Weltweit einzigartig: Die Pferde-Krabbenfischer der belgischen Küste

Im flämischen Küstenort Oostduinkerke ziehen massige Brabanter Netze durch die Nordsee, um Krabben zu fangen – das ist einzigartig auf der Welt! Diese Shrimps-Fischerei zu Pferde ist eine über 500 Jahre alte Tradition, die nur noch von 16 Fischern ausgeübt wird.

Früh am Morgen mache ich mich auf den Weg zum Strand. Die Luft ist klar und ungewöhnlich warm für einen Herbstmorgen. Nebel umhüllt den Strand und die Promenade von Oostduinkerke mystisch und sanft. Dort warten sie schon auf uns: drei Fischer und ihre anmutigen Pferde. Majestätisch und ruhig stehen die Pferde vor mir, bereit für ihren bevorstehenden Einsatz. Nieselregen setzt ein und tränkt die Szene mit einer sanften Melancholie. Sand und Meer verschmelzen zu einer harmonischen Einheit von Farben und Texturen, die nur von den leuchtend gelben Regenanzügen der Fischer unterbrochen wird.
Ich spüre die Stille und Erhabenheit der Natur. Das geschäftige Treiben des beliebten Urlaubsortes pausiert. Es ist, als ob die Zeit stehen bleibt und ich einen flüchtigen Blick in eine Zeit werfe, in der das Krabbenfischen zu Pferd nicht nur ein Beruf, sondern eine Lebenseinstellung war.

Ein Blick in die Vergangenheit

Diese malerische Szene versetzt mich zurück in die Zeit, als das Krabbenfischen zu Pferde ein alltäglicher Anblick an den Stränden von Oostduinkerke war. Sie hat ihren Ursprung im 16. Jahrhundert, als Fischer und ihre robusten Brabanter Pferde Seite an Seite die Krabben aus den tosenden Wellen der Nordsee zogen. Diese Tradition hat die Jahrhunderte überdauert und den Herausforderungen der Industrialisierung und den Veränderungen der Fangmethoden getrotzt. Die Fischer von Oostduinkerke haben an ihren Wurzeln festgehalten, die von Ausdauer und einer tiefen Verbundenheit mit der Natur zeugen. Es war ein Leben im Rhythmus der Gezeiten, ein unerbittlicher, aber auch tröstlicher Rhythmus.
Die Anerkennung durch die UNESCO im Jahr 2013 war nicht nur eine Würdigung der technischen und kulturellen Aspekte dieser Praxis, sondern auch eine Hommage an die Beziehung zwischen Mensch und Tier, die im Mittelpunkt dieser Tradition steht. In der rauen Schönheit der belgischen Küste, im Rhythmus der Wellen und im sanften Schritt der Pferde bleibt eine Geschichte lebendig. Es ist eine Erzählung von Mensch, Tier und Meer, die untrennbar miteinander verbunden sind, ein ewiger Tanz, der die Essenz dieser einzigartigen Fangmethode einfängt.

