumboden. Trostlosigkeit drückt sich auf mein Gemüt. Die wenigen Farbpunkte, die ich entdecken kann vergegenwärtigen mit Warnschildern ein grausiges Gefühl. Es wirkt surreal, wie in einem Horrorfilm. Doch das, was wir sehen war damalige Realität – immer mit Angst des Atomkrieges im Nacken.

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Vor uns breitet sich eine unterirdische Stadt aus Beton mit Platz bis zu 3.000 Bewohnern aus. Von der Küche, über ein WDR-Fernsehstudio bis hin zu Operations- und Behandlungszimmern wurde an alles gedacht. Selbst eine Frisörstube gab es. In der Zahnarztpraxis konnte im Notfall der Bohrer per Fußpedal bedient werden. Das Leben sollte autark im Ernstfall unterirdisch im Regierungsbunker weiter gehen, somit wurde mit deutscher Gründlichkeit an alles gedacht.

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936 Schlafräume und 897 Büroräume beherbergte einst die riesige Anlage. Als ich die antike Büroausstattung und Technik sehe, muss ich schmunzeln. Was vor wenigen Jahren als Hightech galt, vermittelt mir heute einen sehr antiquierten Charakter.

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Noch bis 1989 fanden im Regierungsbunker regelmäßig Übungen für den Ernstfall statt. Im Rahmen der Natoübung WINTEX wurde alles hermetisch abgeriegelt und der Wartesaal des Weltuntergangs auf Tauglichkeit, insbesondere der Wasser-, Strom- und Luftversorgung getestet. Im Jahr als die Mauer fiel wurden diese Übungen eingestellt.
Der Bunker war so angelegt, dass die Regierung im Falle eines atomaren Angriffes 30 Tage autark unterirdisch überleben konnte. – Einen Plan für die Zeit ab dem 31. Tag gab es nicht…

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Am Ende unserer Führung stehen wir vor einem Gitter und blicken in den dunklen Rachen eines schier endlos lang erscheinenden Tunnels. Lediglich zwei Prozent der gesamten Anlage ist heute als Museum erhalten geblieben. Der Rest wurde zugeschüttet oder abgerissen. Und auch das birgt besondere Geheimnisse. Diesen Bereich dürfen wir nicht erkunden. Aber für Euch als Tipp: Merkt Euch den 24. April 2015 vor. Auf WDR gibt es eine Serie „Geheimnisvolle Orte“ und dann eine spannende Reportage zu unentdeckten Gefilden des verlassenen Bunkers.

Zum Ende der Führung atme ich im Freien tief durch, froh nicht mehr 120 Meter Schieferfels und Beton über mir zu haben. Ich lasse mich von der Sonne etwas wärmen. Nicht nur die konstanten 12 Grad im Bunker haben mich frösteln lassen. Dennoch: Es war unheimlich interessant und einen Besuch solltet Ihr Euch wenn Ihr im Ahrtal seid, nicht entgehen lassen!

Was Ihr für Euren Besuch wissen solltet:

  • Öffnungszeiten für Einzelbesucher: Mittwoch, Samstag und Sonntag ohne Voranmeldung von 10 – 16.30 Uhr. Allerdings gibt es ein Winterpause und für Einzelbesucher ist von Mitte November bis Ostern für Einzelbesucher nicht geöffnet.
    Gruppen können ganzjährig den Dokumentationsstätte besichtigen (täglich, außer montags). Es bedarf dann allerdings einer Anmeldung.
  • Eine Führung dauert ca. 1,5 Stunden.
  • Eintrittspreis: 9 Euro, Ermäßigungen möglich.
  • Fotoerlaubnis: Für private Zwecke zahlt man pro Person 2,50 Euro ohne Stativ. Videoaufnahmen sind nicht möglich.
    Videoaufnahmen sind nicht möglich.
  • Weitere Informationen und Tipps zur Anreise findet Ihr online unter www.regbu.de.

Weitere Impressionen:

 

Offenlegung: Ich wurde vom Ahrtal Tourismus und Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH (Gastlandschaften) eingeladen. Vielen herzlichen Dank dafür! Meine Meinung bleibt die eigene.

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9 Kommentare

  1. Ich bin ja ein riesiger Fan dieses Bunkers und war schon zweimal dort. Das ist Geschichte zum Anfassen, super! Danke für den Fernsehtipp. :-)

    Liebe Grüße
    Jessi

  2. Bestimmt eine interessante Exkursion in einen verborgenen Teil der Bundesrepublik. Eine Einmannpackung (EPA), das ich die nochmal sehen darf. Habe sie beim Bund kennengelernt und sie war sehr lecker … hust … und die Kekse konnte man zum Feueranzünden benutzen :-).

    LG
    Michael

    • Stimmt, die sind so trocken und erinnern auch ein Stück an die Liga Kekse, die es damals im Kindergarten gab ;-) Weist Du noch? ;-))

  3. Frau JuB

    Ich hab vor einiger Zeit eine Reportage beim WDR darüber gesehen, war sehr interessant… Dein Post ist auch sehr informativ, gern würde ich mir dem Regierungsbunker selbst angsehen, mal sehen, wann es zeitlich mal passt.

    LG Frau JuB

  4. Toller Bericht! Ich finde es super spannend, wie jeder seine eigenen Schwerpunkte festlegt und wie unterschiedlich wir wahrnehmen … LG Monika

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