Abenteuer in der Brandung: Krabbenfischen hautnah erleben

Heute darf ich die Krabbenfischer begleiten. Neugierig klettere ich auf den Holzkarren. Wie vor über 500 Jahren setzt sich der hölzerne Wagen schaukelnd unter dem Zug der Pferde in Bewegung. Wenn es uns so richtig durchschüttelt, sind die Pferde im Einklang. Die Herdentiere achten aufeinander. Die Promenade hinter uns wird kleiner. Wir passieren Sandbänke. Das Meerwasser spritzt uns als Gischt entgegen. Die Pferde, kraftvolle und doch sanfte Riesen, begegnen dem Meer mit Respekt und Ehrfurcht. Sie sind nicht nur Arbeitspartner, sondern auch Gefährten, die die Fischer durch die unberechenbaren Launen der Nordsee begleiten. Ihre Muskeln sind angespannt, sie sind bereit, sich den Wellen zu stellen. Wir steigen aus und schauen den Fischern zu. Die Netze werden ausgelegt, ein Vorgang, der Präzision und Geschick erfordert. Die Fischer sind Meister ihres Fachs, jeder Handgriff ist Ausdruck von Erfahrung und Wissen, das über Generationen weitergegeben wurde. Die Arbeit muss schnell gehen. Die Tide bestimmen die Zeit. Bevor die Flut zurückkommt, müssen Fischer und Pferde wieder zurück sein. Gemeinsam steigen alle Fischer auf und führen ihre Pferde in die Wellen der Nordsee. Die Netze gleiten durchs Wasser, bereit, die wertvollen Shrimps zu fangen, die sich im flachen Wasser tummeln. Die Pferde treten ins Wasser, ihre Hufe werfen Spritzer auf. Sie bewegen sich mit einer Mischung aus Kraft und Anmut, ihre Bewegungen sind Ausdruck des Vertrauens zwischen Tier und Mensch. Die Fischer führen sie geschickt durch die Wellen, ein Bild von Harmonie und Zusammenarbeit. Die Wellen umspülen die Beine der Pferde, das Rauschen des Meeres mischt sich mit dem Schnaufen der Tiere und den Kommandos der Fischer. Nach harter Arbeit kehren Fischer und Pferde an Land zurück. Die Ernte fällt heute mager aus. „Heute ist es zu warm für die Krabben, sie kommen nicht so nah an die Sandbänke“, kommentiert ein Fischer seine Ausbeute. Seinen Fang lässt er wieder frei ins Meer. Heute war sein Fischerausflug eine Demonstration für uns. Normalerweise werden die Shrimps allerdings zum Probieren auf dem Zeedijk gekocht und können dort probiert werden.

Mit geübten Handgriffen sammeln die Fischer alles ein. Fasziniert vom Anblick des Krabbenfischens bemerke ich nicht, wie schnell die Flut gekommen ist und weiter steigt. Unsere Sandbank ist keine mehr. Innerhalb kürzester Zeit stehe ich bis zu den Knöcheln im Meerwasser. Alleine würde ich jetzt in Panik geraten, aber da die Fischer noch die Ruhe selbst sind, entspanne ich mich wieder. Sie kennen das Meer wie kein anderer. Als mir das Wasser fast bis zu den Knien steht, rutsche ich auf die Bank des Fischerkarrens und lasse mich von den gemütlichen Zossen wieder kraftvoll durch das Meer an Land ziehen. Glück durchströmt mich, das ist wieder so ein Moment und Reiseerlebnis, bei dem ich sehr dankbar bin, es erleben zu dürfen. In einer Welt, die sich ständig verändert, ist das Krabbenfischen zu Pferd ein Symbol für Beständigkeit und die zeitlose Beziehung zwischen Mensch und Natur. Es ist eine Erinnerung daran, dass, auch wenn die Welt sich weiterdreht, es Orte und Traditionen gibt, die unverändert bleiben, getragen von den Händen und Herzen derer, die sie leben.

Wie und wo kann man Krabbenfischer zu Pferd erleben?

Nicht immer ist es so romantisch und einsam mit den Krabbenfischern. Bei Ebbe in den Ferienzeiten gibt es am Strand von Oostduinkerke viele Zuschauer, die sich das Spektakel der Krabbenfischer zu Ross anschauen. Es gibt einen Online-Kalender, in dem alle Termine der Krabbenfischer zu finden sind. Treffpunkt ist der Strand von Oostduinkerke am Astridplein.

Fotogalerie

Offenlegung: Meine Recherchereise wurde von Visit Flanders, Tourisme Knokke-Heist und de Kust, unterstützt – ganz herzlichen Dank dafür! Der Inhalt dieses Artikels ist natürlich von der Einladung unbeeinflusst und spiegelt meine eigene Meinung wider. Für den Beitrag erhielt ich kein Honorar.

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